17.07.2015, 00:35
[lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] – Zum 115. Geburtstag
* 18.07.1900 Prag-Karlin
+ 14.03.1942 Dachau
Der frühere tschechische Ringer und Gewichtheber [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] war weder ein World Champion noch ein Topstar des Berufsringkampfes in Europa. Aber er verkörperte knapp zwei Jahrzehnte lang den tschechischen Kraftsport vom erfolgreichen Gewichtheber bis hin zum Profiringer, der sich für andere „hinlegte“ und dabei selbst auf die große Karriere im Ring verzichtete. Physisch zählte Fischer zu den Stärksten seiner Nation, auf der Ringmatte ließ er anderen den Vortritt, um diese als Sieger bestens dastehen zu lassen. Sich einzufügen in das Milieu Berufsringkampf war für ihn Mitte der 1920er Jahre eine neue Erfahrung gewesen. Als „Mitläufer“ zu fungieren, aber dabei auch zahlreiche Bekanntschaften zu schließen, um so die Welt bereisen zu können. Am Ende war „Franz Fischer“, wie man ihn meistens ankündigte, weit in der Welt herumgekommen. Viele Tourneen durch Europa sowie Auftritte in Nord- und Südamerika u.a. mit Gustav Fristensky, dem damals einflussreichsten Berufsringer seiner Heimat. Die Karriere von Fischer spiegelt einen Teil des tschechischen Ringkampfes wieder, der in seiner Geschichte heute größtenteils vergessen ist. Auch in der ehemaligen CSSR wurden damals Turniere mit [lexicon]Stars[/lexicon] wie Georg Lurich, Jakob Koch oder Jess Pedersen veranstaltet. Seine Hochzeit hatte der Ringkampf in Tschechien vor dem Ersten Weltkrieg und später dann in den 1920er und 30er Jahren. Die stärksten Impulse, die die Szene in Prag und Brünn später aufleben lassen sollten, kamen dabei aus Wien. Österreichs Hauptstadt hatte sich im späten 19. Jahrhundert zur Hochburg des Kraftsports, Gewichthebens und Ringens entwickelt. Mit Namen wie Georg Jagendorfer, Karl Swoboda, Wilhelm Türk oder Josef Grafl wurde sie zur „Stadt der starken Männer“, die ganz Mitteleuropa beeinflusste. Aus Westeuropa kommend starteten im Jahr 1900 in Wien die großen Ringkampf-Konkurrenzen (Turniere), die Amateurringer der Wiener Athleten-Clubs gehörten zur Elite, die „Allgemeine Sportzeitung Wien“ von Viktor Silberer war die bedeutendste Zeitung im europäischen Kraftsport. Das Vorbild der ersten Athleten Clubs in Wien beeinflusste auch deren Gründung in Prag und Brünn im ausgehenden 19. Jahrhundert. Amateurringer wie Gustav Fristensky oder Josef Smejkal trieben den Professionalismus in Tschechien maßgeblich voran. Ein entscheidender Schritt war dabei die „Meisterschaft von Böhmen“ 1902 in Prag. Die Direktion vom dortigen Tichy Varieté veranstaltete unter dem Management von Ewald Lomberg eines der ersten professionellen Ringkampf-Turniere in Tschechien bei dem Fristensky, Smejkal, Heinrich Eberle und Georg Lurich auftraten. Bereits im Vorjahr hatte Lomberg an der Organisation von Turnieren mitgewirkt. Bald bildeten sich um Topstars wie Koch oder Lurich Truppen aus Ringern, die durch ganz Europa zogen. Fristensky und Smejkal stiegen in diesem Zeitraum in den Berufsringkampf ein. Ihnen sollte eine Vielzahl von anderen Ringern folgen. Der Name Fristensky spielte vor allem im Raum Brünn eine wichtige Rolle. Gustav hatte noch drei weitere Brüder, die allesamt als Berufsringer auftraten: Frantisek, Josef und Karel Fristensky. Die Amateurszene prägten die Brünner Athleten-Clubs „Türk“ und „Heros“. Hier begann auch die Karriere des gebürtigen Pragers [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon], dessen Geburtstag sich am 18. Juli 2015 zum 115. Mal jährt.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 3.jpg]
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 2.jpg]
Trotzdem Frantisek nur 41 Jahre alt werden sollte, hatte er ein sehr bewegtes Leben hinter sich. Der frühe Tod des Vaters gefolgt von der Einberufung zum Kriegsdienst mit erst 17 Jahren. Im August 1918 geriet er in Kriegsgefangenschaft in der Provinz Padova. [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] war ein erfolgreicher Gewichtheber und Amateurringer des 1894 gegründeten Brünner Athleten-Clubs „Türk“, benannt nach Weltmeister (Gewichtheben) Wilhelm Türk aus Österreich. Viele der damaligen Athleten-Clubs trugen die Namen berühmter Kraftsportler aus dem Gewichtheben und Ringkampf. Zwei Disziplinen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Schwerathletik dominierten. Als mehrfacher Meister seiner tschechisch-slowakischen Heimat machte sich Fischer ab Anfang der 1920er einen Namen als Kraftsportler, der dazu noch beide Disziplinen gut beherrschte. Im September 1921 veranstaltete der Athleten-Club „Türk“ die Verbandsmeisterschaft (Gewichtheben / Ringen) von Mähren und Schlesien. Dort gewinnt Frantisek die silberne Medaille im Gewichtheben der Disziplin 120 und 130kg zur Hochstrecke. 1922 gewinnt er das Championat der Tschechoslowakei im Stemmen und Ringen der Schwergewichtsklasse in Brünn. Im Juli des gleichen Jahres wird er Meister von Böhmen und Schlesien im Gewichtheben. Das Jahr 1924 wird für ihn das Erfolgreichste seiner Amateurlaufbahn werden: er qualifiziert sich als Gewichtheber für die Olympischen Spiele in Paris und gewinnt als Amateurringer die „Mitteleuropameisterschaft“ im böhmischen Friedland (heute Frýdlant v echách). Zwar verließ er Paris ohne große Medaillen, aber umso bedeutender waren seine Erfolge für den Athleten-Club „Türk“ mittlerweile geworden. Bei dessen 30-jährigen Gründungsfest am 14. September 1924 in Brünn erzielte Frantisek folgende Leistungen: einarmig Reißen 90kg, zweiarmig Stoßen 130kg. Der Amateurringkampf gegen seinen Vereinskollegen Rohacek („Türk“) endete nach 10 Minuten unentschieden. Mitte der 1920er Jahre schien das Interesse am Amateursport für ihn weniger zu werden. Frantisek schloss sich im Raum Brünn den Berufsringern an und betrat erstmals eine Szene, die gänzlich unterschiedlicher war als das, was er bisher als Kraftsportler erlebt hatte. Hier spielte man nach anderen Regeln als man sie vom Amateurlager her kannte. Im Mai 1927 war er Teilnehmer einer Ringkampf-Konkurrenz im Brünner Stadion. Mit dabei auch einige Berufsringer mit denen Frantisek oft auf Tournee ging: Fristensky, Leo Pinetzki, Gustav Budrus und Peter Kopp. Einen engeren Kontakt pflegte er zu den Berufsringern Georg Pröller, Gustav Motyka und Franz Kawan, mit denen er über Jahre hinweg Tourneen unternahm. Die große Reise durch Europa begann für Frantisek Ende der 1920er Jahre. Hier nun ein kleiner Auszug seiner Tourneen: Genf 1928, Tallinn 1929 & 30, München 1929, Hamburg 1930 & 33, Basel und Zürich 1933, Göteborg 1933, Merano (Italien) 1934, Bukarest 1934, Istanbul 1934 und etliche andere Ort in Europa. 1934 erreichte Frantisek den vierten Platz in Graz. Über große Meisterschaften konnte er sich im Lager der Professionals zwar nicht freuen, dennoch fügte er sich gut in diese Szene ein, was für ihn zahlreiche Auftritte bedeutete. Seine letzten Kämpfe bestritt Frantisek im Jahr 1939. Das seine Karriere nicht vollständig in Vergessenheit geraten ist, dafür sorgt seine Enkelin Eva Baranova. Sie hat zahlreiche Dokumente, Medaillen und Fotos archiviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So bleibt ein Stück des tschechisch-slowakischen Ringkampfes historisch für die Nachwelt erhalten. Ihr Großvater, den sie nie persönlich kennengelernt hat, wird ein Opfer des Zweiten Weltkrieges. [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] stirbt am 14. März 1942 im Konzentrationslager Dachau.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 1.jpg]
[Fotos Copyright: Eva Baranova]
* 18.07.1900 Prag-Karlin
+ 14.03.1942 Dachau
Der frühere tschechische Ringer und Gewichtheber [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] war weder ein World Champion noch ein Topstar des Berufsringkampfes in Europa. Aber er verkörperte knapp zwei Jahrzehnte lang den tschechischen Kraftsport vom erfolgreichen Gewichtheber bis hin zum Profiringer, der sich für andere „hinlegte“ und dabei selbst auf die große Karriere im Ring verzichtete. Physisch zählte Fischer zu den Stärksten seiner Nation, auf der Ringmatte ließ er anderen den Vortritt, um diese als Sieger bestens dastehen zu lassen. Sich einzufügen in das Milieu Berufsringkampf war für ihn Mitte der 1920er Jahre eine neue Erfahrung gewesen. Als „Mitläufer“ zu fungieren, aber dabei auch zahlreiche Bekanntschaften zu schließen, um so die Welt bereisen zu können. Am Ende war „Franz Fischer“, wie man ihn meistens ankündigte, weit in der Welt herumgekommen. Viele Tourneen durch Europa sowie Auftritte in Nord- und Südamerika u.a. mit Gustav Fristensky, dem damals einflussreichsten Berufsringer seiner Heimat. Die Karriere von Fischer spiegelt einen Teil des tschechischen Ringkampfes wieder, der in seiner Geschichte heute größtenteils vergessen ist. Auch in der ehemaligen CSSR wurden damals Turniere mit [lexicon]Stars[/lexicon] wie Georg Lurich, Jakob Koch oder Jess Pedersen veranstaltet. Seine Hochzeit hatte der Ringkampf in Tschechien vor dem Ersten Weltkrieg und später dann in den 1920er und 30er Jahren. Die stärksten Impulse, die die Szene in Prag und Brünn später aufleben lassen sollten, kamen dabei aus Wien. Österreichs Hauptstadt hatte sich im späten 19. Jahrhundert zur Hochburg des Kraftsports, Gewichthebens und Ringens entwickelt. Mit Namen wie Georg Jagendorfer, Karl Swoboda, Wilhelm Türk oder Josef Grafl wurde sie zur „Stadt der starken Männer“, die ganz Mitteleuropa beeinflusste. Aus Westeuropa kommend starteten im Jahr 1900 in Wien die großen Ringkampf-Konkurrenzen (Turniere), die Amateurringer der Wiener Athleten-Clubs gehörten zur Elite, die „Allgemeine Sportzeitung Wien“ von Viktor Silberer war die bedeutendste Zeitung im europäischen Kraftsport. Das Vorbild der ersten Athleten Clubs in Wien beeinflusste auch deren Gründung in Prag und Brünn im ausgehenden 19. Jahrhundert. Amateurringer wie Gustav Fristensky oder Josef Smejkal trieben den Professionalismus in Tschechien maßgeblich voran. Ein entscheidender Schritt war dabei die „Meisterschaft von Böhmen“ 1902 in Prag. Die Direktion vom dortigen Tichy Varieté veranstaltete unter dem Management von Ewald Lomberg eines der ersten professionellen Ringkampf-Turniere in Tschechien bei dem Fristensky, Smejkal, Heinrich Eberle und Georg Lurich auftraten. Bereits im Vorjahr hatte Lomberg an der Organisation von Turnieren mitgewirkt. Bald bildeten sich um Topstars wie Koch oder Lurich Truppen aus Ringern, die durch ganz Europa zogen. Fristensky und Smejkal stiegen in diesem Zeitraum in den Berufsringkampf ein. Ihnen sollte eine Vielzahl von anderen Ringern folgen. Der Name Fristensky spielte vor allem im Raum Brünn eine wichtige Rolle. Gustav hatte noch drei weitere Brüder, die allesamt als Berufsringer auftraten: Frantisek, Josef und Karel Fristensky. Die Amateurszene prägten die Brünner Athleten-Clubs „Türk“ und „Heros“. Hier begann auch die Karriere des gebürtigen Pragers [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon], dessen Geburtstag sich am 18. Juli 2015 zum 115. Mal jährt.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 3.jpg]
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 2.jpg]
Trotzdem Frantisek nur 41 Jahre alt werden sollte, hatte er ein sehr bewegtes Leben hinter sich. Der frühe Tod des Vaters gefolgt von der Einberufung zum Kriegsdienst mit erst 17 Jahren. Im August 1918 geriet er in Kriegsgefangenschaft in der Provinz Padova. [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] war ein erfolgreicher Gewichtheber und Amateurringer des 1894 gegründeten Brünner Athleten-Clubs „Türk“, benannt nach Weltmeister (Gewichtheben) Wilhelm Türk aus Österreich. Viele der damaligen Athleten-Clubs trugen die Namen berühmter Kraftsportler aus dem Gewichtheben und Ringkampf. Zwei Disziplinen, die Anfang des 20. Jahrhunderts die Schwerathletik dominierten. Als mehrfacher Meister seiner tschechisch-slowakischen Heimat machte sich Fischer ab Anfang der 1920er einen Namen als Kraftsportler, der dazu noch beide Disziplinen gut beherrschte. Im September 1921 veranstaltete der Athleten-Club „Türk“ die Verbandsmeisterschaft (Gewichtheben / Ringen) von Mähren und Schlesien. Dort gewinnt Frantisek die silberne Medaille im Gewichtheben der Disziplin 120 und 130kg zur Hochstrecke. 1922 gewinnt er das Championat der Tschechoslowakei im Stemmen und Ringen der Schwergewichtsklasse in Brünn. Im Juli des gleichen Jahres wird er Meister von Böhmen und Schlesien im Gewichtheben. Das Jahr 1924 wird für ihn das Erfolgreichste seiner Amateurlaufbahn werden: er qualifiziert sich als Gewichtheber für die Olympischen Spiele in Paris und gewinnt als Amateurringer die „Mitteleuropameisterschaft“ im böhmischen Friedland (heute Frýdlant v echách). Zwar verließ er Paris ohne große Medaillen, aber umso bedeutender waren seine Erfolge für den Athleten-Club „Türk“ mittlerweile geworden. Bei dessen 30-jährigen Gründungsfest am 14. September 1924 in Brünn erzielte Frantisek folgende Leistungen: einarmig Reißen 90kg, zweiarmig Stoßen 130kg. Der Amateurringkampf gegen seinen Vereinskollegen Rohacek („Türk“) endete nach 10 Minuten unentschieden. Mitte der 1920er Jahre schien das Interesse am Amateursport für ihn weniger zu werden. Frantisek schloss sich im Raum Brünn den Berufsringern an und betrat erstmals eine Szene, die gänzlich unterschiedlicher war als das, was er bisher als Kraftsportler erlebt hatte. Hier spielte man nach anderen Regeln als man sie vom Amateurlager her kannte. Im Mai 1927 war er Teilnehmer einer Ringkampf-Konkurrenz im Brünner Stadion. Mit dabei auch einige Berufsringer mit denen Frantisek oft auf Tournee ging: Fristensky, Leo Pinetzki, Gustav Budrus und Peter Kopp. Einen engeren Kontakt pflegte er zu den Berufsringern Georg Pröller, Gustav Motyka und Franz Kawan, mit denen er über Jahre hinweg Tourneen unternahm. Die große Reise durch Europa begann für Frantisek Ende der 1920er Jahre. Hier nun ein kleiner Auszug seiner Tourneen: Genf 1928, Tallinn 1929 & 30, München 1929, Hamburg 1930 & 33, Basel und Zürich 1933, Göteborg 1933, Merano (Italien) 1934, Bukarest 1934, Istanbul 1934 und etliche andere Ort in Europa. 1934 erreichte Frantisek den vierten Platz in Graz. Über große Meisterschaften konnte er sich im Lager der Professionals zwar nicht freuen, dennoch fügte er sich gut in diese Szene ein, was für ihn zahlreiche Auftritte bedeutete. Seine letzten Kämpfe bestritt Frantisek im Jahr 1939. Das seine Karriere nicht vollständig in Vergessenheit geraten ist, dafür sorgt seine Enkelin Eva Baranova. Sie hat zahlreiche Dokumente, Medaillen und Fotos archiviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So bleibt ein Stück des tschechisch-slowakischen Ringkampfes historisch für die Nachwelt erhalten. Ihr Großvater, den sie nie persönlich kennengelernt hat, wird ein Opfer des Zweiten Weltkrieges. [lexicon]Frantisek Fischer[/lexicon] stirbt am 14. März 1942 im Konzentrationslager Dachau.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Frantisek Fischer 1.jpg]
[Fotos Copyright: Eva Baranova]