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Geschichte des Amerikanischen Wrestlings - 1950er/60er Jahre
#44
Teil 10: Wrestlingboom an der Westküste

Ein nicht unwesentlicher Teil des Amerikanischen Wrestling konzentrierte sich damals auf Kalifornien. Charakteristisch dafür war der stetige Ausbau an Fernsehformaten, die hier Millionen von Dollar einbrachten. Besonders im Großraum Los Angeles sind in den 50er Jahren zahlreiche Matchmaker und Promoter unterwegs gewesen. Sie bauten ein Business auf, dass L.A. zur Wrestling-Hochburg neben St. Louis und Chicago wurde. Als populärste Veranstaltungshalle fungierte das "Olympic Auditorium", wo man solche Stars wie Baron Michele Leone, Rikidozan, Freddie Blassie, Ray Stevens oder Lou Thesz bestaunen konnte. Die andere Seite waren die damit verbundenen Machtkämpfe um Fernsehrechte oder Booking-Verträge. Dieses Millionengeschäft erzeugte eine Konkurrenz, wie man sie bis dato in Amerika nur selten kannte.

Promoter Johnny Doyle verkörperte als schillernde Hauptfigur den Boom bis zur Mitte der 50er Jahre. Doyle rutschte schon vor dem Zweiten Weltkrieg ins Wrestling. Eine Umstrukturierung im L.A. Booking-Office 1940 markierte gleichzeitig einen Neubeginn. Die langjährigen Promoter Lou und Jack Daro verkauften ihre Rechte zusammen mit Matchmaker Joseph "Toots" Mondt an Nick Lutze. Doyle sah seine Chance gekommen und teamte mit Floyd Musgrave, um Lutze schließlich auszuzahlen. Während der 40er Jahre bauten sie das L.A.-Revier für Wrestling-Shows aus. Neue Talente wie Gorgeous George erschienen. Nach Musgraves Tod 1948 blieb es Johnny vorbehalten, das Wrestling an Amerikas Westküste grundlegend zu verändern. Dem Doyle-Musgrave Team trat ein einflussreicher Mann namens Alvah "Cal" Eaton bei, der seit 1942 im Auditorium arbeitete. Anfang der 40er Jahre sammelte sich hier eine Promotergruppe rund um den Besitzer Frank Garbutt. Eaton wurde Mitglied und lernte hier auch seine spätere Frau Aileen Goldstein LeBell kennen. Aileen war schon Managerin vom Olympic Auditorium. Sie hatte beste Kontakte zur internationalen Boxszene. Boxen brachte bislang die meisten Einnahmen, bis Cal das Geschäft des Wrestlings komplett übernahm. Doyle bookte seine Schwergewichte an das Eaton-LeBell Duo. Dadurch erzielte man im Auditorium regelmäßige Zuschauerrekorde mit hohen Gewinnen. Cal und Aileen gehörten zu den reichsten Promotern des Landes. Damit verbunden war ihre enorme Machtfülle äußerst weitreichend. Sie hatten Beziehungen zur California State Athletic Commission und bestimmten, wer im Auditorium antreten durfte. Indirekt nahm Cal auch Einfluss auf seine Konkurrenten in der Umgebung. Auf Druck von ihm erteilte die Athletic Commission manchmal keine Lizenzen.

Ein neues Jahrzehnt brach an, als Doyle im April 1950 die "Ring Talent, Inc." unter dem Dach seiner "John James Doyle Enterprises" formierte. Dahinter steckte eine Booking-Gesellschaft für die Fernsehformate. Doyle schloss mehrere Verträge mit angrenzenden Promotern ab, so dass seine Wrestler für fast alle Hallenbetreiber in der Region kämpften. Cals Investition an Ring Talent sicherte dem Auditorium auch weiterhin viele erfolgreiche Shows zu. Als dritter Teilhaber fungierte Mike Hirsch (Ocean Park Arena/Santa Monica). Doyles Enterprise-Gesellschaft beschäftigte bedeutende Wrestler wie Gorgeous George, Michele Leone, Primo Carnera und Enrique Torres. Am 21.05.1952 erlebte das Olympic Auditorium den bisher wichtigsten Wrestlingkampf. Er sollte ein Zeichen für die Zukunft setzen. Lou Thesz besiegte vor einer Rekordkulisse von über 25000 Zuschauern Baron Michele Leone. Thesz gewann den World Title in der Olympic Auditorium-Version. Doyle brach mit rund 103.000 Dollar den alten Einnahmerekord von 1934. Dieser lag bei rund 96.000 Dollar. Fünf Monate später unterschrieb Doyle einen Sendevertrag mit dem ABC-Network, dass die Shows ab 1953 in 11 westliche Bundesstaaten sendete. Der Wert wird auf mehrere Millionen Dollar geschätzt. Probleme wegen Fernsehausstrahlungen führten dann zum Streit zwischen Doyle und Eaton, da Johnny nun mit Hugh Nichols verstärkt zusammen arbeitete. Nichols war ein erfolgreicher Promoter aus Hollywood, bei dem alle wichtigen Non-Heavyweight Wrestler kämpften. 1954 schloss Doyle seine Enterprise-Gesellschaft und verkaufte alle Rechte an Eaton, Nichols und Hirsch. Bis 1957 blieb Doyle im Indy-Bereich tätig. Danach wechselte er zur Capitol Wrestling Corporation nach Washington D.C..

Nach Eatons NWA Austritt und Nichols' Selbstmord 1956 war Kalifornien längere Zeit kein NWA-Revier mehr. Cal organisierte eine Umstrukturierung: Sein Stiefsohn Mike LeBell erhielt nun größere Mitspracherechte. 1958 gründeten beide die "North American Wrestling Association (NAWA)". Sie erweiterten ihr Geschäft auf ganz Süd-Kalifornien (einschließlich San Diego). Cal holte sich einen äußerst fähigen Matchmaker ins Team, Jules Strongbow. Aileen managte auch wieder viele geschäftliche Sachen. Mikes Bruder Gene LeBell war ein weiterer Teilhaber der Promotion. Es dauerte dann bis Ende 1959, als man Edouard Carpentier zum NAWA World Heavyweight Champion ernannte. Seit dem Chicago-Desaster wurde Carpentiers Position als NWA World Champion für den Aufbau eigener World Title Linien ausgenutzt. Das NAWA Board ließ Carpentier gegen einen neuen Favoriten der Promotion antreten, "Classy" Freddie Blassie. Er wechselte 1960 nach L.A. und bezwang Carpentier am 12.06.1961 um die NAWA/WWA World Title-Version. Cal Eaton und Mike LeBell entschlossen sich im gleichen Zeitraum dafür, ihr Promotionformat in "World Wrestling Association (WWA)" umzubenennen. Ein Höhepunkt der WWA Geschichte war die Matchserie von Blassie gegen Japans Superstar Rikidozan. Am 28.03.1962 verlor Blassie seinen WWA World Title im ausverkauften Olympic Auditorium. Rikidozan siegte, weil Blassie den ersten Fall verlor und dann das Zeitlimit kam, so dass der Kampf endete. Der Rückkampf zwischen beiden am 23. April verlief blutig. Aber zu Gunsten von Riki. Blassie kassierte eine eindeutige Niederlage, konnte im letzten Match am 25. Juli seinen Titel jedoch zurückholen. In L.A. entwickelte sich eine blutige Schlacht um den WWA Titel. Blassie verpasste Rikidozan einige Platzwunden im Gesicht. Der Japaner musste letztendlich aufgeben. "Vampire" - so nannte man Blassie öfters, da er seinen Gegnern gerne ins Gesicht biss. Andere WWA Superstars mit viel Potenzial waren z.B. "The Destroyer" Dick Beyer und Don Leo Jonathan.

[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Andre the Giant.jpg]
Andre the Giant

Mit den LeBell Brüdern und San Francisco-Promoter Roy Shire erschien eine neue Generation, die das Ende der alten Promotergarde allmählich besiegelte. Ab 1961 verstärkte Doyle wieder sein Arrangement in Kalifornien. Er investierte sein Kapital in San Francisco, um Shires Vorhaben zu unterstützen. Dieser wollte eine neue Promotion eröffnen. Shire bekam die Lizenz von der California State Athletic Commission und veranstaltete am 04.03.1961 seine erste Show im "Cow Palace". Er übertrug seine Shows mit Hilfe der KTVU-Studios in Oakland. Konkurrent Joe Malcewicz brach das Geschäft weg, da Shire alle bekannten Top-Stars wie Sammartino, Gagne oder Ray Stevens zu sich holte. Malcewicz beendete seine bisher populären Shows aus dem Civic Auditorium und wechselte in kleinere Lokalitäten, bis er 1962 starb. Doyle bildete im Oktober 1961 eine Gruppe von Wrestlern, um der WWA in L.A. eins auszuwischen. Er bookte die neugebaute Sports Arena mit Ray Stevens, Ray Stern, Dick the Bruiser, Bob Ellis, Bobo Brazil und Don Leo Jonathan. Eaton muss das wohl als Provokation empfunden haben, weil er in Doyle nur noch einen Konkurrenten sah. Ihre einstige Geschäftsbeziehung endete spätestens dort, wo Doyle dem Olympic Auditorium den Rücken kehrte. Offiziell bestritt er damals Probleme mit Eaton zu haben. Später allerdings kritisierte er dessen Machtposition in Süd-Kalifornien aber umso stärker. Noch immer hatte nämlich Cal hier das Sagen. Doyles Position wurde vor 1954 durch dessen Fernsehformate bestärkt. Jetzt aber kontrollierte Eaton ein Heer von Matchmakern und Wrestlern. Die WWA brauchte nur ihre Schützlinge vorzufahren. Einen Abend bevor Doyle seine "Invasion" in das L.A.-Revier startete, bookte WWA-Matchmaker Jules Strongbow die Sports Arena mit dem Hauptkampf Freddie Blassie vs. Rickie Starr. Insgesamt erschienen 12138 Zuschauer. Für Doyle war es kein guter Start, da nur etwa 4000 Zuschauer seine Show besuchten. Am 27.10.1961 konterte Strongbow erneut. Er ließ Freddie Blassie gegen Antonino Rocca antreten. Im ausverkauften Olympic Auditorium siegte Blassie über Rocca. Doyle konnte mit dem Kampf Ray Stevens vs. Bobo Brazil einen Tag später nicht punkten und verlor diesen Konkurrenzkampf. Nur 3500 Zuschauer sahen das Programm.

Im Januar 1966 starb Cal Eaton und Aileen rutschte an die Spitze der Promotion. Sie überließ aber ihren beiden Söhnen das Booking. Mike LeBell organisierte das Wrestling in L.A. neu: Zusammen mit Roy Shire trat er 1968 der NWA bei. Aus der WWA-Los Angeles wurde "Los Angeles Hollywood Wrestling" mit Jules Strongbow als Matchmaker. Mike und Gene LeBell wechselten sich in der Geschäftsführung ab. Diese Neuorganisation war maßgebend für die 70er Jahre. Aileen trat 1980 zurück. Sie wurde 2002 als erste Frau in die Internationale Box-Hall of Fame aufgenommen. Cal Eaton setzte 25 Jahre lang auf Top-Stars. Obwohl er auch umstritten war, brachte schließlich seine Promotion dem Wrestling in Kalifornien ungeahnte Erfolge

Ende der 60er Jahre hatte sich die WWWF soweit aufgestellt, dass sie zur dominierendsten Promotion aufstieg. Von Maine über New York, Pennsylvania und New Yersey bis Maryland erstreckte sich McMahons Revier. Damit umfasste dieses Gebiet fast den gesamten Nordosten. Im Bundesstaat New York veranstaltete noch längere Zeit Ignacio "Pedro" Martinez, der 1971 die "National Wrestling Federation (NWF)" gründete. McMahons Gruppe hatte die Schwierigkeiten mit ihren Fernsehsendungen gut überstanden. Zwischen 1966 und 1969 wurden sie öfters eingestellt. Am 30.08.1969 initiierte McMahon eine neue Fernsehübertragung aus Philadelphia in New York. Binnen eines Jahres erreichte der MSG wieder volle Zuschauerränge. Seit 1968 veranstaltete man im neugebauten vierten Garden an der 33. Straße/Ecke Penn Station.

Anfang der 70er Jahre holte Frank Valois einen Riesen aus Frankreich nach Kanada, Andre Roussimoff. Bruno Sammartino konnte gegen seinen Bekanntheitsgrad nicht ankommen. Man verkaufte Andre zunächst als "Monster Roussimoff" und "Jean Ferre", bis Valois 1973 ein Treffen mit McMahon organisierte. Dieser war regelrecht erschlagen von Andres Erscheinung – und noch im selben Jahr debütierte er als "Andre the Giant" in der WWWF. Die anderen Stars der 70er Jahre waren Billy Graham, Bob Backlund und der achtfache NWA World Champion Harley Race. Die Nachkriegsgeschichte war voll von Sensationen - von Promotern, die nach immer mehr Macht suchten. Schillernde Stars zogen die Massen an und füllten die Zuschauerränge. Man schaffte den Weg um die Verbindung zwischen Show und Sport zu vereinen. In den 50er und 60er Jahren gab es viele Leitfiguren, die in späteren Gimmicks weiterlebten. Auf der Basis ihres Erfolgs konnten auch die zukünftigen Generationen im Wrestling der USA aufsteigen.

Ende
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