10.10.2009, 18:26
Jahrhundertkämpfe
Teil 1
Gotch vs Jenkins - Jagd nach dem US-Title
Jahrhundertkämpfe gab es viele und auch im frühen Profiringkampf findet man sie. Sie waren mitunter der Schlüssel zum Erfolg, um überhaupt an die Spitze zu gelangen. Diese Spitze war in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts noch relativ winzig. Teil 1 erzählt die Geschichte zweier Wrestler, die sich bis aufs Blut bekämpften. Ihre Fehde war bis dato einmalig in Nordamerika und lieferte den Zündstoff für eine lange Matchserie.
Eines Tages präsentierte Martin Burns dem Publikum einen jungen Farmer aus Humboldt (Iowa). Sein Name war Frank Gotch und er schlug im amerikanischen Wrestling wie eine Bombe ein. Am Anfang stand die Konfrontation mit Trainer Martin Burns, den Gotch besiegen konnte. Das brachte ihm großen Respekt ein. Es gab auch kritische Stimmen, die am Erfolg des jungen Farmers nicht glauben wollten. Burns deutete jedoch schon das ungewöhnliche Talent von Gotch an, als er im Februar 1902 sagte: "In Iowa ist zurzeit niemand, der ihn werfen kann. Er nimmt jede Herausforderung an. In zwei Jahren wird er Jenkins werfen. Erinnert euch daran, Leute!".
Gotch trainierte damals in einem der etlichen Camps von Burns. Wenig später entstand zwischen beiden eine jahrelange Freundschaft. Auf dem Zenit seiner Karriere bereits angelangt, war US-Champion Tom Jenkins. Der mehrfache Champion lieferte sich mitunter einige Kämpfe gegen Dan McLeod. Man bezeichnete ihn auch als "The Rolling-Mill Man". McLeod griff zwischenzeitlich ins Titelrennen ein und versuchte seine Position auf längere Sicht hin zu stärken. Allerdings rutschte er später dann doch an Gotch und Jenkins vorbei. Ihre Dominanz war für die meisten Wrestler erdrückend. Sie bestimmten mehrere Jahre das Wrestling in Nordamerika Anfang des 20. Jahrhunderts.
[Bild: http://www.bisons.net/training/frankgotch.jpg]
Frank Gotch
Als Gotch noch belächelt wurde, hatte Jenkins schon eine Zeit lang den begehrten "American Heavyweight Title" um die Hüften. Frühere Champions waren die beiden Pioniere Martin Burns und Evan Lewis. Um sich von Europa abzuheben, entstand schnell eine Art Patriotismus. Man sah die Titelträger eher als "World Champions" an. Für geraume Zeit war er Amerikas wichtigste Trophäe. Aber die Niederlage von Jenkins gegen Hackenschmidt, am 04. Mai 1905 in New York, brachte einen neuen World Title hervor. Den ersten wenn man es genau nimmt. Das Augenmerk rutschte automatisch auf Hackenschmidt, spätestens seit seiner Anerkennung in Europa und Nordamerika. Der World Title wurde dann zunehmend nach Nordamerika gezogen. 1908 setzte sich Gotch die Titelkrone aufs Haupt. Bevor dieser Erfolg allerdings kam, musste er sich der Konfrontation mit Jenkins entgegenstellen.
Es startete nun eine ganze Serie von Matches, dessen Resonanz beachtlich war. Am 22. Februar 1903 traf Gotch in Cleveland (Ohio) das erste Mal auf Jenkins. In vielerlei Hinsicht kam er dabei nicht über Burns Erwartungen hinaus. Vorher erfolgte ein intensives Training. Burns gab konkrete Anweisungen, wie er gegen Jenkins zu kämpfen habe. Schließlich kannte er so ziemlich alle Tricks im Wrestling. Allerdings brachten diese Hinweise nicht sonderlich viel. Gotch stolperte in eine herbe Niederlage. Am Anfang ging es eher schleppend voran. Beide verharrten lange im Stand. Ringrichter Edwards drohte das Match zu beenden, wenn nicht umgehend mehr Action zum Einsatz käme. Jenkins legte schnell los und trieb Gotch in die Seile. Nach einem Hin und Her stürzte Jenkins plötzlich zu Boden und Gotch ließ einen half nelson folgen. Gotch blutete etwas im zweiten Teil des Kampfes, Jenkins schien die Pause genutzt zu haben. Er wirkte wesentlich erholter. Er beförderte seinen Gegner gleich mehrmals in die Seile. Nach 12 Minuten ging alles dann ziemlich schnell. Durch einen gezielten Wurf landete Gotch mit beiden Schultern am Boden. Der zweite Fall brachte für Jenkins die Entscheidung.
US-Champion war zu dieser Zeit noch Dan McLeod. Ein ziemlich harter Bursche aus Kanada. Jenkins wollte sich unbedingt wieder das Gold um seine Hüften schnallen. McLeod deponierte in Buffalo 250 Dollar für einen Revanche-Kampf. Im Zuge dessen ließ er selbst die Herausforderung verlauten. McLeod hatte offenkundig vor, seine Position als US-Champion zu verteidigen. Am 25. Dezember 1902 besiegte er Jenkins in Worcester/Massachuetts um die Titelkrone. Rund 10 000 Dollar (damals eine Unsumme) Einnahmen brachte schließlich das folgende Titelmatch zwischen Champion McLeod und Jenkins am 03. April 1903 in Buffalo. Das "Arsenal" war voll von kanadischen Landsmännern, die viel Geld auf McLeod setzten. 91 Minuten dauerte das Kräftemessen, welches ausgeglichen erschien. Jenkins siegte durch den half nelson. Zum zweiten Mal war er jetzt US-Champion. Für die restlichen Monate konnte ihm niemand mehr das Wasser reichen.
Das was Burns im Februar 1902 prophezeite, wurde am 27. Januar 1904 in Bellingham (Washington) Wirklichkeit. Etwa 5000 Menschen drängten in das Veranstaltungsgebäude. Es herrschte ein Gewoge und Gedränge. Im Mittelpunkt stand das Titelmatch zwischen Champion Jenkins und Herausforderer Gotch. Wieder wurde ein großes Kräftemessen erwartet. Als Austragungsort kam nur Bellinghams "Pavilion" in Frage. Verwundert hat es niemanden, da kein größerer an Amerikas Pazifikküste existierte. Das Blatt wendete sich hier. Im Vorfeld überraschte Gotch die Öffentlichkeit. Am 05. Oktober 1903 bezwang er in Bellingham seinen Trainer Martin Burns. Auch das Rückmatch vom 11. Dezember 1903 verlor Burns. Eine Sensation im amerikanischen Wrestling. Noch vier Jahre zuvor hatte er keine Chance gegen Burns. Beim ersten Treffen der beiden am 18. Dezember 1899 in Fort Dodge (Iowa) siegte Martin Burns. Den Insidern schien jetzt der Sieg von Gotch für wahrscheinlicher. Bellingham erlebte allerdings eine ziemlich blutige Reiberei um Jenkins US-Title. Als Ringrichter verpflichtete man Gotchs Partner Tom Davis. Jenkins setzte auf Härte und kämpfte zeitweise entgegen allen Regeln. Dafür war er aber ohnehin bekannt.
Kopf an Kopf vergingen die ersten 20 Minuten, ohne das jemand zu Boden stürzte. Bei jeder Gelegenheit versuchte Jenkins Gotch mit Ellenbogen und Faust im Gesicht zu reiben. Der konnte einiges abwehren und seinerseits Jenkins hart zusetzen. Beide bluteten dann schon nach wenigen Minuten. Gotch geriet in Bedrängnis, als ihn Jenkins am Boden hatte. Allerdings befreite er sich aus dem wristlock. Nun gab es ein schnelles Hin und Her. Mehrmals kam der Pin von Gotch fast zustande. Ringrichter Davis erkannte diese jedoch nicht an. Das erzürnte einige Zuschauer, worauf Pfiffe und Buh-Rufe folgten. Gotch zeigte mit einem half nelson Stärke und trieb Jenkins in die Enge. Das wiederholte sich und der US-Champion musste schließlich einen Pin einstecken. Hiernach war Jenkins außerstande aufzustehen. Er wurde in seine Ecke getragen. Der US-Champion setzte auch im zweiten Teil des Kampfes auf harte und unfaire Aktionen. Die Taktik mißglückte, Gotch konnte die strangle holds brechen und Jenkins mehrmals auf die Matte werfen. Im Wirrwarr die ganzen Moves bekam Gotch plötzlich einen harten Faustschlag im Gesicht ab. Davis griff ein und wertete diesen Schlag als Foul. Er verwies Jenkins in seine Ecke und erklärte Gotch zum Sieger. Da der zweite Fall durch Disqualifikation entschieden wurde, endete dieses Match mit 2:0 für Gotch.
Kaum hatte er das ausgesprochen, stürmten die Zuschauer in den Ring. Sie hoben ihren neuen US-Champion in die Lüfte. Mit lautem Beifall wurde Gotch sogar in seine Umkleidekabine getragen. Der sichtlich geschlagene Jenkins forderte noch im Ring einen Revanche-Kampf in seiner Heimatstadt Cleveland. Wie damals im Februar 1903 hoffte er so auf den Heimvorteil. Auch sollte der Ringrichter aus Cleveland kommen. Davis könne ihm dann nicht mehr zur Seite stehen. Nach anfänglichem Zögern nahm Gotch die Herausforderung an. Das Geschehen verlagerte sich von Bellingham zum Ausgangspunkt Cleveland zurück. Das dritte Match benötigte aber einen längeren Anlauf.
Tom Davis begründete seine Entscheidung später so: "Jenkins deliberately fouled Gotch three times with a strange hold, which was barred by the articles governing the contest. I saw that he was all in and that he was trying to force me to call the match against him on a foul instead of taking his medicine and being thrown twice, so I refrained from calling the fouls, as I saw that Gotch was wrestling strong and easily breaking his foul holds. Seeing that I would not call his lesser fouls, Jenkins deliberately aimed a vicious swing at Gotch, which everybody could see, and seeing that there was no use in further prolonging a contest which was too one-sided to be otherwise than brutal, I gave my decision."
Gotch hatte zu diesem Zeitpunkt eine ganze Reihe an Hintermännern: Emil Klank, Martin Burns, Joe Carroll, Tom Davis, Duncun McMillan und George Kennedy. Manager Emil Klank sagte über das zweite Match gegen Jenkins: "This match wasn´t a scientific grappling contest. It was a rough and tumble encounter. It was the fiercest battle in wrestling history. If I live to be a hundred years old, I never expect to see a mat struggle the like of that one between Gotch and Jenkins at Bellingham."
Die Konfrontation zwischen Jenkins und Gotch entwickelte sich allmählich zu einer Jagd nach dem US-Title. Im Jahre 1905 gab es gleich drei Matches. Und wieder nahm das Geschehen einen mitunter unerwarteten Verlauf. Gotch war in Höchstform. Manche meinten, er habe die beste Kondition seit langem. Das konnte man auch in einigen Matches sehen. Gleich zweimal verlor Ex US-Champion Dan McLeod in Vancouver gegen Gotch. Jetzt schien der Sieg über Jenkins nur noch Formsache. Doch am 01. Februar 1905 folgte in Cleveland erneut eine harte Auseinandersetzung um den US-Title. Herausforderer Jenkins schwächelte etwas. Augenscheinlich wirkte er nicht so trainiert, wie noch ein Jahr zuvor in Bellingham. Dennoch durfte man ihn keineswegs unterschätzen. Ohne einen harten Kampf wollte er Gotch nicht ziehen lassen. Den ersten Teil des Kampfes dominierte eindeutig Jenkins. Als er seinen berüchtigten headlock ansetzte, ertönten "strangle, strangle!" Rufe. Jenkins konnte einen leg hold anbringen, Gotch den half nelson brechen. Nach 28 Minuten war es Jenkins, der den ersten Fall durchbrachte. Runde 2 dauerte dagegen nur 48 Sekunden. Der Herausforderer hatte sich überschätzt und beinahe alle Kraftreserven aufgebraucht. Jenkins Schwäche machte sich Gotch im zweiten Teil zu Nutze. Er trieb ihn in die Seile und anschließend auf die Matte. Gotch ergriff schnell Jenkins Handgelenk und drückte mit seinem Gewicht nach. Somit sackte der Clevelander immer bedrohlicher mit beiden Schultern zu Boden. Dann war es perfekt: Champion Gotch meldete sich zurück. Jetzt stand es 1:1. Die Karten wurden wieder neu gemischt.
Anhaltende Beifallsrufe erhallten derweilen von vielen Gotch Fans, die extra aus Buffalo angereist kamen. Im dritten Teil konnte Jenkins nicht mehr aufholen. Erneut brachte er unter Protesten des Ringrichters einen strangle hold an. Gotch gelang die entscheidene Aktion nach 11 Minuten. Mit Schnelligkeit wurde Jenkins durch einen reverse body hold überrumpelt. Damit wurde das Titelrennen zu Gunsten von Gotch entschieden, der seinen US-Title erfolgreich verteidigte. Jenkins musste noch ärztlich versorgt werden. Gotch hingegen sprang aus dem Ring, wie er ihn betreten hatte. Lange wehrte die Freude nicht, denn Jenkins meldete sich mit einer Herausforderung zurück. Die Jagd ging also weiter.
Als Austragungsort wählte man den "Madison Square Garden" in New York. In knapp sechs Wochen absolvierte Jenkins ein hartes Training. Die verloren gegangenen Lorbeeren wollte er unbedingt zurückholen. Am 15. März 1905 traf sich die Königsklasse des USA Wrestling zum vierten Mal. Und es kam zu einer faustdicken Überraschung. Inzwischen herrschte eine bittere Feindschaft. Keiner wollte dem anderen seinen Erfolg gönnen. Der "Garden" in New York war dann auch voll von Zuschauern, die viele Scheine auf ihren Favoriten setzten. Champion Gotch war aber in keiner sonderlich guten Verfassung. Die Kondition ließ stark zu wünschen übrig und ein Arzt riet ihm ab jetzt das Titelgold zu verteidigen. Er lag vorher mehrere Tage abgeschlagen im Bett. Doch der Vertrag war schon längst unterzeichnet. Ohne Rücksicht auf die Gesundheit stieg er gegen Jenkins in den Ring.
Eine Runde konnte er immerhin gewinnen. Aber sein Herausforderer war in wesentlich besserer Form. Der Champion wurde schnell müde und langsamer. Jenkins kämpfte wie erwartet hart, energisch und manchmal über die Strenge schlagend. Zum Schluss gewann er das Titelmatch im Greco-Roman style mit 2:1. Jenkins wird zum dritten Mal "American Heavyweight Champion". Niedergeschlagen verschwand Gotch in sein Hotel. Jenkins hatte eine Menge um die Ohren. Das Match gegen Hackenschmidt wurde bereits im Hinterstübchen ausgehandelt. Zwei Monate später kam das 5. Match, welches ebenfalls im MSG veranstaltet wurde.
[Bild: http://srv022.pixpack.net/20080317113314...rzcakf.jpg]
Tom Jenkins
Teil 1
Gotch vs Jenkins - Jagd nach dem US-Title
Jahrhundertkämpfe gab es viele und auch im frühen Profiringkampf findet man sie. Sie waren mitunter der Schlüssel zum Erfolg, um überhaupt an die Spitze zu gelangen. Diese Spitze war in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts noch relativ winzig. Teil 1 erzählt die Geschichte zweier Wrestler, die sich bis aufs Blut bekämpften. Ihre Fehde war bis dato einmalig in Nordamerika und lieferte den Zündstoff für eine lange Matchserie.
Eines Tages präsentierte Martin Burns dem Publikum einen jungen Farmer aus Humboldt (Iowa). Sein Name war Frank Gotch und er schlug im amerikanischen Wrestling wie eine Bombe ein. Am Anfang stand die Konfrontation mit Trainer Martin Burns, den Gotch besiegen konnte. Das brachte ihm großen Respekt ein. Es gab auch kritische Stimmen, die am Erfolg des jungen Farmers nicht glauben wollten. Burns deutete jedoch schon das ungewöhnliche Talent von Gotch an, als er im Februar 1902 sagte: "In Iowa ist zurzeit niemand, der ihn werfen kann. Er nimmt jede Herausforderung an. In zwei Jahren wird er Jenkins werfen. Erinnert euch daran, Leute!".
Gotch trainierte damals in einem der etlichen Camps von Burns. Wenig später entstand zwischen beiden eine jahrelange Freundschaft. Auf dem Zenit seiner Karriere bereits angelangt, war US-Champion Tom Jenkins. Der mehrfache Champion lieferte sich mitunter einige Kämpfe gegen Dan McLeod. Man bezeichnete ihn auch als "The Rolling-Mill Man". McLeod griff zwischenzeitlich ins Titelrennen ein und versuchte seine Position auf längere Sicht hin zu stärken. Allerdings rutschte er später dann doch an Gotch und Jenkins vorbei. Ihre Dominanz war für die meisten Wrestler erdrückend. Sie bestimmten mehrere Jahre das Wrestling in Nordamerika Anfang des 20. Jahrhunderts.
[Bild: http://www.bisons.net/training/frankgotch.jpg]
Frank Gotch
Als Gotch noch belächelt wurde, hatte Jenkins schon eine Zeit lang den begehrten "American Heavyweight Title" um die Hüften. Frühere Champions waren die beiden Pioniere Martin Burns und Evan Lewis. Um sich von Europa abzuheben, entstand schnell eine Art Patriotismus. Man sah die Titelträger eher als "World Champions" an. Für geraume Zeit war er Amerikas wichtigste Trophäe. Aber die Niederlage von Jenkins gegen Hackenschmidt, am 04. Mai 1905 in New York, brachte einen neuen World Title hervor. Den ersten wenn man es genau nimmt. Das Augenmerk rutschte automatisch auf Hackenschmidt, spätestens seit seiner Anerkennung in Europa und Nordamerika. Der World Title wurde dann zunehmend nach Nordamerika gezogen. 1908 setzte sich Gotch die Titelkrone aufs Haupt. Bevor dieser Erfolg allerdings kam, musste er sich der Konfrontation mit Jenkins entgegenstellen.
Es startete nun eine ganze Serie von Matches, dessen Resonanz beachtlich war. Am 22. Februar 1903 traf Gotch in Cleveland (Ohio) das erste Mal auf Jenkins. In vielerlei Hinsicht kam er dabei nicht über Burns Erwartungen hinaus. Vorher erfolgte ein intensives Training. Burns gab konkrete Anweisungen, wie er gegen Jenkins zu kämpfen habe. Schließlich kannte er so ziemlich alle Tricks im Wrestling. Allerdings brachten diese Hinweise nicht sonderlich viel. Gotch stolperte in eine herbe Niederlage. Am Anfang ging es eher schleppend voran. Beide verharrten lange im Stand. Ringrichter Edwards drohte das Match zu beenden, wenn nicht umgehend mehr Action zum Einsatz käme. Jenkins legte schnell los und trieb Gotch in die Seile. Nach einem Hin und Her stürzte Jenkins plötzlich zu Boden und Gotch ließ einen half nelson folgen. Gotch blutete etwas im zweiten Teil des Kampfes, Jenkins schien die Pause genutzt zu haben. Er wirkte wesentlich erholter. Er beförderte seinen Gegner gleich mehrmals in die Seile. Nach 12 Minuten ging alles dann ziemlich schnell. Durch einen gezielten Wurf landete Gotch mit beiden Schultern am Boden. Der zweite Fall brachte für Jenkins die Entscheidung.
US-Champion war zu dieser Zeit noch Dan McLeod. Ein ziemlich harter Bursche aus Kanada. Jenkins wollte sich unbedingt wieder das Gold um seine Hüften schnallen. McLeod deponierte in Buffalo 250 Dollar für einen Revanche-Kampf. Im Zuge dessen ließ er selbst die Herausforderung verlauten. McLeod hatte offenkundig vor, seine Position als US-Champion zu verteidigen. Am 25. Dezember 1902 besiegte er Jenkins in Worcester/Massachuetts um die Titelkrone. Rund 10 000 Dollar (damals eine Unsumme) Einnahmen brachte schließlich das folgende Titelmatch zwischen Champion McLeod und Jenkins am 03. April 1903 in Buffalo. Das "Arsenal" war voll von kanadischen Landsmännern, die viel Geld auf McLeod setzten. 91 Minuten dauerte das Kräftemessen, welches ausgeglichen erschien. Jenkins siegte durch den half nelson. Zum zweiten Mal war er jetzt US-Champion. Für die restlichen Monate konnte ihm niemand mehr das Wasser reichen.
Das was Burns im Februar 1902 prophezeite, wurde am 27. Januar 1904 in Bellingham (Washington) Wirklichkeit. Etwa 5000 Menschen drängten in das Veranstaltungsgebäude. Es herrschte ein Gewoge und Gedränge. Im Mittelpunkt stand das Titelmatch zwischen Champion Jenkins und Herausforderer Gotch. Wieder wurde ein großes Kräftemessen erwartet. Als Austragungsort kam nur Bellinghams "Pavilion" in Frage. Verwundert hat es niemanden, da kein größerer an Amerikas Pazifikküste existierte. Das Blatt wendete sich hier. Im Vorfeld überraschte Gotch die Öffentlichkeit. Am 05. Oktober 1903 bezwang er in Bellingham seinen Trainer Martin Burns. Auch das Rückmatch vom 11. Dezember 1903 verlor Burns. Eine Sensation im amerikanischen Wrestling. Noch vier Jahre zuvor hatte er keine Chance gegen Burns. Beim ersten Treffen der beiden am 18. Dezember 1899 in Fort Dodge (Iowa) siegte Martin Burns. Den Insidern schien jetzt der Sieg von Gotch für wahrscheinlicher. Bellingham erlebte allerdings eine ziemlich blutige Reiberei um Jenkins US-Title. Als Ringrichter verpflichtete man Gotchs Partner Tom Davis. Jenkins setzte auf Härte und kämpfte zeitweise entgegen allen Regeln. Dafür war er aber ohnehin bekannt.
Kopf an Kopf vergingen die ersten 20 Minuten, ohne das jemand zu Boden stürzte. Bei jeder Gelegenheit versuchte Jenkins Gotch mit Ellenbogen und Faust im Gesicht zu reiben. Der konnte einiges abwehren und seinerseits Jenkins hart zusetzen. Beide bluteten dann schon nach wenigen Minuten. Gotch geriet in Bedrängnis, als ihn Jenkins am Boden hatte. Allerdings befreite er sich aus dem wristlock. Nun gab es ein schnelles Hin und Her. Mehrmals kam der Pin von Gotch fast zustande. Ringrichter Davis erkannte diese jedoch nicht an. Das erzürnte einige Zuschauer, worauf Pfiffe und Buh-Rufe folgten. Gotch zeigte mit einem half nelson Stärke und trieb Jenkins in die Enge. Das wiederholte sich und der US-Champion musste schließlich einen Pin einstecken. Hiernach war Jenkins außerstande aufzustehen. Er wurde in seine Ecke getragen. Der US-Champion setzte auch im zweiten Teil des Kampfes auf harte und unfaire Aktionen. Die Taktik mißglückte, Gotch konnte die strangle holds brechen und Jenkins mehrmals auf die Matte werfen. Im Wirrwarr die ganzen Moves bekam Gotch plötzlich einen harten Faustschlag im Gesicht ab. Davis griff ein und wertete diesen Schlag als Foul. Er verwies Jenkins in seine Ecke und erklärte Gotch zum Sieger. Da der zweite Fall durch Disqualifikation entschieden wurde, endete dieses Match mit 2:0 für Gotch.
Kaum hatte er das ausgesprochen, stürmten die Zuschauer in den Ring. Sie hoben ihren neuen US-Champion in die Lüfte. Mit lautem Beifall wurde Gotch sogar in seine Umkleidekabine getragen. Der sichtlich geschlagene Jenkins forderte noch im Ring einen Revanche-Kampf in seiner Heimatstadt Cleveland. Wie damals im Februar 1903 hoffte er so auf den Heimvorteil. Auch sollte der Ringrichter aus Cleveland kommen. Davis könne ihm dann nicht mehr zur Seite stehen. Nach anfänglichem Zögern nahm Gotch die Herausforderung an. Das Geschehen verlagerte sich von Bellingham zum Ausgangspunkt Cleveland zurück. Das dritte Match benötigte aber einen längeren Anlauf.
Tom Davis begründete seine Entscheidung später so: "Jenkins deliberately fouled Gotch three times with a strange hold, which was barred by the articles governing the contest. I saw that he was all in and that he was trying to force me to call the match against him on a foul instead of taking his medicine and being thrown twice, so I refrained from calling the fouls, as I saw that Gotch was wrestling strong and easily breaking his foul holds. Seeing that I would not call his lesser fouls, Jenkins deliberately aimed a vicious swing at Gotch, which everybody could see, and seeing that there was no use in further prolonging a contest which was too one-sided to be otherwise than brutal, I gave my decision."
Gotch hatte zu diesem Zeitpunkt eine ganze Reihe an Hintermännern: Emil Klank, Martin Burns, Joe Carroll, Tom Davis, Duncun McMillan und George Kennedy. Manager Emil Klank sagte über das zweite Match gegen Jenkins: "This match wasn´t a scientific grappling contest. It was a rough and tumble encounter. It was the fiercest battle in wrestling history. If I live to be a hundred years old, I never expect to see a mat struggle the like of that one between Gotch and Jenkins at Bellingham."
Die Konfrontation zwischen Jenkins und Gotch entwickelte sich allmählich zu einer Jagd nach dem US-Title. Im Jahre 1905 gab es gleich drei Matches. Und wieder nahm das Geschehen einen mitunter unerwarteten Verlauf. Gotch war in Höchstform. Manche meinten, er habe die beste Kondition seit langem. Das konnte man auch in einigen Matches sehen. Gleich zweimal verlor Ex US-Champion Dan McLeod in Vancouver gegen Gotch. Jetzt schien der Sieg über Jenkins nur noch Formsache. Doch am 01. Februar 1905 folgte in Cleveland erneut eine harte Auseinandersetzung um den US-Title. Herausforderer Jenkins schwächelte etwas. Augenscheinlich wirkte er nicht so trainiert, wie noch ein Jahr zuvor in Bellingham. Dennoch durfte man ihn keineswegs unterschätzen. Ohne einen harten Kampf wollte er Gotch nicht ziehen lassen. Den ersten Teil des Kampfes dominierte eindeutig Jenkins. Als er seinen berüchtigten headlock ansetzte, ertönten "strangle, strangle!" Rufe. Jenkins konnte einen leg hold anbringen, Gotch den half nelson brechen. Nach 28 Minuten war es Jenkins, der den ersten Fall durchbrachte. Runde 2 dauerte dagegen nur 48 Sekunden. Der Herausforderer hatte sich überschätzt und beinahe alle Kraftreserven aufgebraucht. Jenkins Schwäche machte sich Gotch im zweiten Teil zu Nutze. Er trieb ihn in die Seile und anschließend auf die Matte. Gotch ergriff schnell Jenkins Handgelenk und drückte mit seinem Gewicht nach. Somit sackte der Clevelander immer bedrohlicher mit beiden Schultern zu Boden. Dann war es perfekt: Champion Gotch meldete sich zurück. Jetzt stand es 1:1. Die Karten wurden wieder neu gemischt.
Anhaltende Beifallsrufe erhallten derweilen von vielen Gotch Fans, die extra aus Buffalo angereist kamen. Im dritten Teil konnte Jenkins nicht mehr aufholen. Erneut brachte er unter Protesten des Ringrichters einen strangle hold an. Gotch gelang die entscheidene Aktion nach 11 Minuten. Mit Schnelligkeit wurde Jenkins durch einen reverse body hold überrumpelt. Damit wurde das Titelrennen zu Gunsten von Gotch entschieden, der seinen US-Title erfolgreich verteidigte. Jenkins musste noch ärztlich versorgt werden. Gotch hingegen sprang aus dem Ring, wie er ihn betreten hatte. Lange wehrte die Freude nicht, denn Jenkins meldete sich mit einer Herausforderung zurück. Die Jagd ging also weiter.
Als Austragungsort wählte man den "Madison Square Garden" in New York. In knapp sechs Wochen absolvierte Jenkins ein hartes Training. Die verloren gegangenen Lorbeeren wollte er unbedingt zurückholen. Am 15. März 1905 traf sich die Königsklasse des USA Wrestling zum vierten Mal. Und es kam zu einer faustdicken Überraschung. Inzwischen herrschte eine bittere Feindschaft. Keiner wollte dem anderen seinen Erfolg gönnen. Der "Garden" in New York war dann auch voll von Zuschauern, die viele Scheine auf ihren Favoriten setzten. Champion Gotch war aber in keiner sonderlich guten Verfassung. Die Kondition ließ stark zu wünschen übrig und ein Arzt riet ihm ab jetzt das Titelgold zu verteidigen. Er lag vorher mehrere Tage abgeschlagen im Bett. Doch der Vertrag war schon längst unterzeichnet. Ohne Rücksicht auf die Gesundheit stieg er gegen Jenkins in den Ring.
Eine Runde konnte er immerhin gewinnen. Aber sein Herausforderer war in wesentlich besserer Form. Der Champion wurde schnell müde und langsamer. Jenkins kämpfte wie erwartet hart, energisch und manchmal über die Strenge schlagend. Zum Schluss gewann er das Titelmatch im Greco-Roman style mit 2:1. Jenkins wird zum dritten Mal "American Heavyweight Champion". Niedergeschlagen verschwand Gotch in sein Hotel. Jenkins hatte eine Menge um die Ohren. Das Match gegen Hackenschmidt wurde bereits im Hinterstübchen ausgehandelt. Zwei Monate später kam das 5. Match, welches ebenfalls im MSG veranstaltet wurde.
[Bild: http://srv022.pixpack.net/20080317113314...rzcakf.jpg]
Tom Jenkins
