08.07.2004, 00:46
So hier mal ein Thread dafür und eine Erläuterung von der seite enctype.de
Das griechische exorkizein bedeutet "etwas herausbeschwören". Ziel des Exorzismus ist es, einer Person, die von Dämonen besessen sein soll, diese Teufel auszutreiben. Als Anzeichen für Besessenheit gelten: Aggressivität, Halluzinationen, Verhaltensstörungen, Krämpfe und Aversionen gegen sakrale Gegenstände.
In seiner kürzesten christlichen Form lautet die Formel des Exorzismus: "Ich gebiete dir, unreiner Geist, als Diener der Kirche in der Kraft des gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus, weiche!" Der auch heute in der katholischen Kirche geltende Exorzismus geht auf das "Rituale Romanum" aus dem Jahr 1614 von Papst Paul V. zurück.
Darin wird die Folge von Gebeten, Bibelversen und Beschwörungen sowie das Erkennen und Verhören der Dämonen geregelt. Der Exorzist soll den Dämonen das Dasein in der besessenen Person derart vergällen, dass sie aufgeben und "ausfahren". Zulässige Hilfsmittel: Kruzifix, Rosenkranz, Weihwasser und andere geweihte Gegenstände.
Der Exorzist soll experimentieren, was dem Dämon besonders zuwider ist. Körperliche Gewalt ist nicht erlaubt, kommt aber besonders bei Laienexorzismen vor. 1999 aktualisierte der Vatikan in "De Exorcismis" die bisherigen Regeln zur Teufelsaustreibung. Demnach müssen vor der bischöflich genehmigten Dämonenjagd alle Möglichkeiten medizinischer Heilung ausgeschöpft sein.
Christliche Exorzisten und ihre Befürworter berufen sich auf ein Jesuszitat in der Bibel: "Treibt böse Geister aus" (Matthäus 10,8; Markus 16,17). Kritische Christen sehen darin keinen Freibrief für die Geisterjagd, sondern die Mahnung, die Menschheit von jeglicher Unterdrückung (etwa durch Aberglauben und Intoleranz) zu befreien.
Nachdem der "Fall Klingenberg" weltweit Aufsehen erregte, forderten Theologen den Vatikan vergeblich auf, dem "Teufelsglauben" abzuschwören. 1982 führte Papst Johannes Paul II. persönlich einen Exorzismus durch. 1983 beschloss die anglikanische Staatskirche, dass ihren 43 Diözesen je ein Exorzist zugeordnet wird. 1992 richtete die Italienische Bischofskonferenz eine Kommission zur Ausbildung von Exorzisten ein. Im April 2002 trat der Mainzer Weihbischof Eisenbach zurück. Eine Professorin hatte ihn wegen Körperverletzung im Zuge eines Exorzismus angeklagt.
Bis heute sind hunderte Exorzisten im Auftrag der katholischen Kirche unterwegs.
Vom "Wirken Satans und dämonischer Mächte" ist der Vatikan weiterhin überzeugt.
Auch in islamischen Ländern gibt es Teufelsaustreibungen, die Exorzisten berufen sich auf den Koran und verweisen auf die darin beschriebenen "Dschinns". Jährlich finden weltweit tausende sowohl von Religionsgemeinschaften genehmigte als auch "wilde Exorzismen" statt.
Oft sind neurologisch oder psychisch kranke Kinder Opfer solcher Riten.
Noch heutzutage werden Menschen mit Spasmen, Epilepsien, Tourette-Syndrom, Psychosen, aber auch Blinde und Taube dämonisiert, misshandelt oder getötet.
"Unreiner Geist, weiche!"
Vor 25 Jahren endete der "Aschaffenburger Exorzistenprozess" gegen zwei Geistliche und die Eltern des Opfers wegen fahrlässiger Tötung. Die katholische Kirche beschäftigt noch heute hunderte Exorzisten
Als Oberstaatsanwalt Karl Stenger den Telefonhörer auflegt, schüttelt er den Kopf. Dann überlegt er, ob er gerade Opfer eines Scherzes seiner Kollegen geworden ist. Exorzismus? Vor einer Stunde war das für ihn ein Fremdwort. Dämonen? An diesem Nachmittag des 1. Juli 1976 ahnt er nicht, dass er bald Hauptankläger im "Fall Klingenberg" sein wird, einem der obskursten Strafprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik. Über den Inhalt des bizarren Anrufs macht sich Staatsanwalt Stenger schließlich Notizen: Ein Pfarrer Alt habe ihn angerufen und behauptet, er habe einen so genannten Exorzismus an einem in Klingenberg am Main wohnhaften Mädchen praktiziert. Auf Nachfrage erklärt der Pfarrer, dass es sich beim Exorzismus um eine "Teufelsaustreibung" handelt und dass das besagte Mädchen gerade verstorben sei.
"In Deutschland ist der Teufel los!", titelt in den Folgetagen eine Zeitung und beschreibt dadurch die Anteilnahme, die der Tod der Anneliese Michel weltweit auslöst. Kurze Zeit vorher, Ende 1974, war der US-Horrorfilm "Der Exorzist" von William Friedkin auch in deutschen Kinos angelaufen. Er schildert das Leiden einer Zwölfjährigen, die nach Krampfanfällen zunehmend aggressiv auf ihre Umwelt reagiert. Sie verändert ihre Persönlichkeit, verletzt sich und andere, stößt Obszönitäten aus und spricht in fremden Sprachen. Von der satanischen Besessenheit des Mädchens überzeugt, versucht ein Jesuitenpater in exorzistischen Sitzungen, ihm den Teufel auszutreiben.
Der Film suggeriert: Das Böse existiert. Zum Beispiel in Form eines Dämons, von dem die Leidende besessen sein soll. In Deutschland löst der "gruseligste Film aller Zeiten" eine Welle abergläubischer Hysterie aus. Psychiater berichten in dieser Zeit vermehrt von durch den Film hervorgerufenen Zwangsvorstellungen ihrer Patienten. Das Zeitalter der Aufklärung ist auf eine harte Probe gestellt.
Entsprechend laut ist der Aufschrei, als im Juli 1976 die Umstände bekannt werden, unter denen die damals 23-jährige Pädagogikstudentin Anneliese Michel starb. Parallelen zum Film drängen sich auf. Auch für die Ermittler scheint die Sachlage derart bizarr, dass es noch fast zwei Jahre dauert, bis der "Fall Klingenberg" vor Gericht verhandelt werden kann. Angeklagt sind die Eltern des Opfers sowie Pfarrer Ernst Alt und Pater Arnold Renz. Der Tatvorwurf: fahrlässige Tötung. Die Hauptfrage: Was hat den Tod der Anneliese Michel verursacht?
Das griechische exorkizein bedeutet "etwas herausbeschwören". Ziel des Exorzismus ist es, einer Person, die von Dämonen besessen sein soll, diese Teufel auszutreiben. Als Anzeichen für Besessenheit gelten: Aggressivität, Halluzinationen, Verhaltensstörungen, Krämpfe und Aversionen gegen sakrale Gegenstände.
In seiner kürzesten christlichen Form lautet die Formel des Exorzismus: "Ich gebiete dir, unreiner Geist, als Diener der Kirche in der Kraft des gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus, weiche!" Der auch heute in der katholischen Kirche geltende Exorzismus geht auf das "Rituale Romanum" aus dem Jahr 1614 von Papst Paul V. zurück.
Darin wird die Folge von Gebeten, Bibelversen und Beschwörungen sowie das Erkennen und Verhören der Dämonen geregelt. Der Exorzist soll den Dämonen das Dasein in der besessenen Person derart vergällen, dass sie aufgeben und "ausfahren". Zulässige Hilfsmittel: Kruzifix, Rosenkranz, Weihwasser und andere geweihte Gegenstände.
Der Exorzist soll experimentieren, was dem Dämon besonders zuwider ist. Körperliche Gewalt ist nicht erlaubt, kommt aber besonders bei Laienexorzismen vor. 1999 aktualisierte der Vatikan in "De Exorcismis" die bisherigen Regeln zur Teufelsaustreibung. Demnach müssen vor der bischöflich genehmigten Dämonenjagd alle Möglichkeiten medizinischer Heilung ausgeschöpft sein.
Christliche Exorzisten und ihre Befürworter berufen sich auf ein Jesuszitat in der Bibel: "Treibt böse Geister aus" (Matthäus 10,8; Markus 16,17). Kritische Christen sehen darin keinen Freibrief für die Geisterjagd, sondern die Mahnung, die Menschheit von jeglicher Unterdrückung (etwa durch Aberglauben und Intoleranz) zu befreien.
Nachdem der "Fall Klingenberg" weltweit Aufsehen erregte, forderten Theologen den Vatikan vergeblich auf, dem "Teufelsglauben" abzuschwören. 1982 führte Papst Johannes Paul II. persönlich einen Exorzismus durch. 1983 beschloss die anglikanische Staatskirche, dass ihren 43 Diözesen je ein Exorzist zugeordnet wird. 1992 richtete die Italienische Bischofskonferenz eine Kommission zur Ausbildung von Exorzisten ein. Im April 2002 trat der Mainzer Weihbischof Eisenbach zurück. Eine Professorin hatte ihn wegen Körperverletzung im Zuge eines Exorzismus angeklagt.
Bis heute sind hunderte Exorzisten im Auftrag der katholischen Kirche unterwegs.
Vom "Wirken Satans und dämonischer Mächte" ist der Vatikan weiterhin überzeugt.
Auch in islamischen Ländern gibt es Teufelsaustreibungen, die Exorzisten berufen sich auf den Koran und verweisen auf die darin beschriebenen "Dschinns". Jährlich finden weltweit tausende sowohl von Religionsgemeinschaften genehmigte als auch "wilde Exorzismen" statt.
Oft sind neurologisch oder psychisch kranke Kinder Opfer solcher Riten.
Noch heutzutage werden Menschen mit Spasmen, Epilepsien, Tourette-Syndrom, Psychosen, aber auch Blinde und Taube dämonisiert, misshandelt oder getötet.
"Unreiner Geist, weiche!"
Vor 25 Jahren endete der "Aschaffenburger Exorzistenprozess" gegen zwei Geistliche und die Eltern des Opfers wegen fahrlässiger Tötung. Die katholische Kirche beschäftigt noch heute hunderte Exorzisten
Als Oberstaatsanwalt Karl Stenger den Telefonhörer auflegt, schüttelt er den Kopf. Dann überlegt er, ob er gerade Opfer eines Scherzes seiner Kollegen geworden ist. Exorzismus? Vor einer Stunde war das für ihn ein Fremdwort. Dämonen? An diesem Nachmittag des 1. Juli 1976 ahnt er nicht, dass er bald Hauptankläger im "Fall Klingenberg" sein wird, einem der obskursten Strafprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik. Über den Inhalt des bizarren Anrufs macht sich Staatsanwalt Stenger schließlich Notizen: Ein Pfarrer Alt habe ihn angerufen und behauptet, er habe einen so genannten Exorzismus an einem in Klingenberg am Main wohnhaften Mädchen praktiziert. Auf Nachfrage erklärt der Pfarrer, dass es sich beim Exorzismus um eine "Teufelsaustreibung" handelt und dass das besagte Mädchen gerade verstorben sei.
"In Deutschland ist der Teufel los!", titelt in den Folgetagen eine Zeitung und beschreibt dadurch die Anteilnahme, die der Tod der Anneliese Michel weltweit auslöst. Kurze Zeit vorher, Ende 1974, war der US-Horrorfilm "Der Exorzist" von William Friedkin auch in deutschen Kinos angelaufen. Er schildert das Leiden einer Zwölfjährigen, die nach Krampfanfällen zunehmend aggressiv auf ihre Umwelt reagiert. Sie verändert ihre Persönlichkeit, verletzt sich und andere, stößt Obszönitäten aus und spricht in fremden Sprachen. Von der satanischen Besessenheit des Mädchens überzeugt, versucht ein Jesuitenpater in exorzistischen Sitzungen, ihm den Teufel auszutreiben.
Der Film suggeriert: Das Böse existiert. Zum Beispiel in Form eines Dämons, von dem die Leidende besessen sein soll. In Deutschland löst der "gruseligste Film aller Zeiten" eine Welle abergläubischer Hysterie aus. Psychiater berichten in dieser Zeit vermehrt von durch den Film hervorgerufenen Zwangsvorstellungen ihrer Patienten. Das Zeitalter der Aufklärung ist auf eine harte Probe gestellt.
Entsprechend laut ist der Aufschrei, als im Juli 1976 die Umstände bekannt werden, unter denen die damals 23-jährige Pädagogikstudentin Anneliese Michel starb. Parallelen zum Film drängen sich auf. Auch für die Ermittler scheint die Sachlage derart bizarr, dass es noch fast zwei Jahre dauert, bis der "Fall Klingenberg" vor Gericht verhandelt werden kann. Angeklagt sind die Eltern des Opfers sowie Pfarrer Ernst Alt und Pater Arnold Renz. Der Tatvorwurf: fahrlässige Tötung. Die Hauptfrage: Was hat den Tod der Anneliese Michel verursacht?