09.08.2008, 23:04
PrideFC Total Elimination 2003
5 Jahre ist es her, als ich richtig zum MMA Sport kam. Natürlich nur passiv. Aber auch dieses Gefühl war nicht minder wichtig für die Faszination für diesen Sport, den er noch heute auf mich ausübt.
Es war Anfang September 2003, ich durchstöberte die Pro Wrestling Boards und stieß dort auf eine Diskussion, die über Japanisches Pro Wrestling geführt wurde, ob dieses nun besser oder schlechter wäre als amerikanisches Pro Wrestling. Dort geriet ich zum 1. Mal in Kontakt mit Pride, weil ein User von diesem Format schwärmte und meinte, dass sie die größten Shows ausrichten würden. Sogar größer als Wrestlemania.
Mhh, größer als Wrestlemania. „Das schauste dir mal an“ dachte ich so bei mir. Und über ein paar Umwegen, hatte ich auch schon etwas Info Material über PrideFC, so hieß es nämlich offiziell, zusammengetragen. Es handelte sich nicht um Show Kämpfe wie beim Pro Wrestling, sondern um richtigen, real geführten Kampfsport aus Japan, so wie die UFC in den USA es veranstaltete, die ich zwar kannte und schon ein paar Ausschnitt sah, aber bei mir nicht den Funken überspringen ließ. Erst dieses Format eines Ringes, den ich vom Boxen und Wrestling her kannte, machte die Sache interessant.
Die 1.Veranstaltung die ich dann sah, es war schon Mitte Oktober, war PrideFC Total Elimination 2003. Es war genial. Der Beginn war so aufgebaut wie eine Wrestling Veranstaltung mit einem epischen Intro und der Vorstellung der einzelnen Kämpfer. Sofort ging ein Kribbeln durch meinen Körper, eine Vorfreude wuchs in mir, obwohl ich nicht wusste was mich erwartete, aber schon eben dieser Beginn veranlasste mich, dieses Produkt zu lieben und in mein Herz zu schließen.
Eben jene Veranstaltung, PrideFC Total Elimination 2003 jährt sich am 10.08.2008 zum 5.Mal. Grund genug, um noch einmal auf diese Veranstaltung zurückzuschauen und diesen großartigen MMA Event zu würdigen. Der 1.Middleweight Grand Prix (in Wirklichkeit traten dort Lightheavyweight Kämpfer an) begann mit dieser Veranstaltung und war der würdige Rahmen dieses Sport Ereignisses.
Als Austragungsort wurde die Saitama Super Arena ausgewählt und es waren, nach offizieller Zählung, 40316 Zuschauer anwesend. Eine Zuschauerzahl, die heutige MMA Veranstalter neidisch aus der Wäsche schauen lässt.
Es gab 7 Kämpfe von denen 3 im Schwergewicht und 4 im Halbschwergewicht ausgetragen wurden. Die Halbschwergewichtskämpfe fanden alle unter dem [lexicon]Banner[/lexicon] des Middleweight Grand Prix’s statt. Die Gewinner der 4 Kämpfe stiegen ins Halbfinale auf und kämpften den Sieger bei der nächsten stattfindenden Veranstaltung, PrideFC Final Conflict 2003, aus.
Die einzelnen Kämpfe waren alle sehr gut bis herausragend. Kein Kampf enttäuschte bzw. war in irgendeiner Form langweilig, obwohl es mein 1. komplett angeschauter MMA Event war. Vielleicht lag es auch am Publikum, das keinerlei Unmutsäußerungen von sich gab. Geschweige denn zu irgendeiner Phase der Veranstaltung die Kämpfer ausbuhte.
Wie ich aber später feststellen sollte, galt dies aber auch nur für das japanisches/asiatische Publikum.
Die drei Schwergewichtskämpfe waren erstklassig besetzt. Den Ersten bestritten Fedor Emelianenko und Gary Goodridge. Emelianenko war schon damals der Top Heavyweight und errang im Frühjahr des Jahres den PrideFC Heavyweight Gürtel von Antonio Rodrigo Nogueira, den er 3 Runden lang nach Strich und Faden auseinander nahm. In seiner 1.Titelverteidgung besiegte er den hart schlagenden Kazuyuki Fujita, der ihn aber beinah KO schlug. Mit Goodridge traf er auf einem Mann, der nicht weniger Dynamit in den Fäusten hatte, als ein Fujita. Und so war man gespannt, wie sich Fedor diesmal verhalten würde.
Fedor tat das was er immer tut. Er überrennt seine meisten Gegner förmlich in den 1. Minuten. So auch Goodridge, der keine Chance hatte und der überfallartigen Offensive nichts entgegenzusetzen hatte. Nach unzähligen Schlägen zum Körper und Kopf und mehreren Soccer Kicks wird der Kampf abgebrochen, weil Goodridge verteidigungsunfähig ist.
Fedor Emelianenko besiegte Gary Goodridge durch TKO (Strikes) in Runde 1 (1:09)
Im 2. Heavyweight Kampf standen sich Ricco Rodriguez und Antonio Rodrigo Nogueira gegenüber und dieser Kampf hatte eine Vorgeschichte. Beide standen sich im Viertelfinale des ADCC Turniers von 2000 in der Heavyweight Klasse gegenüber. Damals ging
Ricco Rodriguez durch Submission nach 3:02 als Sieger hervor, verlor aber schlussendlich im Finale gegen Mark Kerr. Und beide Kämpfer waren ehemalige Champions ihrer jeweiligen Organisation. Ricco Rodriguez war der ehemalige Champion der UFC und Nogueira von PrideFC. Der Kampf war also gespickt mit einigen Gemeinsamkeiten der beiden Fighter.
Zu erst muss gesagt werden, beide lieferten MMA vom Feinsten und Beide betrieben Werbung für die Heavyweight Szene. Aber der Kampf endete Kontrovers und bis heute wird in jedem MMA Forum gestritten, ob der Sieger den die drei Ringrichter damals sahen auch der eigentliche bzw. der richtige Sieger war, dem sie die einstimmige Punktentscheidung gaben.
Antonio Rodrigo Nogueira gewann den Kampf und Ricco Rodriguez wurde ein sicher geglaubter Sieg entrissen. Es lässt sich festhalten, dass Ricco über 3 Runden lang das Geschehen bestimmte. Auf dem Boden war er meist in der Top Mount Position und deckte Nog ordentlich mit Schlägen ein. Die Wirkung war nicht so groß, aber es hinterließ Schaden in Nogueira' s Gesicht. Auch im Stand-up war Rodriguez zumindest ebenbürtig und zeigt ein paar Mal das Flying Knee zum Körper beziehungsweise den Left Kick. Nogueira wie gesagt befand sich meist in der Defensive, vor allem am Boden. War von dort aus aber stets gefährlich. Denn im Verlauf des Kampfes versuchte er die ganze Palette an Submission Moves abzurufen, die es gab. Aber mit keinem konnte er Rodriguez ernsthaft bedrängen bzw. gar zur Aufgabe zwingen. Daher muss man die Entscheidung der 3 Ringrichter ehrlicherweise doch Hinterfragen und es bleibt ein ziemlicher Nachgeschmack hinter dem Sieg von Antonio Rodrigo Nogueira.
Antonio Rodrigo Nogueira besiegte Ricco Rodriguez durch Unanimous Decision
Es fehlte eigentlich nur noch einer der Top Heavyweights und auch er gab Total Elimination seinen Glanz. Mirko Filipovic, kurz Crocop, stand dem Ukrainer Igor Vovchanchyn im Ring gegenüber, einem kleinen Schwergewicht aber mit Fäusten die fast jeden seiner Kontrahenten in den Schlaf schicken konnten. Dem setzte Crocop seine Left High Kick entgegen.
Crocop und Vovchanchyn belauerten sich etwas, als urplötzlich der markante Left High Kick angeflogen kam und Vovchanchyn genau gegen den Kopf traf. Dieser war KO bevor er auf den Boden aufschlug. Ein Wahnsinns Knockout. Bei einem normalen Menschen, wäre der Kopf in die 2. oder 3. Zuschauerreihe geflogen, so gut und kraftvoll traf dieser Kick. Wieder einmal bewies Mirko Filipovic, wieso er zu den Top Heavyweights bei PrideFC zählte.
Mirko Filipovic besiegte Igor Vovchanchyn durch KO (Left High Kick) in Runde 1 (1:29)
Kommen wir nun zum Highlight der Veranstaltung, dem Middleweight Grand Prix. 8 Kämpfer wollten den Grand Prix Gürtel und somit zum 1. Middleweight Grand Prix Sieger gekürt werden. 8 Kämpfer die im KO Modus gegeneinander antraten. Daher auch der Name Total Elimination. Und schon die 1.Runde bzw. in diesem Fall das Viertelfinale hatte es schon in sich. Neben den ganzen PrideFC [lexicon]Stars[/lexicon] trat mit Chuck Liddell, er hatte zuvor den Kampf um den Interim Lightheavyweight Titel gegen Randy Couture verloren, auch ein aktueller (damals wie heute) Kämpfer der UFC an. Er hatte es gleich im Auftakt Match mit Alistair Overeem zu tun, einem Schlagstarken Holländer.
Zu Beginn war Overeem eindeutig überlegen und brachte Liddell doch in arge Schwierigkeiten. Nach 2 Minuten war aber bei Overeem plötzlich die Luft weg und die Schläge kamen immer langsamer an. Asthma, Smog, Raucherlunge. Ich wusste zum damaligen Zeitpunkt nicht, was los war. Zumindest gewann Liddell immer mehr die Oberhand und landete eine saubere Rechte zum Kinn von Overeem, die ihn arg ins Schwanken geraten ließ und er gegen die Seile taumelte. Mit einer Schlagsalve und schlussendlich mit einem linken Uppercut beendete Liddell diesen Kampf.
Wie sich später herausstellte, ging Overeem einfach die Kondition aus. Er hatte nur für 2 Minuten Luft und musste seinem Anfangstempo Tribut zollen. Ein Problem welches Overeem bis in die heutige Zeit verfolgt und so den ganz großen Erfolg verhinderte.
Chuck Liddell besiegte Alistair Overeem durch KO (Strikes) in Runde 1 (3:09)
Danach sollte eigentlich der Kampf zwischen Quinton Jackson, genannt Rampage, und Ricardo Arona kommen. Dieser brach sich aber im Vorfeld des Kampfes den Knöchel. Ein Ersatzmann war schnell, mit dem ehemaligen UFC Middleweight Champion und Trainingspartner Murilo Bustamante, gefunden.
Der Kampf begann mit einer lustigen Einlage, als Bustamante sich wie ein Klammeräffchen an Rampage zwängte und dieser ihn quer durch den Ring trug. Danach ging es aber ordentlich zur Sache und Quinton hatte in der 1.Runde einige sehr heikle Situationen zu überstehen. So fand er sich nach einem Armbar Versuch von Murilo urplötzlich in einem Triangle Choke wieder und konnte diesen nur durch einen beherzten Slam verhindern. Weiter dominierte Bustamente und schaffte es Jackson in einen Guillotine Choke zu nehmen. Dieser konnte nur unter größter Kraftanstrengung diesem entkommen. In der 2.Runde verlagerte Rampage das Geschehen ausschließlich in die Stand-up Position und konnte so Murilo eindeutig beherrschen, indem er ihn mit Kicks zum Bein und schweren Kniestößen zum Körper ständig bearbeitete. Er nahm das Heft des Handels in die Hand. Auch die 3.Runde verlief ähnlich der Zweiten und so musste Bustamante weiter Schläge, Kicks und Knie zum Körper einstecken. Nur vereinzelt gelang es ihm selbst eine Schlag Kombo anzusetzen bzw. den Kampf zu Boden zu bringen. Am Boden verhielt sich Rampage cleverer als in der 1.Runde und kontrollierte auch dort das geschehen.
Obwohl insgesamt gesehen Rampage der aktiviere der Beiden war, hatte Bustamante mit den 2 Submission Moves die 2 klarsten Möglichkeiten für einen vorzeitigen Sieg und so wurde es ein knappes Ergebnis, indem Quinton Jackson eine Split Decision zu seinem Gunsten bekam.
Quinton Jackson besiegte Murilo Bustamante durch Split Decision
Was wäre eine japanische MMA Organisation ohne einheimische Kämpfer und das vor allem im Middleweight Grand Prix. Also schickte man auch Landsmänner in das Rennen um den Titel und um sicher zustellen, dass auch ein japanischer Kämpfer die nächste Runde erreicht, stellte man einfach 2 gegeneinander in den Ring. In diesem Fall die japanische Judo Legende und Goldmedaillengewinner bis 78 kg von Barcelona Hidehiko Yoshida und dem ehemaligen Ringer Kiyoshi Tamura.
Beide begangen im Stand up und Tamura traf ein paar Mal mit Kicks das linke Bein von Yoshida. Der versuchte seinerseits mit Schlägen zum Kopf zum Erfolg zu kommen, was aber misslang und ein Konter von Tamura ihn zu Boden schickte. Wieder im Stand-up versucht Yoshida mit einem Head Lock zum Erfolg zu kommen, aber Tamura konnte sich befreien und setzte Yoshida mit Kicks zum Linken Bein weiter zu. Erst als Yoshida in die Top Mount Position kam, war es um Tamura geschehen und er musste im Gi Choke aufgeben. Erst danach sah man den Schaden den Tamura Yoshida’s Bein zufügt, als dieser zusammensackte weil er nicht mehr stehen konnte vor Schmerzen. Der Kampf war sehr gut und das Publikum war richtig enthusiastisch und fieberte in jeder Sekunde des Kampfes mit.
Hidehiko Yoshida besiegte Kiyoshi Tamura durch Submission (Gi Choke) in Runde1 (5:06)
Wie sagte ich schon, keine japanische Veranstaltung ohne Japaner. Und im Hauptkampf von PrideFC Total Elimination stand der Hero der Massen, der Superstar, das Aushängeschild der Organisation, Kazushi Sakuraba. Er traf auf den damaligen PrideFC Middleweight Champion Wanderlei Silva. Einen Mann, der ihn (Sakuraba) schon zweimal klar besiegte. Und es brauchte nicht viel um sich vorzustellen was auch im 3.Kampf passieren würde. Alles andere als ein klarer Sieg von Silva wäre eine Sensation gewesen, zu eindeutig waren die 2 vorherigen Duelle.
Wie würde Sakuraba den Kampf beginnen und wie würde Silva reagieren, das war die große Frage. Nun, beide begannen verhalten, legten aber immer wieder kleine Zwischenspurts, die in wahre Schlagabtausche mündeten, ein. Beide versuchten es mit Knieeinsatz, was aber keinen gewünschten Erfolg brachte. Wanderlei, so schien es, hatte bei den vereinzelten Schlagsalven die Beide brachten, das bessere Ende für sich. Zur Mitte des Kampfes kam wie aus dem Nichts eine Links Rechts Kombination von Silva, wobei die rechte voll an das Kinn von Sakuraba flog und er KO auf den Ringboden knallte. Sakuraba war vollkommen weg. Wieder ein Highlight KO an diesem Abend.
Wanderlei Silva besiegte Kazushi Sakuraba durch KO (Punch) in Runde 1 (5:01)
Damit standen die 4 Sieger im Middleweight Grand Prix fest und kämpften bei PrideFC Final Conflict 2003 den Champion untereinander aus.
Es war eine grandiose Veranstaltung. Sie begann mit einem Feuerwerk und endete mit einem Feuerwerk. Ich war damals glücklich und bin es auch heute, wenn ich mir die Show ansehe. Es war ein glücklicher Umstand, dass ich die Show sah und so zum MMA Fan wurde. Mit Sicherheit wäre ich schlussendlich früher oder später auch bei den Gemischten Kampfkünsten gelandet. Aber diese Show war der Wegbereiter. Mir würde, so glaube ich, etwas fehlen, wenn ich die besten Jahre von PrideFC verpasst hätte. Sie so direkt und zeitnah erlebt zu haben, ist einfach eine wundervolle Erfahrung gewesen.