14.06.2010, 12:25
[Bild: http://www.wwf4ever.de/newsboard/intervi...nayoub.jpg]
Dass es in Zeiten des Internets heute so viele Informationen über die Geschichte des Wrestlings gibt, ist der Verdienst von Historikern wie Libnan Ayoub. Wwf4ever.de hatte jetzt die Möglichkeit mit einem der größten Fachmänner des Wrestlings ein Interview zu führen. Lib ist der Sohn von „The Sheik“ Wadi Ayoub und seit rund 30 Jahren ein Wrestling-Fan. Durch seine Zusammenarbeit mit dem 1996 verstorbenen Historiker Tom Gannon entstand das Buch „100 Years of Australian Professional Wrestling“. Dokumentation der Wrestlinggeschichte und die Erinnerung an längst vergessene Wrestler aufrechtzuerhalten - das sind zwei Motive, die Libnan Ayoub bei seiner umfangreichen Arbeit bis heute begleiten. Er hat sich in der Szene einen beachtlichen Ruf erarbeitet und ist international anerkannt. Jetzt hat er sich auch erstmals dazu entschlossen, einer deutschen Internetseite ein Interview zu geben.
wwf4ever.de:
Lib, seit wann bist Du ein Wrestling-Fan und seit wann beschäftigst Du dich mit der Geschichte des Wrestlings?
Libnan Ayoub:
Da mein Vater, „The Sheik“ Wadi Ayoub, ein Wrestler war, kann ich eigentlich behaupten ein Fan seit meiner Geburt zu sein. Er starb als ich 11 Jahre alt war und als ich 16 wurde fing ich an, die großartige Karriere meines Vaters zu verfolgen. Ich ging also in Bibliotheken und fragte jeden über ihn aus, der ihn kannte.
wwf4ever.de:
Was liebst Du so am Wrestling? Ist es die Mischung aus Ring-Performance und Entertainment?
Libnan Ayoub:
Es muss zwar im Wrestling das Entertainment und die Show geben, aber ich fand immer die Holds am interessantesten. Ein Beispiel: Mein Vater wrestlete gegen den neuseeländischen Champion John DaSilva, beides waren herausragende Wrestler, und das Match bestand eigentlich nur daraus, dass die Griffe, die einer ansetzte, vom anderen mit einem weiterem Griff gekontert wurden.
Wwf4ever.de:
Kämpfst Du eigentlich selbst?
Libnan Ayoub:
Ich eröffnete zwar eine Wrestling-Schule mit dem griechischen Wrestler Tony Kontellis vor einigen Jahren, doch ich fand nicht viele Schüler, die gewillt waren, die Grundlagen zu lernen, wie man ein professioneller Wrestler wird. Wir trainierten ein paar gute junge Amateure, die es in den Turnieren sehr weit gebracht haben.
Um zu deiner Frage zurückzukommen: Ja ich habe gelernt wie man kämpft und ich habe es genossen. Es ist eine harte Arbeit, und ich hätte damit 20 Jahre früher anfangen sollen!! Die Schule gibt es inzwischen nicht mehr.
wwf4ever.de:
Was ist eigentlich deine Motivation, um als Historiker zu arbeiten? Machst Du das wirklich als Job oder ist es ein Hobby?
Libnan Ayoub:
Wenn mein Vater kein Wrestler gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht gar nicht für die Geschichte des Wrestlings interessiert. Als ich dann den großartigen Historiker Tom Gannon traf und seine unglaublich umfangreichen Zusammenfassungen sah, zog es mich noch mehr in seinen Bann. Es ist zwar ein Hobby, doch es ist wie ein Job.
wwf4ever.de:
Dein Vater trug ja den Spitznamen „The Sheik“. Es gab ja auch noch einen anderen Sheik mit dem Namen Ed Farhat. Hatte dein Vater jemals ein Match gegen ihn?
Libnan Ayoub:
Nein, da mein Vater niemals in Amerika gekämpft hat, hat er ihn nie im Ring getroffen.
wwf4ever.de:
Dein Vater wrestlete ja in den 50er, 60er und 70er Jahren. Wer war für dich der beste Wrestler dieser Zeit? Das Wrestling wurde in manchen Ländern unglaublich bekannt. Denkst Du das die TV-Ära ein Hauptgrund dafür war?
Libnan Ayoub:
Neben meinem Vater kann ich mir eigentlich nicht auf einen Wrestler beschränken, da es so viele großartige Entertainer zu dieser Zeit gab.
Ja, Fernsehen war auf jeden Fall der Hauptgrund, dass das Wrestling zu der Zeit so bekannt wurde. Es brachte den Sport direkt in die Wohnzimmer der Leute.
wwf4ever.de:
Wer war für dich der beste Wrestling-Promoter überhaupt? Ich denke ja das jede Epoche des 20. Jahrhunderts einen großartigen Promoter hatte wir z.B. Jack Curley, Paul Bowser, Fred Kohler oder auch Vince McMahon Senior.
Liban Ayoub:
Auch hier ist es schwer nur eine Person zu nennen. Sam Muchnick und Jim Barnett waren aber beides hervorragende Promoter.
wwf4ever.de:
Denkst Du es gibt den einen Wrestler? Einer der wirklich der beste aller Zeiten genannt werden darf?
Libnan Ayoub:
Es ist unmöglich eine Person zu nennen, die das Wrestling der letzten 100 Jahre abdeckt. Dazu muss man einzelne Abschnitte bilden. Es ist schwierig Hulk Hogan mit Jim Londos zu vergleichen.
wwf4ever.de:
In der Vergangenheit waren zwei Titel entscheidend: der NWA World Title und der WWF World Title. Was denkst Du – welcher der beiden Titel hatte mehr Einfluss bzw. war wichtiger als der andere?
Libnan Ayoub:
Die „National Wrestling Alliance (NWA)“ hatte das Ansehen und die Unterstützung von Promotern überall auf der Welt, und das noch lange bevor Vince McMahon‘s WWF die Welt des Wrestlings kontrollierte
wwf4ever.de:
Du hast ja das Buch „100 Years of Australian Professional Wrestling“ geschrieben. Wrestling hat eine lange Geschichte in Australien seit Clarence Whistler und Professor William Miller vor über 100 Jahren. Was denkst Du über dieses Zeitalter und was sind die Unterschiede zu heute?
Libnan Ayoub:
Absolut unterschiedliche Zeit. Damals, zur guten alten Zeit, konntest du einen Headlock für eine Stunde halten und die haben das Wrestling genannt. Heutzutage, wenn du so was tun würdest, du würdest nur noch ausgebuht werden und niemand würde deine Matches jemals wieder ansehen.
wwf4ever.de:
Hat Australien den selben Stil des Pro-Wrestlings wie in den USA?
Libnan Ayoub:
In den frühen Tagen verwendete Australien das Rundensystem, bis Promoter Jim Barnett kam und das Zeitsystem statt Runden verwendete.
wwf4ever.de:
1964 gründeten Jim Barnett und sein Geschäftspartner Johnny Doyle in Australien die „International Wrestling Alliance (IWA)“. Was denkst Du über Barnett und seine IWA? Waren die 60er und die 70er Jahre die beste Zeit des Australischen Pro-Wrestlings?
Libnan Ayoub:
Es war auf jeden Fall gut, als Barnett und Doyle hierher kamen und ihre Veranstaltungen abhielten. Sie waren geschickte Promoter und wussten genau, was das Publikum wollte, und das war Entertainment. Es war auf jeden Fall eine gute Zeit für das Australische Wrestling.
wwf4ever.de:
OK, Lib, lass uns als nächstes über ein paar andere Wrestlinghistoriker reden. Früher hast Du jahrelang mit dem verstorbenen Tom Gannon gearbeitet, dessen Name in Deutschland eher unbekannt ist. Kannst Du uns etwas über ihn erzählen? Er hat an vielen verschiedenen Projekten, wie beispielsweise einer gewaltigen Liste von alten Wrestling-Turnieren, gearbeitet. Wie wichtig war Gannons Arbeit für dich und andere heutige Historiker wie Steve Yohe und Tim Hornbaker?
Libnan Ayoub:
Der Historiker Tom Gannon begann sich in seiner Jugend in den 40er Jahren für Wrestling zu interessieren. Später suchte er Briefkontakte in aller Welt und tauschte mit ihnen Ergebnisse aus. Darunter waren Leute wie Bob Nitsche, Burt Ray und Gerhard Schäfer.
In einem Teil seiner Sammlung stellte Tom ca. 2000 Seiten mit weltweiten Wrestling-Turnieren zusammen. Er erstellte auch Kampfrekorde von einzelnen Wrestlern und das sind Tausende geworden!
Jeder Historiker, der seine Zeit und sein Geld darin investiert Wrestling-Geschichte zu erhalten ist wichtig, denn genau das sind diejenigen, die den historischen Aspekt des Wrestlings bewahren, anstatt ihn aussterben zu lassen.
wwf4ever.de:
Gannon stand in Kontakt mit dem großen deutschen Historiker Gerhard Schäfer, der 1995 verstorben ist. Wie dachtest Du selbst über ihre Verbindung? War sie für die Forschung hilfreich?
Libnan Ayoub:
Tom Gannon und Gerhard Schäfer arbeiteten wirklich toll zusammen, denn Tom interessierte sich sehr für die deutsche Szene - anders als andere Historiker, da sie die deutschen Veröffentlichungen nicht verstehen konnten. Tom hatte ein Englisch-Deutsch-Wörterbuch, was ihm dabei ein wenig half.
wwf4ever.de:
Was denkst Du über die Entwicklungen seit der Einführung des Internets? War das Internet ein wichtiger Faktor für deine Forschungen? Ich glaube vor 10 oder 20 Jahren war Recherche schwieriger als heute.
Libnan Ayoub:
Ich begann mit meinen Recherchen, als ich noch gar keinen Zugang zum Internet hatte. Mit dem Internet war es plötzlich viel einfacher, mit anderen Historikern zu korrespondieren, als Briefe zu schreiben.
Das Großartige am Internet ist, dass man dort in alten Zeitungsarchiven recherchieren kann, aber bisher hatte ich leider noch keine Zeit dazu!
wwf4ever.de:
Arbeitest Du momentan an besonderen Forschungsprojekten? Was waren deine umfangreichsten Projekte? Gannon, Schäfer und Du habt an Listen mit Tausenden von Wrestling-Turnieren gearbeitet. Diese Arbeit hat sicher sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Ich glaube aber, dass sie sehr große Bedeutung für die Erforschung der Wrestling-Geschichte hatte. Wie denkst Du darüber?
Libnan Ayoub:
Im Augenblick arbeite ich an einer Dokumentation über die australische Liga World Championship Wrestling (Anmerkung: Diese australische "WCW" existierte lange vor der amerikanischen WCW in den 60er und 70er Jahren). Ich würde gern auch weitere Bücher schreiben, doch ich finde einfach keine Zeit dazu.
In den letzten 15 Jahren habe ich meine und Tom Gannons Ergebnisse nach und nach in eine Datenbank eingegeben. Es ist sehr wichtig für mich, die Dokumentierung der Wrestling-Geschichte fortzuführen. Dies ist sehr schwierig, wenn du der Einzige in Australien bist, der weltweite Ergebnisse sammelt.
wwf4ever.de:
Lib, Du hast auch sehr viel zu den Hintergründen des Wrestlings recherchiert. Was glaubst Du, war die Ära des Professional Wrestling in den 50er und 60er Jahre mehr Sport oder mehr Kayfabe?
Libnan Ayoub:
Beides!
wwf4ever.de:
Wo wir beim Thema "Kayfabe" sind - Wrestling in der Zeit von Clarence Whistler um 1880: Damals war es noch ein echter und harter Ringersport. Wer war zu dieser Zeit der bedeutendste Wrestler in Australien?
Libnan Ayoub:
Da gab es einige: Professor William Miller, Clarence Whistler, Tom Cannon, Donald Dinnie und Duncun C. Ross.
wwf4ever.de:
Was hältst Du eigentlich von aktuellen jungen australischen Ligen wie AWF, PWA oder EPW?
Libnan Ayoub:
Ich verfolge das aktuelle Wrestling nicht.
wwf4ever.de:
Falls Du Dich noch für die aktuelle Szene in Australien interessierst, wer glaubst Du, war der bedeutendste Wrestler in Australien in den letzten zehn Jahren?
Libnan Ayoub:
Ich verfolge das aktuelle Wrestling nicht.
wwf4ever.de:
Was ist für Dich, aus der Perspektive des Historikers, das bedeutendste Ereignis der australischen Wrestling-Geschichte?
Libnan Ayoub:
Ich würde sagen das war 1957, als Promoter George Gardiner das Match zwischen King Kong und Primo Carnera in White City stattfinden ließ. Gardiner organisierte eigentlich nur Shows in kleineren Städten und stand in Konkurrenz zu Stadiums Limited, die mit ihren wöchentlichen Shows ein Wrestling-Monopol besaß. Trotzdem gelang es Gardiner, mit seiner Show das größte Publikum der australischen Geschichte zu mobilisieren!
wwf4ever.de:
Wrestling-Legenden, die außerhalb Japans, Mexikos und der USA aktiv waren, sind für gewöhnlich in den bekanntesten Halls of Fame unterrepräsentiert. Australische und europäische Wrestler scheinen nur eine Chance zu haben, in diese Ruhmeshallen eingeführt zu werden, wenn sie auch in den USA große Erfolge verbuchen konnten. Welche australischen Legenden sollten von Fans und Historikern mehr Beachtung finden?
Libnan Ayoub:
Ich halte australische und europäische Wrestler nicht für unterbewertet, es ist nur einfach so, dass jeder Wrestler, der nicht in den Staaten gekämpft hat, einfach keine Erwähnung findet. So war es schon immer.
Australien und die umliegenden Länder haben immer gute Wrestler hervorgebracht. Dass sie es nicht in den Vereinigten Staaten schafften, sagt nichts darüber aus, wie gut sie wirklich waren.
wwf4ever.de:
Vor kurzem hast Du neue Informationen über die NWA-"Titelwechsel" von 1984 zwischen Ric Flair und Harley Race in Neuseeland und Singapur entdeckt und scheinbar ihre fälschlich angenommenen zusätzlichen Titelregentschaften aus der Geschichte des NWA World Heavyweight-Titels entfernen können. Das heißt, dass es noch immer Sinn macht, nach alten Zeitungsartikeln, Ergebnissen und anderen historische Quellen zu suchen. Gibt es weitere historische Informationen, nach denen Du vielleicht schon seit Jahren in dem Wissen suchst, dass sie da draußen sein müssen, so eine Art persönlicher Heiliger Gral?
Libnan Ayoub:
Als Historiker ist es für mich sehr wichtig, korrekte Informationen zu dokumentieren oder neue Informationen aufzudecken. Man muss sich darüber bewusst sein, dass, wenn etwas geschrieben wurde, es manchmal nicht notwendigerweise korrekt sein muss. Alte Zeitungsartikel zu durchsuchen ist ein Weg, die falschen von den richtigen Informationen zu unterscheiden.
Ich suche noch immer nach einem Kontakt in Indien und Pakistan, da es dort viele wichtige Kämpfe gab, die nicht dokumentiert wurden. Mein Vater, King Kong, Dara Singh, Gama und die Bholu-Brüder waren alle dort aktiv.
Dass es in Zeiten des Internets heute so viele Informationen über die Geschichte des Wrestlings gibt, ist der Verdienst von Historikern wie Libnan Ayoub. Wwf4ever.de hatte jetzt die Möglichkeit mit einem der größten Fachmänner des Wrestlings ein Interview zu führen. Lib ist der Sohn von „The Sheik“ Wadi Ayoub und seit rund 30 Jahren ein Wrestling-Fan. Durch seine Zusammenarbeit mit dem 1996 verstorbenen Historiker Tom Gannon entstand das Buch „100 Years of Australian Professional Wrestling“. Dokumentation der Wrestlinggeschichte und die Erinnerung an längst vergessene Wrestler aufrechtzuerhalten - das sind zwei Motive, die Libnan Ayoub bei seiner umfangreichen Arbeit bis heute begleiten. Er hat sich in der Szene einen beachtlichen Ruf erarbeitet und ist international anerkannt. Jetzt hat er sich auch erstmals dazu entschlossen, einer deutschen Internetseite ein Interview zu geben.
wwf4ever.de:
Lib, seit wann bist Du ein Wrestling-Fan und seit wann beschäftigst Du dich mit der Geschichte des Wrestlings?
Libnan Ayoub:
Da mein Vater, „The Sheik“ Wadi Ayoub, ein Wrestler war, kann ich eigentlich behaupten ein Fan seit meiner Geburt zu sein. Er starb als ich 11 Jahre alt war und als ich 16 wurde fing ich an, die großartige Karriere meines Vaters zu verfolgen. Ich ging also in Bibliotheken und fragte jeden über ihn aus, der ihn kannte.
wwf4ever.de:
Was liebst Du so am Wrestling? Ist es die Mischung aus Ring-Performance und Entertainment?
Libnan Ayoub:
Es muss zwar im Wrestling das Entertainment und die Show geben, aber ich fand immer die Holds am interessantesten. Ein Beispiel: Mein Vater wrestlete gegen den neuseeländischen Champion John DaSilva, beides waren herausragende Wrestler, und das Match bestand eigentlich nur daraus, dass die Griffe, die einer ansetzte, vom anderen mit einem weiterem Griff gekontert wurden.
Wwf4ever.de:
Kämpfst Du eigentlich selbst?
Libnan Ayoub:
Ich eröffnete zwar eine Wrestling-Schule mit dem griechischen Wrestler Tony Kontellis vor einigen Jahren, doch ich fand nicht viele Schüler, die gewillt waren, die Grundlagen zu lernen, wie man ein professioneller Wrestler wird. Wir trainierten ein paar gute junge Amateure, die es in den Turnieren sehr weit gebracht haben.
Um zu deiner Frage zurückzukommen: Ja ich habe gelernt wie man kämpft und ich habe es genossen. Es ist eine harte Arbeit, und ich hätte damit 20 Jahre früher anfangen sollen!! Die Schule gibt es inzwischen nicht mehr.
wwf4ever.de:
Was ist eigentlich deine Motivation, um als Historiker zu arbeiten? Machst Du das wirklich als Job oder ist es ein Hobby?
Libnan Ayoub:
Wenn mein Vater kein Wrestler gewesen wäre, hätte ich mich vielleicht gar nicht für die Geschichte des Wrestlings interessiert. Als ich dann den großartigen Historiker Tom Gannon traf und seine unglaublich umfangreichen Zusammenfassungen sah, zog es mich noch mehr in seinen Bann. Es ist zwar ein Hobby, doch es ist wie ein Job.
wwf4ever.de:
Dein Vater trug ja den Spitznamen „The Sheik“. Es gab ja auch noch einen anderen Sheik mit dem Namen Ed Farhat. Hatte dein Vater jemals ein Match gegen ihn?
Libnan Ayoub:
Nein, da mein Vater niemals in Amerika gekämpft hat, hat er ihn nie im Ring getroffen.
wwf4ever.de:
Dein Vater wrestlete ja in den 50er, 60er und 70er Jahren. Wer war für dich der beste Wrestler dieser Zeit? Das Wrestling wurde in manchen Ländern unglaublich bekannt. Denkst Du das die TV-Ära ein Hauptgrund dafür war?
Libnan Ayoub:
Neben meinem Vater kann ich mir eigentlich nicht auf einen Wrestler beschränken, da es so viele großartige Entertainer zu dieser Zeit gab.
Ja, Fernsehen war auf jeden Fall der Hauptgrund, dass das Wrestling zu der Zeit so bekannt wurde. Es brachte den Sport direkt in die Wohnzimmer der Leute.
wwf4ever.de:
Wer war für dich der beste Wrestling-Promoter überhaupt? Ich denke ja das jede Epoche des 20. Jahrhunderts einen großartigen Promoter hatte wir z.B. Jack Curley, Paul Bowser, Fred Kohler oder auch Vince McMahon Senior.
Liban Ayoub:
Auch hier ist es schwer nur eine Person zu nennen. Sam Muchnick und Jim Barnett waren aber beides hervorragende Promoter.
wwf4ever.de:
Denkst Du es gibt den einen Wrestler? Einer der wirklich der beste aller Zeiten genannt werden darf?
Libnan Ayoub:
Es ist unmöglich eine Person zu nennen, die das Wrestling der letzten 100 Jahre abdeckt. Dazu muss man einzelne Abschnitte bilden. Es ist schwierig Hulk Hogan mit Jim Londos zu vergleichen.
wwf4ever.de:
In der Vergangenheit waren zwei Titel entscheidend: der NWA World Title und der WWF World Title. Was denkst Du – welcher der beiden Titel hatte mehr Einfluss bzw. war wichtiger als der andere?
Libnan Ayoub:
Die „National Wrestling Alliance (NWA)“ hatte das Ansehen und die Unterstützung von Promotern überall auf der Welt, und das noch lange bevor Vince McMahon‘s WWF die Welt des Wrestlings kontrollierte
wwf4ever.de:
Du hast ja das Buch „100 Years of Australian Professional Wrestling“ geschrieben. Wrestling hat eine lange Geschichte in Australien seit Clarence Whistler und Professor William Miller vor über 100 Jahren. Was denkst Du über dieses Zeitalter und was sind die Unterschiede zu heute?
Libnan Ayoub:
Absolut unterschiedliche Zeit. Damals, zur guten alten Zeit, konntest du einen Headlock für eine Stunde halten und die haben das Wrestling genannt. Heutzutage, wenn du so was tun würdest, du würdest nur noch ausgebuht werden und niemand würde deine Matches jemals wieder ansehen.
wwf4ever.de:
Hat Australien den selben Stil des Pro-Wrestlings wie in den USA?
Libnan Ayoub:
In den frühen Tagen verwendete Australien das Rundensystem, bis Promoter Jim Barnett kam und das Zeitsystem statt Runden verwendete.
wwf4ever.de:
1964 gründeten Jim Barnett und sein Geschäftspartner Johnny Doyle in Australien die „International Wrestling Alliance (IWA)“. Was denkst Du über Barnett und seine IWA? Waren die 60er und die 70er Jahre die beste Zeit des Australischen Pro-Wrestlings?
Libnan Ayoub:
Es war auf jeden Fall gut, als Barnett und Doyle hierher kamen und ihre Veranstaltungen abhielten. Sie waren geschickte Promoter und wussten genau, was das Publikum wollte, und das war Entertainment. Es war auf jeden Fall eine gute Zeit für das Australische Wrestling.
wwf4ever.de:
OK, Lib, lass uns als nächstes über ein paar andere Wrestlinghistoriker reden. Früher hast Du jahrelang mit dem verstorbenen Tom Gannon gearbeitet, dessen Name in Deutschland eher unbekannt ist. Kannst Du uns etwas über ihn erzählen? Er hat an vielen verschiedenen Projekten, wie beispielsweise einer gewaltigen Liste von alten Wrestling-Turnieren, gearbeitet. Wie wichtig war Gannons Arbeit für dich und andere heutige Historiker wie Steve Yohe und Tim Hornbaker?
Libnan Ayoub:
Der Historiker Tom Gannon begann sich in seiner Jugend in den 40er Jahren für Wrestling zu interessieren. Später suchte er Briefkontakte in aller Welt und tauschte mit ihnen Ergebnisse aus. Darunter waren Leute wie Bob Nitsche, Burt Ray und Gerhard Schäfer.
In einem Teil seiner Sammlung stellte Tom ca. 2000 Seiten mit weltweiten Wrestling-Turnieren zusammen. Er erstellte auch Kampfrekorde von einzelnen Wrestlern und das sind Tausende geworden!
Jeder Historiker, der seine Zeit und sein Geld darin investiert Wrestling-Geschichte zu erhalten ist wichtig, denn genau das sind diejenigen, die den historischen Aspekt des Wrestlings bewahren, anstatt ihn aussterben zu lassen.
wwf4ever.de:
Gannon stand in Kontakt mit dem großen deutschen Historiker Gerhard Schäfer, der 1995 verstorben ist. Wie dachtest Du selbst über ihre Verbindung? War sie für die Forschung hilfreich?
Libnan Ayoub:
Tom Gannon und Gerhard Schäfer arbeiteten wirklich toll zusammen, denn Tom interessierte sich sehr für die deutsche Szene - anders als andere Historiker, da sie die deutschen Veröffentlichungen nicht verstehen konnten. Tom hatte ein Englisch-Deutsch-Wörterbuch, was ihm dabei ein wenig half.
wwf4ever.de:
Was denkst Du über die Entwicklungen seit der Einführung des Internets? War das Internet ein wichtiger Faktor für deine Forschungen? Ich glaube vor 10 oder 20 Jahren war Recherche schwieriger als heute.
Libnan Ayoub:
Ich begann mit meinen Recherchen, als ich noch gar keinen Zugang zum Internet hatte. Mit dem Internet war es plötzlich viel einfacher, mit anderen Historikern zu korrespondieren, als Briefe zu schreiben.
Das Großartige am Internet ist, dass man dort in alten Zeitungsarchiven recherchieren kann, aber bisher hatte ich leider noch keine Zeit dazu!
wwf4ever.de:
Arbeitest Du momentan an besonderen Forschungsprojekten? Was waren deine umfangreichsten Projekte? Gannon, Schäfer und Du habt an Listen mit Tausenden von Wrestling-Turnieren gearbeitet. Diese Arbeit hat sicher sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Ich glaube aber, dass sie sehr große Bedeutung für die Erforschung der Wrestling-Geschichte hatte. Wie denkst Du darüber?
Libnan Ayoub:
Im Augenblick arbeite ich an einer Dokumentation über die australische Liga World Championship Wrestling (Anmerkung: Diese australische "WCW" existierte lange vor der amerikanischen WCW in den 60er und 70er Jahren). Ich würde gern auch weitere Bücher schreiben, doch ich finde einfach keine Zeit dazu.
In den letzten 15 Jahren habe ich meine und Tom Gannons Ergebnisse nach und nach in eine Datenbank eingegeben. Es ist sehr wichtig für mich, die Dokumentierung der Wrestling-Geschichte fortzuführen. Dies ist sehr schwierig, wenn du der Einzige in Australien bist, der weltweite Ergebnisse sammelt.
wwf4ever.de:
Lib, Du hast auch sehr viel zu den Hintergründen des Wrestlings recherchiert. Was glaubst Du, war die Ära des Professional Wrestling in den 50er und 60er Jahre mehr Sport oder mehr Kayfabe?
Libnan Ayoub:
Beides!
wwf4ever.de:
Wo wir beim Thema "Kayfabe" sind - Wrestling in der Zeit von Clarence Whistler um 1880: Damals war es noch ein echter und harter Ringersport. Wer war zu dieser Zeit der bedeutendste Wrestler in Australien?
Libnan Ayoub:
Da gab es einige: Professor William Miller, Clarence Whistler, Tom Cannon, Donald Dinnie und Duncun C. Ross.
wwf4ever.de:
Was hältst Du eigentlich von aktuellen jungen australischen Ligen wie AWF, PWA oder EPW?
Libnan Ayoub:
Ich verfolge das aktuelle Wrestling nicht.
wwf4ever.de:
Falls Du Dich noch für die aktuelle Szene in Australien interessierst, wer glaubst Du, war der bedeutendste Wrestler in Australien in den letzten zehn Jahren?
Libnan Ayoub:
Ich verfolge das aktuelle Wrestling nicht.
wwf4ever.de:
Was ist für Dich, aus der Perspektive des Historikers, das bedeutendste Ereignis der australischen Wrestling-Geschichte?
Libnan Ayoub:
Ich würde sagen das war 1957, als Promoter George Gardiner das Match zwischen King Kong und Primo Carnera in White City stattfinden ließ. Gardiner organisierte eigentlich nur Shows in kleineren Städten und stand in Konkurrenz zu Stadiums Limited, die mit ihren wöchentlichen Shows ein Wrestling-Monopol besaß. Trotzdem gelang es Gardiner, mit seiner Show das größte Publikum der australischen Geschichte zu mobilisieren!
wwf4ever.de:
Wrestling-Legenden, die außerhalb Japans, Mexikos und der USA aktiv waren, sind für gewöhnlich in den bekanntesten Halls of Fame unterrepräsentiert. Australische und europäische Wrestler scheinen nur eine Chance zu haben, in diese Ruhmeshallen eingeführt zu werden, wenn sie auch in den USA große Erfolge verbuchen konnten. Welche australischen Legenden sollten von Fans und Historikern mehr Beachtung finden?
Libnan Ayoub:
Ich halte australische und europäische Wrestler nicht für unterbewertet, es ist nur einfach so, dass jeder Wrestler, der nicht in den Staaten gekämpft hat, einfach keine Erwähnung findet. So war es schon immer.
Australien und die umliegenden Länder haben immer gute Wrestler hervorgebracht. Dass sie es nicht in den Vereinigten Staaten schafften, sagt nichts darüber aus, wie gut sie wirklich waren.
wwf4ever.de:
Vor kurzem hast Du neue Informationen über die NWA-"Titelwechsel" von 1984 zwischen Ric Flair und Harley Race in Neuseeland und Singapur entdeckt und scheinbar ihre fälschlich angenommenen zusätzlichen Titelregentschaften aus der Geschichte des NWA World Heavyweight-Titels entfernen können. Das heißt, dass es noch immer Sinn macht, nach alten Zeitungsartikeln, Ergebnissen und anderen historische Quellen zu suchen. Gibt es weitere historische Informationen, nach denen Du vielleicht schon seit Jahren in dem Wissen suchst, dass sie da draußen sein müssen, so eine Art persönlicher Heiliger Gral?
Libnan Ayoub:
Als Historiker ist es für mich sehr wichtig, korrekte Informationen zu dokumentieren oder neue Informationen aufzudecken. Man muss sich darüber bewusst sein, dass, wenn etwas geschrieben wurde, es manchmal nicht notwendigerweise korrekt sein muss. Alte Zeitungsartikel zu durchsuchen ist ein Weg, die falschen von den richtigen Informationen zu unterscheiden.
Ich suche noch immer nach einem Kontakt in Indien und Pakistan, da es dort viele wichtige Kämpfe gab, die nicht dokumentiert wurden. Mein Vater, King Kong, Dara Singh, Gama und die Bholu-Brüder waren alle dort aktiv.