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Jahrhundertkämpfe
#5
Die mächtigsten Zeitungen des Landes erzeugten einen gewissen Druck. Als das Wort "Feigheit" fiel, musste er handeln. Und so überraschte die Zustimmung zum Kampf kaum noch. Nach einem Hin und Her einigte man sich auf ein Match im griechisch-römischen Stil. Die Vorankündigungen, wie diese, ließen die Kassen klingeln: "Georg Hackenschmidt hat nun doch die Herausforderung des amerikanischen Meisters Tom Jenkins angenommen. Der Zweikampf, welcher nach griechisch-römischen Ringregeln innerhalb zehn Wochen ausgetragen werden soll, geht um einen Einsatz von 250 Pfund Sterling jederseits und wird bis zur Entscheidung fortgesetzt, wobei jedoch nach je 15 Minuten Ringens den beiden Kämpfern immer zwei Minuten Restzeit gewährt werden. Jenkins ist 30 Jahre alt, 179 Zentimeter groß und wiegt 90kg. Das Zusammentreffen soll in Manchester stattfinden, in welcher Stadt das Interesse des Publikums an Ringkämpfen ebenso groß ist, wie in London. Die englischen Sportzeitungen sind darüber sehr ungehalten, daß Hackenschmidt nun mit Jenkins und nicht mit Lurich ringen will, obgleich Lurich ihn viel früher aufgefordert hatte. Hackenschmidt entschuldigte sich erst damit, daß er in Bälde nach Australien fahre und bis dahin kein Match akzeptieren wird, und nun will er doch mit Jenkins ringen. Die hiesigen Zeitungen schreiben alle, daß sie 50 gegen 1 wetten, daß Hackenschmidt Jenkins leicht werfen könne, da Jenkins fast so wenig wie Madrali griechisch-römisch zu ringen verstehe."

Manchester hatte das Nachsehen. Als Austragungsort wählte man die "Royal Albert Hall" in London. Am 02. Juli 1904 war diese Halle mit rund 6000 Zuschauern ausverkauft. Zum ersten Mal trafen die beiden Champions aufeinander. Ein Duell Nordamerika vs. Europa. Über Jenkins gab es bisweilen spotthafte Äußerungen. Er sei kein würdiger Gegner für die Weltmeisterschaft im griechisch-römischen Stil. Zumal habe man Jenkins selbst in dessen eigenen Kampfstil schlagen können. Diese Kritik musste er bereits in den USA hören. Europa gewann das wichtige Match in London. Jedoch selbst für den deutlich stärkeren Hackenschmidt war es kein leichtes Unterfangen. Innerhalb der ersten Minuten versuchte Hackenschmidt seinen Gegner gleich mehrmals zu bezwingen. Der Pinversuch scheiterte dreimal. Der in der Defensive kämpfende Jenkins lief in einen Half Nelson. Nach 20 Minuten hatte Hackenschmidt beide Schultern von Jenkins auf den Boden bekommen. Somit sicherte er sich den ersten Pin. Der Amerikaner versuchte in Runde 2 eine andere Strategie. Auf die energische Kampfweise des Osteuropäers antwortete er plötzlich mit regelwidrigen Griffen. Aber den Half Nelson konnte Jenkins dadurch nicht mehr abwehren. Der erste Versuch missglückte. Der schon gezeichnete Jenkins rechnete aber nicht mehr mit der Schnelligkeit des Gegners. Es folgte wieder ein Half Nelson. Nach 14 Minuten war Jenkins besiegt. Beiden Kämpfern kamen jubelnde Zurufe entgegen.

Hackenschmidt schrieb in seiner späteren Biografie dazu: "There is no need for me to enter into any description of the troubles, legal and otherwise, connected with my next big encounter. They were far from being pleasant to either Jenkins or myself, but since neither of us wished to disappoint the public we readily agreed to the final makeshift arrangements and met on the mat before 6,000 people at the Albert Hall on July 2, 1904."

Hackenschmidt reiste danach Richtung Australien ab. Im Hintergrund zogen allerdings schon zwei Männer die Fäden für den Jahrhundertkampf in New York. 10 Monate nach seiner Niederlage hoffte Jenkins auf den 04. Mai 1905. Diesmal sollte die Entscheidung in Nordameria fallen. Hackenschmidt hatte Jenkins diesen Rückkampf versprochen. Nach einem kurzen Abstecher von Australien nach Neuseeland, reiste er mit dem Schiff über den Pazifik Richtung San Francisco. Kaum war er in San Francisco angekommen, da forderte ihn Jenkins heraus. Schon im damaligen Wrestling war die Funktion der Promoter und Manager sehr wichtig. Durch entsprechende Kanäle und Vorarbeiten konnten viele Wrestler erst richtig starten.

In London stieg derweilen Charles Cochran, Manager von Hackenschmidt, in ein Schiff Richtung New York. Der zukünftige World Champion musste nach seiner langen Abwesenheit wieder in Europa kämpfen. Cochran hatte die klare Absicht den berühmten Schützling schnell mitzunehmen. Er war der Meinung, dass Hackenschmidt aus freien Stücken keine großen Matches in Amerika bestreiten würde. Aber ein gewisser Harry Pollok wusste das zu verhindern. Pollok, Jenkins Manager, fing Cochran gleich nach dessen Ankunft im New Yorker Hafen ab. Es kam zu einem Treffen, wo man den Vertrag für einen Rückkampf ohne Hackenschmidt´s Zustimmung unterzeichnete. Pollok schaffte es Cochran zum Einlenken zu bewegen. Der setzte schließlich doch die Unterschrift unter den Vertrag. Das Match schien so gut wie im Kasten zu sein. Aber Cochran´s Schützling war über diese internen Absprachen wenig begeistert. Hackenschmidt wollte zuerst in Europa kämpfen. Auf dem Weg nach New York traf er in Chicago auf Charles Cochran. Der begleitete ihn bis zum "Big Apple".

Eine große Wahl schien es nicht zu geben. Pollok hatte den unterschriebenen Vertrag bereits in den Händen. Dort fand sich aber lediglich die Signatur des Managers. Nachdem Hackenschmidt den "Big Apple" erreicht hatte, musste sofort ein Gespräch mit Jenkins Manager folgen. Das Treffen verlief eher unerfreulich für den Europäer. Er plädierte dafür das Match hinauszuschieben. Pollok lehnte ab. Somit wurde ihm ein Match gegen seinen Willen auferzwungen. Den Zuschauern interessierte das aber herzlich wenig. Sie wollten endlich Action sehen. Der Rückkampf stand nun unmittelbar bevor. Es war kein festgesetztes Titelmatch um den US-Title von Jenkins. Am Abend des 04. Mai 1905 stand vor dem New Yorker "Madison Square Garden" eine lange Menschenschlange. Alle wollten sie rein in die Veranstaltungshalle, die die Wrestlingszene der USA heute noch mitbestimmt. Ein geschichtsträchtiger Ort mit einer über 120jährigen Tradition von Box-und Wrestlingkämpfen. Auch vor 100 Jahren war das Wrestling in Amerika schon populär. Es gab sogar Zeiten wo man sich gut mit dem Baseball und Pferderennen messen lassen konnte. Und das sind die Sportarten damals schlechthin gewesen. Die Showbühne des MSG wurde zum Austragungsort Nordamerika vs. Europa. In den Sekunden des Sieges hatte die Wrestlingwelt ihren ersten unumstrittenen World Heavyweight Champion. Jetzt galt dieser Titel auch in Nordamerika. Es musste letztendlich ein Kampf gegen Jenkins folgen. Die Kontrahenten ließen die Muskeln spielen. Nat Fleischer lieferte schon im Jahre 1936 eine umfassende Beschreibung über diesen Kampf. Lassen wir ihn deshalb zu Wort kommen:

"The bout was to have been two falls out of three, but Hack rose in his might and slammed the American to the canvas for two quick falls, the first in 31 minutes, 15 seconds, and the last in 22 minutes, 4 seconds. Jenkins never had a chance. He proved but a plaything in the hands of the mighty Russian. Hackenschmidt was extremely upset when he crawled between the ropes and, although the vast crowd greeted him with an uproar of cheers, it failed to bring a smile to his lips. He was magnificent when he threw off his bathrobe. He stood 5 feet, 10 inches and weighed 208 pounds. Jenkins weighed eight pounds less, but was an inch taller. At the sound of the gong, Hack was off his stool like a flash, kicking the inoffensive chair through the ropes in his mad dash to get at the American. Jenkins met him halfway with a body check, but was flung up against the ropes with the force of the impact.

George leaped at Jenkins and brought bot hands up to the back of the neck. Jenkins jumped up and down as if trying the Russian´s strengh and then wrenched himself clear. Hack was after him in a lionlike leap, but Jenkins tincanned about the ring. The Russian stopped him short and reached up for the neck, but Jenkins struck both hands away and then sprang behind. The foreigner whirled as though on a pivot and met him with a clinch about the neck. Try as he might, Jenkins failed to loosen the hands but Hack ended matters by hurling the American the length of the ring, Jenkins coming up with a jerk on the ropes. Four times in all Hackenschmidt grabbled Jenkins and flung him from him, each time the ropes saving the American from a bad fall. As the men maneuvered about for a hold, Jenkins suddenly dove in for the legs. He fastened his dangerous hold, the thigh grip, but Hack shook himself lika a dog after a swim and Jenkins was splashed off like a spray. The instantaneous and easy way that the Russian disposed of one of the deadly grips of the catch-as-catch-can champion made the crowd gasp. Jenkins looked worried, but gamely took the offensive. Hackenschmidt leaped in with his neck hold and the two wrestled head to head, straining for a wall.

The American was the first to give way. Suddenly he slipped behind and locked both arms about Hack´s stomach, at the same time lifting him in the air. The Russian seemed to contract all his muscles, then sprang free. Jenkins looked at him open-mouthed! That wasn´t wrestling, it was more like a lion jumping through a paper hoop! Once more Jenkins darted behind, but Hack almost swept the American off his feet with a free sweep of his left hand. As quick as a flash, Hackenschmidt gave Tom the foot and the American crashed to the mat, Hack immediatly jumping behind and starting to work furiously over him. He locked on a half-nelson and then began to heave and push with all his strengh and weight. Jenkins managed to get to all-fours and then assumed a sitting position, with Hack still behind. The crowd went crazy when the American wrenched himself clear and jumped to his feet. The sole of Jenkin´s left shoe became loose after ten minutes of fast standing work and he stopped the bout until he could rip off the shoe, continuing with his foot bare.

He managed to work behind and threw Hackenschmidt at the twenty-five minute mark, but could not hold the Russian, who leaped to his feet with a snarl. The constant battering was weakening Jenkins and he began to gasp for breath. Hack feinted for the legs and then came in with a half-nelson, both hands up under the chest and clasped about the back of the neck. Inch by inch, he twisted the American over and then flopped him to the canvas, pinning both shoulders to the mat. Referee Hurst failed to see the fall and signalled Hackenschmidt to go on. A minute later Hackenschmidt had both shoulders squarely resting upon the pad and this time Hurst slapped him on the back. Jenkins got to his feet and walked on shaky legs to his corner, where he sank into his chair. Hack went sprightly over to his corner, popped into his bathrobe and then lightly vaulted over the rope (four feet high) and ran upstairs, two at a time, to his dressing room. Jenkins followed more slowly two minutes later. At the end of fifteen minutes both men appeared, Jenkins much refreshed from a cold shower and brisk rub-down.

Jenkins assumed the offensive for the first few minutes, holding the Russian even trying trick after trick in an effort to bring his man to the canvas. Hack broke the grips with ease and then suddenly placed both hands under Jenkins´arms and whirled him about in the air, then slammed him to the canvas. Hack immediatly worked his way behind and, although Jenkins wriggled out of some dangerous holds, he quickly weakened under the mauling, and at the end of 22 minutes he fell back under a half-nelson."

Der 27jährige George Hackenschmidt hatte seinen Zenit erreicht. Nach vielen und schweißtreibenden Matches hielt er endlich den verdienten Lohn in den Händen. Seit den Turnieren in Europa ist sehr viel Zeit vergangen. Von 1901 an schien die Erfolgsgeschichte des Osteuropäers kaum zu stoppen zu sein. Constant le Boucher, Ahmed Madrali, Antonio Pierri, Tom Cannon und viele mehr wurden besiegt. Weltklasse Athleten mit großer Bedeutung. Hackenschmidt äußerte sich später über den 04. Mai 1905 mit den Worten: "This match with Jenkins, however, was the first big one in which I had engaged entirely under "catch-as-catch-can" rules, and considerable interest was perhaps, naturally felt throughout America on this account." Am 05. Mai 1905 schrieb die "New York Times": "Jenkins was handled lika a pigmy in the hands of a giant."

Manche Kritiker in Europa wollten den neuen World Title nicht anerkennen. Mitunter erschien es schwierig einen ehemaligen Greco-Roman Champion als Freestyle Champion zu verkaufen. Die meisten Zweifler wurden allerdings aus dem Weg geräumt. Die Stunde des World Title hatte geschlagen. Georg Hackenschmidt war jetzt erster World Heavyweight Champion von Europa und Nordamerika.
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Jahrhundertkämpfe - von The Crusher - 10.10.2009, 18:26
[Kein Betreff] - von The Crusher - 10.10.2009, 18:27
[Kein Betreff] - von Adrian Adonis - 10.10.2009, 18:44
[Kein Betreff] - von The Crusher - 17.10.2009, 11:13
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[Kein Betreff] - von The Crusher - 27.02.2010, 04:59
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