18.07.2004, 13:28
Football-Star unter Mord-Verdacht: Vor zehn Jahren bewegte die Flucht des O.J. Simpson die USA
WASHINGTON, 16. Juni. Es war eine Verfolgungs-Jagd, die in die Geschichte einging. Am 17. Juni 1994 fuhr ein weißer Bronco mit rund 60 Meilen in der Stunde über einen Highway in Süd-Kalifornien, und die Nation sah zu. Polizeiwagen verfolgten den Wagen auf der Straße, Helikopter kreisten in der Luft über dem Auto, und Fans standen am Straßenrand und feuerten einen der beliebtesten Football-Spieler der USA an, als er versuchte zu fliehen. O.J. Simpson stand unter dem Verdacht, wenige Tage zuvor seine Ex-Frau und ihren Freund ermordet zu haben. Die Verfolgungsjagd vom 17. Juni 1994 gewann die Polizei. Doch vor Gericht errang Simpson später einen Freispruch, der bis heute höchst umstritten ist. Zehn Jahre nach dem O.J. Simpson-Fall wundern sich viele Amerikaner noch immer, ob da ein Mörder seiner gerechten Strafe entgangen ist?
Ein Hund heulte
Die Tat an sich geschah in der Nacht vom 12. Juni 1994. Erst hörten die Nachbarn einen Hund heulen, dann Polizeisirenen und wenig später die Nachricht von dem bestialischen Tod: Nicole Simpson und ein junger Mann wurden vor ihrer Eigentumswohnung ermordet. Die Ex-Frau des ehemaligen Football-[lexicon]Stars[/lexicon] und der 25-jährige Mann lagen in den Pfützen ihres eigenen Bluts. Der Mörder war so brutal gegen die Frau vorgegangen, dass er mit einem Messer offenbar ihren Kopf fast ganz von dem Hals abgetrennt hatte. Die Kinder, so hieß es im Polizeibericht, schliefen unterdessen in der Wohnung.
Der Prozess gegen O.J. Simpson wurde zu einem Spektakel, wie es die USA noch nicht gesehen hatten. Erstmals in der amerikanischen Justiz-Geschichte wurden in einem Gerichtssaal Kameras zugelassen. Das Verfahren, so entschied der damalige Richter Lance Ito, habe einen derart hohen Informationswert für die Nation, dass die Fernsehübertragung durchaus gerechtfertigt sei. Aus heutiger Sicht würde dem vermutlich niemand mehr zustimmen. Aus dem Verfahren wurde eine Farce, ein Kriminalstück, das heute im besten Falle noch als Vorbild für die Richtersendungen im US-Fernsehen gilt. Selten erlebte ein Gericht eine derart massive Anzahl von Misstrauensanträgen gegen Richter, Jury und Zeugen. Es war von Rassismus die Rede und von Beweismanipulation.Und am Ende konnte die Jury nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass O.J. Simpson, der seine Frau bekanntlich häufig misshandelt und geschlagen hatte, auch für ihren Tod verantwortlich war und entschied: Im Zweifel für den Angeklagten.
Unter farbigen Amerikanern wurde das Urteil mit Jubel aufgenommen. Endlich, so sagten diese, sei ein schwarzer Mann, der beschuldigt wurde, eine weiße Frau getötet zu haben, freigesprochen worden. Für sie war es ein Moment der Emanzipation. Doch die Angehörigen der Opfer und viele Amerikaner, die Simpson für schuldig hielten, waren entsetzt und sind es bis heute. Obwohl Simpson in einem Zivilverfahren für den Tod von Nicole Simpson und Ronald Goldman schuldig gesprochen und zu einer Schadenersatzzahlung von mehreren Millionen Dollar verklagt wurde, fühlen die Familien noch keine Genugtuung. Zum einen ist Simpson einem Teil der Zahlung aus dem Weg gegangen, in dem er von Kalifornien nach Florida umzog. Zum anderen meinen die Agehörigen, dass ein Mörder frei herumlaufe. "Man kann diese Person nicht noch einmal verklagen", sagte Denise Brown, Nicoles Schwester. Doch für sie ist auch, zehn Jahre nach der Tat, klar: "Er ist böse. Ich glaube, er ist der leibhaftige Teufel, der auf der Erde spazieren geht." Auch der stellvertretende Staatsanwalt William Hodgman, der damals die Beweisführung koordinierte, meint heute noch: "Das war ein klares Fehlurteil."
Simpson selbst zeigt zum zehnten Jahrestag des Mordes keinen Sinneswandel. Sein Haar ist zwar ein wenig grauer geworden, sein Körperumfang etwas fülliger, doch seine Überzeugung ist geblieben: "Ich bin unschuldig", sagte der ehemalige Football-Star in einem von mehreren Interviews, die er amerikanischen Fernsehsendern in diesen Tagen gab. Simpsons Version zufolge wurden Nicole und Ron Goldman von "Kriminellen" umgebracht, mit denen sich seine Frau kurz vor ihrem Tod eingelassen habe. Er frage sich manchmal, so sagt der 56-jährige Simpson, wie seine Beziehung zu Nicole heute wäre, wenn sie noch leben würde. Manchmal, so gestand er auch ein, sei er sogar wütend auf seine verstorbene Frau, weil sie ihn mit der Kindererziehung alleine gelassen habe. Simpson hat das Sorgerecht für die mittlerweile 18-jährige Tochter Sydney und den 15-jährigen Justin. Mit den Kindern, so versicherte er der Öffentlichkeit, spreche er nicht über den Tod der Mutter. Im Gegenteil. Sie glaubten von selbst an seine Unschuld.
Vorverurteilung durch die Medien
Die Rolle des Schuldigen hätten ihm die Medien verliehen, weil sie so intensiv über den Fall berichtet und ihn seit der Verfolgungsjagd vorverurteilt hatten. Dasselbe, so klagte Simpson, geschehe heute mit anderen Schwarzen, wie dem Popstar Michael Jackson, dem Kindesmissbrauch vorgeworfen wird, und dem Basketballer Kobe Bryan, der sich wegen Vergewaltigung verantworten muss. Er selbst habe zehn Jahre nach dem Tod seiner Frau mit dem Fall Simpson abgeschlossen. Seine anfängliche Suche nach dem "wahren Mörder" musste er aus finanziellen Gründen abbrechen, sagte Simpson. Allerdings habe er mit seinen Kindern auf den Geburtstag ihrer Mutter angestoßen. Nicole Simpson wäre in diesem Jahr 45 Jahre alt geworden.
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In der Blutpfütze // In der Nacht vom 12. Juni 1994 wurden Nicole Simpson, die Ex-Frau des ehemaligen Football-[lexicon]Stars[/lexicon] O.J. Simpson, und ihr 25-jähriger Freund Ronald Goldman vor ihrer Eigentumswohnung brutal ermordet. Nicole Simpson und der junge Mann lagen in den Pfützen ihres eigenen Bluts.
Zum Spektakel geriet die Flucht von O.J. Simpson am 17. Juni 1994 auf einem kalifornischen Highway. Er wurde von Polizeiwagen verfolgt und von Hubschraubern, am Straßenrand standen Fans, der Rest der Nation saß vor den Fernsehern. Zum gigantischen Medienereignis wurde auch der Prozess.
©[Bild: http://www.berlinonline.de/.img/bo/logo.gif]
WASHINGTON, 16. Juni. Es war eine Verfolgungs-Jagd, die in die Geschichte einging. Am 17. Juni 1994 fuhr ein weißer Bronco mit rund 60 Meilen in der Stunde über einen Highway in Süd-Kalifornien, und die Nation sah zu. Polizeiwagen verfolgten den Wagen auf der Straße, Helikopter kreisten in der Luft über dem Auto, und Fans standen am Straßenrand und feuerten einen der beliebtesten Football-Spieler der USA an, als er versuchte zu fliehen. O.J. Simpson stand unter dem Verdacht, wenige Tage zuvor seine Ex-Frau und ihren Freund ermordet zu haben. Die Verfolgungsjagd vom 17. Juni 1994 gewann die Polizei. Doch vor Gericht errang Simpson später einen Freispruch, der bis heute höchst umstritten ist. Zehn Jahre nach dem O.J. Simpson-Fall wundern sich viele Amerikaner noch immer, ob da ein Mörder seiner gerechten Strafe entgangen ist?
Ein Hund heulte
Die Tat an sich geschah in der Nacht vom 12. Juni 1994. Erst hörten die Nachbarn einen Hund heulen, dann Polizeisirenen und wenig später die Nachricht von dem bestialischen Tod: Nicole Simpson und ein junger Mann wurden vor ihrer Eigentumswohnung ermordet. Die Ex-Frau des ehemaligen Football-[lexicon]Stars[/lexicon] und der 25-jährige Mann lagen in den Pfützen ihres eigenen Bluts. Der Mörder war so brutal gegen die Frau vorgegangen, dass er mit einem Messer offenbar ihren Kopf fast ganz von dem Hals abgetrennt hatte. Die Kinder, so hieß es im Polizeibericht, schliefen unterdessen in der Wohnung.
Der Prozess gegen O.J. Simpson wurde zu einem Spektakel, wie es die USA noch nicht gesehen hatten. Erstmals in der amerikanischen Justiz-Geschichte wurden in einem Gerichtssaal Kameras zugelassen. Das Verfahren, so entschied der damalige Richter Lance Ito, habe einen derart hohen Informationswert für die Nation, dass die Fernsehübertragung durchaus gerechtfertigt sei. Aus heutiger Sicht würde dem vermutlich niemand mehr zustimmen. Aus dem Verfahren wurde eine Farce, ein Kriminalstück, das heute im besten Falle noch als Vorbild für die Richtersendungen im US-Fernsehen gilt. Selten erlebte ein Gericht eine derart massive Anzahl von Misstrauensanträgen gegen Richter, Jury und Zeugen. Es war von Rassismus die Rede und von Beweismanipulation.Und am Ende konnte die Jury nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass O.J. Simpson, der seine Frau bekanntlich häufig misshandelt und geschlagen hatte, auch für ihren Tod verantwortlich war und entschied: Im Zweifel für den Angeklagten.
Unter farbigen Amerikanern wurde das Urteil mit Jubel aufgenommen. Endlich, so sagten diese, sei ein schwarzer Mann, der beschuldigt wurde, eine weiße Frau getötet zu haben, freigesprochen worden. Für sie war es ein Moment der Emanzipation. Doch die Angehörigen der Opfer und viele Amerikaner, die Simpson für schuldig hielten, waren entsetzt und sind es bis heute. Obwohl Simpson in einem Zivilverfahren für den Tod von Nicole Simpson und Ronald Goldman schuldig gesprochen und zu einer Schadenersatzzahlung von mehreren Millionen Dollar verklagt wurde, fühlen die Familien noch keine Genugtuung. Zum einen ist Simpson einem Teil der Zahlung aus dem Weg gegangen, in dem er von Kalifornien nach Florida umzog. Zum anderen meinen die Agehörigen, dass ein Mörder frei herumlaufe. "Man kann diese Person nicht noch einmal verklagen", sagte Denise Brown, Nicoles Schwester. Doch für sie ist auch, zehn Jahre nach der Tat, klar: "Er ist böse. Ich glaube, er ist der leibhaftige Teufel, der auf der Erde spazieren geht." Auch der stellvertretende Staatsanwalt William Hodgman, der damals die Beweisführung koordinierte, meint heute noch: "Das war ein klares Fehlurteil."
Simpson selbst zeigt zum zehnten Jahrestag des Mordes keinen Sinneswandel. Sein Haar ist zwar ein wenig grauer geworden, sein Körperumfang etwas fülliger, doch seine Überzeugung ist geblieben: "Ich bin unschuldig", sagte der ehemalige Football-Star in einem von mehreren Interviews, die er amerikanischen Fernsehsendern in diesen Tagen gab. Simpsons Version zufolge wurden Nicole und Ron Goldman von "Kriminellen" umgebracht, mit denen sich seine Frau kurz vor ihrem Tod eingelassen habe. Er frage sich manchmal, so sagt der 56-jährige Simpson, wie seine Beziehung zu Nicole heute wäre, wenn sie noch leben würde. Manchmal, so gestand er auch ein, sei er sogar wütend auf seine verstorbene Frau, weil sie ihn mit der Kindererziehung alleine gelassen habe. Simpson hat das Sorgerecht für die mittlerweile 18-jährige Tochter Sydney und den 15-jährigen Justin. Mit den Kindern, so versicherte er der Öffentlichkeit, spreche er nicht über den Tod der Mutter. Im Gegenteil. Sie glaubten von selbst an seine Unschuld.
Vorverurteilung durch die Medien
Die Rolle des Schuldigen hätten ihm die Medien verliehen, weil sie so intensiv über den Fall berichtet und ihn seit der Verfolgungsjagd vorverurteilt hatten. Dasselbe, so klagte Simpson, geschehe heute mit anderen Schwarzen, wie dem Popstar Michael Jackson, dem Kindesmissbrauch vorgeworfen wird, und dem Basketballer Kobe Bryan, der sich wegen Vergewaltigung verantworten muss. Er selbst habe zehn Jahre nach dem Tod seiner Frau mit dem Fall Simpson abgeschlossen. Seine anfängliche Suche nach dem "wahren Mörder" musste er aus finanziellen Gründen abbrechen, sagte Simpson. Allerdings habe er mit seinen Kindern auf den Geburtstag ihrer Mutter angestoßen. Nicole Simpson wäre in diesem Jahr 45 Jahre alt geworden.
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In der Blutpfütze // In der Nacht vom 12. Juni 1994 wurden Nicole Simpson, die Ex-Frau des ehemaligen Football-[lexicon]Stars[/lexicon] O.J. Simpson, und ihr 25-jähriger Freund Ronald Goldman vor ihrer Eigentumswohnung brutal ermordet. Nicole Simpson und der junge Mann lagen in den Pfützen ihres eigenen Bluts.
Zum Spektakel geriet die Flucht von O.J. Simpson am 17. Juni 1994 auf einem kalifornischen Highway. Er wurde von Polizeiwagen verfolgt und von Hubschraubern, am Straßenrand standen Fans, der Rest der Nation saß vor den Fernsehern. Zum gigantischen Medienereignis wurde auch der Prozess.
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