02.09.2004, 15:14
Zitat:Der Demokrat der Republikaner
Abtrünniger US-Senator Miller wirbt für Bush
Für seine Partei ist er ein Verräter. Für den Präsidenten ist Zell Miller ein Geschenk des Himmels. Am Mittwoch hielt der Senator der oppositionellen US-Demokraten die Aufsehen erregendste Rede seines Lebens - beim Parteitag der Republikaner. Der 72-Jährige will am 2. November George W. Bush wählen. Denn er hält seine eigene Partei für zu weit nach links abgedriftet und ihren Kandidaten John Kerry für ein Weichei. Die heutige Führung seiner Partei sehe die Vereinigten Staaten "als Besatzer, nicht als Befreier", bedauerte Miller vor den rund 5.000 Delegierten der Republikaner.
"Ich bewundere diesen Mann"
Das Bush-Team hatte dem Demokraten aus dem Südstaat Georgia eine zentrale Rolle im Parteitagsprogramm zugewiesen. Er durfte als Hauptredner zur besten Sendezeit sprechen. "In der Stunde der Gefahr hatte unser Präsident den Mut aufzustehen. Und dieser Demokrat ist stolz, sich mit ihm zu erheben", sagte Miller über George W. Bush und sich selbst.
Die Ironie an diesem Auftritt: An derselben Stelle im New Yorker Madison Square Garden hatte Miller schon einmal eine solche "keynote adress" gehalten - vor zwölf Jahren pries er beim Wahlparteitag der Demokraten den Kandidaten Bill Clinton und machte den damaligen Präsidenten George Bush senior für den Verlust von Arbeitsplätzen und Gesundheitsschutz verantwortlich.
Vier weitere Jahre Bush könne sich das Land "nicht leisten", sagte Miller damals. Diesmal warb er für eine zweite Amtszeit von Bush junior, weil dieser sich mutig der Herausforderung durch den Terrorismus gestellt habe. "Ich bewundere diesen Mann", gestand Miller.
Konservative Demokraten ködern
Die Republikaner sahen in seinem Auftritt nicht nur eine Revanche für die Rede, die Ron Reagan junior, der Sohn des im Juni verstorbenen Präsidenten, beim Konvent der Demokraten in Boston gehalten hatte. Sie glauben auch, dass Miller für sie die Stimmen von konservativen Demokraten aus dem Süden einholen kann, denen der Neuengländer Kerry zu liberal, urban und kosmopolitisch ist.
Miller bescheinigte seinem Senatskollegen und Parteikollegen Kerry mangelnde Eignung für das Präsidentenamt: "Für über 20 Jahre war John Kerry in den großen Fragen von Freiheit und Sicherheit irriger, schwächer und unklarer als jede andere Figur auf nationaler Ebene." Dem Senator aus dem Bundesstaat Massachusetts fehle die nötige Entschlossenheit. Kerry sei ein Meister des "Ja-Nein-Vielleicht", womit er "nur unsere Feinde ermutigt und unsere Freunde verwirrt". Die Ansprache des abtrünnigen Demokraten wurde immer wieder vom Jubel der Delegierten unterbrochen.
Der Mann aus dem Do-it-yourself-Haus
Der volkstümliche Senator mit dem silbergrauen Haarschopf stammt aus einer Kleinstadt im Appalachen-Gebirge. Bis heute wohnt er in demselben Haus, das seine früh verwitwete Mutter einst mit selbst gesammelten Steinen aus dem Fluss baute.
Miller war Professor für Politik und Geschichte, Marineinfanterist, 16 Jahre Vizegouverneur und acht Jahre Gouverneur seines Heimatstaates. Bereits im Ruhestand, wechselte er vor vier Jahren nach Washington, um den durch den Tod eines Senators aus Georgia frei gewordenen Senatssitz einzunehmen.
Von der Partei im Stich gelassen
Erst in der Hauptstadt will Miller entdeckt haben, wie weit seine Partei nach links gerückt sei. Nicht er habe die Partei im Stich gelassen, sondern die Partei ihn, betonte er in einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Buch.
Im Kongress unterstützte Miller regelmäßig Vorhaben des Präsidenten - so war er der einzige Demokrat, der für das Steuersenkungsprogramm stimmte.
Als Demokrat geboren, als Demokrat sterben
Millers Mut zum Renegatentum wird aber wohl auch dadurch beflügelt, dass er im Januar endgültig in Rente gehen will. Aus seiner Partei will er bei aller Unzufriedenheit aber keinesfalls austreten.
"Ich wurde als Demokrat geboren", hat Miller wiederholt gesagt, "und ich werde als Demokrat sterben."
(N24.de, AFP)
Dazu muss man allerdings wissen, dass die Demokraten ja nicht die linke Partei sind, für die man sie hier in Europa hält, sondern eigentlich die Partei der Südstaaten und der Konföderation ist (die Republikaner sind traditionell die Partei der Neuengland-"Yankees") und in den Stammgebieten eigentlich eher konservativ ist.
Die Wahl in den USA ist zumindest noch lange nicht gelaufen und dürfte noch spannend werden, auch wenn ich selbst inzwischen indifferent bin. Ich glaube zwar, dass Bush besser geeignet ist als Kerry, finde aber Bush's Ankündigung, dass er die US Armee aus Mitteleuropa abziehen will sehr schlecht.