16.04.2009, 13:56
Geschichte des Amerikanischen Wrestlings - 1950er und 60er Jahre
Teil 1: Fred Kohler und die Fernsehrevolution
Seit den primitiven Anfängen hat das Amerikanische Wrestling eine erstaunliche Entwicklung durchlebt. Mehr noch stieg das Interesse zur Mitte des 20. Jahrhunderts, als immer neue Gesichter die Ringbühne betraten. Es ist eine Zeit des Aufbaus gewesen, dessen Shows mit heutigen Standards in keinsterweise mithalten kann. Was blieb waren erste kleine Schritte in Richtung Entertainment. Wrestling wird lebhafter, unterhaltsamer, farbiger und vor allem profitabler. Die alten Pioniere wie Evan Lewis sind längst in staubigen Archiven untergegangen. Amerikas letzter großer Pionier Martin Burns starb 1937 mit 75 Jahren. Einen Meilenstein erreichte dieser unglaubliche Vorzeigeathlet. Manche bezeichnen ihn noch heute als besten Wrestling-Trainer. Viele seiner einstigen Schüler kämpften weiter und hielten somit das Erbe am Leben.
Einen entscheidenden Wendepunkt erlebte die amerikanische Wrestlingszene während der 40er Jahre. So interessierten sich einige alteingesessene Promoter für die noch wissenschaftliche Kuriosität des Fernsehens. Kaum zu glauben das daraus ein Milliardengeschäft entstand. Seit den technischen Fortschritten begründet durch Paul Nipkow, Manfred von Ardenne und Karl Ferdinand Braun sind schon etliche Jahre ins Land gegangen. Aber gerade die späten 40er Jahre brachten ins Wrestling eine Art neuen Zeitgeist. 25 Jahre Nachkriegsgeschichte - das sind 25 Jahre voller Erfolge, Abstiege, Sensationen, Triumphe, Niederlagen, Emotionen, Spannungen und Wiederaufbau. Durch die Revolution der Fernsehshows wurde dieser Zeitgeist kräftig angekurbelt. Doch wie fast überall bedurfte es dafür einer harten und anstrengenden Vorarbeit. Es waren viele, die sich daran beteiligten und deshalb hier in breiter Fülle kaum Erwähnung finden dürften. Der große Promoter wie auch der kleine Wrestler leisteten ihren Beitrag dazu. Sie alle haben deshalb hohe Anerkennung verdient.
Manche Promoter haben den Sprung nach 1945 nicht geschafft. Andere nutzten ihn perfekt aus. Eine Zeitenwende brachte viel durcheinander und mancher wird dem alten Wrestling noch nach getrauert haben. Neue Gesichter, neue Stile, neue Shows - das Traditionelle wich der Moderne. Als der Ingenieur Paul Nipkow im Jahre 1940 starb, konnte er die Revolution des Fernsehens nicht mehr miterleben. 1883/1884 entwickelte Nipkow die nach ihm benannte "Nipkowsche Scheibe", die eine erste Grundlage für das Fernsehen darstellen sollte. Hierbei handelte es sich um den ersten brauchbaren mechanischen Bildfeldzerleger, der auch als "Elektrisches Teleskop" bezeichnet wurde. Mangels Geld verfiel sein Patent allerdings und diente ab 1885 zahlreichen anderen Pionieren als Ausgangspunkt. 1934 startete der "Fernsehsender Paul Nipkow" in Berlin seine Übertragungen. Das war der erste Fernsehsender der Welt.
10 Jahre nach Nipkows Tod begann auch in Nordamerika das Goldene Zeitalter jener Zerlegung von Bildern in Punkte. Obwohl das Fernsehen bereits vor 1945 serienreif war, verhinderte der 2. Weltkrieg einen rasanten Aufstieg. In kleinen Schritten gelang es, die Technik soweit zu perfektionieren, dass binnen weniger Jahre ein riesiger Markt entstand. Am eindrucksvollsten war dieser technische Fortschritt in Amerika zu bewundern. Nach Kriegsende gab es hier lediglich 7 Fernsehsender und etwa 7.000 Geräte. Doch schon 1950 strahlten über 100 Sender regelmäßige Programme aus, die rund 10 Millionen Zuschauer erreichten. 1954 wird das inzwischen amerikanische Massenmedium Fernsehen farbig. Fernsehgeräte mit NTSC-Norm werden verkauft.
Das enorme Interesse am Wrestling nach 1945 hatte - nach Ansicht einiger Beobachter - vor allem zwei Gründe: Die Fernsehübertragungen und das Interesse der Frauen. Innerhalb weniger Jahre gab es einen wahren Ansturm auf Wrestlingshows, bei denen Sensationen, Regelverstöße und verrückt erscheinende Gimmicks eingeschoben wurden. Durchschnittlich 10.000 bis 20.000 Zuschauer verbuchten die Veranstalter schon während der ersten Nachkriegsjahre. Wie populär das Wrestling Anfang der 50er Jahre schon war, zeigen die nachfolgenden Zahlen: 1950 kamen bei rund 800 Veranstaltungen 24 Millionen Zuschauer. Die Veranstalter kassierten 36 Millionen Dollar. 1951 und 1952 sind diese Zahlen noch übertroffen worden. 90% der Fernsehzuschauer waren Frauen. Rund 60% weibliche Besetzung zählte man in den Zuschauerrängen. Amerikanische Psychologen gingen diesem Phänomen nach und kamen zu folgendem Ergebnis: "Die Begeisterung der weiblichen Zuschauer hängt mit sexuellem Motiven und dem gigantischen Showapparat zusammen." Freilich war dieser Apparat für heutige Verhältnisse äußerst klein. Damals jedoch genügten schon kleine Fortschritte.
Das Wrestling war nicht erst seit dem Auftauchen im Fernsehen ein Geldgeschäft. Bereits die World Champions Jim Londos und Ed Lewis kämpften im Madison Square Garden vor tausenden Fans. Einzelne Kämpfe brachten daher schon um 1930 herum mehrere 10.000 Dollar ein. Londos und Lewis waren Rivalen und deren Auseinandersetzungen deshalb schon damals beliebt. Eine ganze Serie von Matches bestritten die beiden. Am 20. September 1934 erlebten 35.265 Zuschauer wie Jim Londos auf dem Wrigley Field in Chicago Ed Lewis bezwang. Bis zum Ende ihrer Karriere waren sie längst Millionäre. Seit den 30er Jahren hatte sich das Wrestling zum ernsthaften Konkurrenten für das Boxen entwickelt. Jedoch wollte der zahlende Zuschauer stets immer mehr Sensationen. Sogar die so populären Schlammringkämpfe wurden durch erste einfache Gimmicks verdrängt.
Jim Londos trat 1946 als World Heavyweight Champion zurück. Doch seine Rückkehr knapp 4 Jahre später bleibt unvergessen. Auf dem Wrigley Field in Chicago kämpfte Londos am 03. Februar 1950 vor einer Rekordkulisse gegen Ex-Boxweltmeister Primo Carnera. Trotz der starken Besetzung reichte es nur zum Unentschieden. Die utopische Summe von 154.000 Dollar erreichte man jedoch nicht. 53.745 Dollar erscheinen da schon glaubhafter. Aber die Veranstaltung bot noch mehr: Chief Don Red Eagle besiegte Frederick Von Schacht, "Mr. America" Gene Stanlee bezwang Kola Kwariani, Mike Mazurki siegte über Hardy Kruscamps und Publikumsliebling Antonino Rocca besiegte Benato Gardine in nur 84 Sekunden. Für großes Aufsehen sorgte auch Ex-Boxweltmeister Max Baer, der als Ringrichter verpflichtet werden konnte. Boxer im Wrestler-Lager - dafür gibt es viele Beispiele im Zeitalter des Fernsehens. Doch diesem Thema widmet sich ein anderer Teil.
Frühe Produzenten suchten nach einem Konzept, um dem Fernsehen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Wrestling kam da sozusagen gerade recht. Es gehörte damals zu den ersten regelmäßigen Programmen im amerikanischen Fernsehen. Der TV Wrestling-Boom begann Anfang der 50er Jahre. Die 50er Jahre brachten eine Reihe von Stars hervor, die später sogar in anderen Gimmicks weiterlebten. So gelten Lou Thesz, Buddy Rogers, Freddie Blassie, Gorgeous George, Frank Sexton, Pat O´Connor, Primo Carnera, Walter Palmer und Antonino Rocca als bekannte Wrestler dieser Dekade. Ihr Erfolg basierte jedoch auf dem Einfluss einiger Promoter. Schon bald zog eine wahre Rige davon durch die USA. Sie hatten den goldenen Schlüssel, mit dem Wrestling Geld zu verdienen, längst gefunden.
Chicago war schon damals eine Wrestling-Hochburg, wo viele Promoter Shows veranstalteten, die in die Geschichte eingegangen sind. In den 40er Jahren versuchten mehrere Promoter ihre Shows bei lokalen Fernsehstationen ausstrahlen zu lassen: Fred Kohler (1946), Donald Owen (1948) oder Morris Sigel (1949). Es war schließlich Chicago-Promoter Fred Kohler (Fred Koch), der dabei als Erster das neue Medium erfolgreich ausnutzte und so die Fernsehrevolution im Wrestling einläutete. Durch diese Fernsehrevolution erschienen die ersten TV Wrestling Stars auf dem Bildschirm. Nach 1950 waren dies u.a. Verne Gagne, Hans Schmidt, "Mr. America" Gene Stanlee, Johnny Valentine und Crusher Lisowski. Gorgeous George und Primo Carnera gehörten zu den ersten Wrestlern, die auf weite Sicht hin für ausverkaufte Arenen sorgten. Manche bezeichnen Gorgeous George als ersten TV Wrestling Star. Andere sagen Primo Carnera war zuerst da.
Kohler, geboren 1903 als Sohn deutscher Einwanderer, war vor dem 2. Weltkrieg einer der drei führenden Wrestling-Promoter in Chicago. Sein Vater betrieb eine Veranstaltungshalle in der Chicagoer Larrabee Street. Am Anfang trat er selbst als Wrestler auf. Das Promotergeschäft versprach jedoch wesentlich mehr. Als Joe Coffey 1941 starb und "Wrestling Zar" Ed White im September 1942 zurücktrat, konnte sich Fred, als nunmehr alleiniger Promoter, behaupten. Eine engere Zusammenarbeit zwischen White und Kohler gab es seit Dezember 1936. Dutzende Shows in allen bekannten Chicagoer Arenen machten Fred zum einflussreichen Mann. Der neue "Wrestling Zar" in Chicago förderte vor allem jüngere Schwergewichte. Aus allen Teilen des Landes kamen täglich viele Postsäcke in Kohlers Büro. Er verkaufte Wrestling-Kalender, Fotos und seine beliebte Zeitschrift "Wrestling As You Like It", die ab 1946 unter Mitwirkung von Rickard "Dick" Axman erschien.
Kohler veranstaltete Chicagos erste Wrestling-Fernsehshow am 10. Juli 1946 mit dem Hauptkampf Walter Palmer vs. Flash Gordon. Das Mittwochabend Programm wurde aus der Rainbo Arena auf Kanal 4 WBKB-Sender übertragen. Technische Probleme verzögerten zunächst eine dauerhafte Ausstrahlung, so dass die Sendung im August 1946 vorläufig eingestellt werden musste. Kurze Zeit später bekam man das Problem jedoch in den Griff und Kohler's beliebte Rainbo-Show lief noch bis September 1948 auf WBKB. Eine Sendung reichte dem später mächtigsten Mann im Wrestling nicht aus. Im April 1948 debütierten seine Shows beim WGN-Sender am Donnerstagabend auf Kanal 9. Austragungsort war der Chicagoer "Madison Athletic Club". Kohler's Rainbo-Shows wechselten den Sendeplatz und ab Oktober 1948 waren sie bei WENR zu sehen. Ab dem 14. Januar 1949 kam eine dritte Sendung hinzu - ebenfalls auf WENR übertragen. Kohler veranstaltete erstmals seit 1938 wieder im beliebten "International Amphitheater". Knapp 9.500 Menschen sahen das Programm am 14. Januar. Die größte Zuschauerkulisse in Chicago seit mehr als 10 Jahren. Kohler hatte jetzt drei Wrestling-Fernsehshows und noch etliche Veranstaltungen nebenbei. Der Clou kam, als das ABC-Network die Rainbo-Shows ab Februar 1949 in New York auf WJZ-TV ausstrahlte. Und das noch Jahre bevor Vincent James McMahon seine populären Fernsehshows aus der Turner Arena in Washington startete.
Aufgrund anhaltender Probleme mit dem Besitzer der Rainbo Arena Leonard Schwartz, wechselte Kohler im Juli 1949 zur Marigold Arena. Eine erste Fernsehshow wurde hier am 17. September 1949 übertragen. Sie wurde zur Hauptsendezeit im Dumont Network ausgestrahlt. Einem Konkurrenten von NBS, ABC und CBS. Zugleich war dies die erste Sendung, die man durch das Dumont-Network überregional sehen konnte. Den Hauptkampf zwischen den Schnabels und Rudy Kay/Benito Gardini sahen wieder viele Zuschauer. Das ABC-Network verlor in diesem Falle das Rennen gegen seinen Konkurrenten Dumont. Die Programmdirektoren bei Dumont waren von Kohlers ABC-Übertragungen aus der Rainbo Arena beeindruckt. Beim Wechsel zur Marigold Arena verlor dann ABC seine Senderechte. Kohler entschied sich für Dumont und so entstand der Sendevertrag, der ihn zur mächtigsten Figur im amerikanischen Wrestling machte. Die ersten Marigold-Shows wurden in New York, Buffalo und Boston ausgestrahlt. Bei Kohler's Fernsehsendungen traten nunmehr auf: Lou Thesz, Hans Schmidt, Gorgeous George, Buddy Rogers und Verne Gagne.
Nach und nach bookte Fred dutzende Talente aus allen Teilen der USA unter dem Banner seiner "Illinois Wrestling Promoter Association". Manager, Matchmaker und andere Booking-Agents erschienen Haufenweise in seinem Office in der Grace Street. Bald hatte Fred die besten Wrestler des Landes unter Kontrolle und "lieh" sie wiederum an andere Promoter aus. Seine Saturday Night Shows machten ihn bis 1955 schlichtweg zum einflussreichen Veranstalter im Wrestling. Schätzungen zufolge verdiente er nach 1950 zwischen 300.000 und 500.000 Dollar jährlich. Das war damals sehr viel Geld. In Opposition zu Kohler startete Leonard Schwartz eigene Fernsehshows in der Rainbo Arena ab 1950. Schwartz und Promoter Ray Fabiani gründeten im selben Jahr die "Clark Sports, Inc.". Es begann ein Promotionkrieg um Auftrittsrechte und Zuschauer. Jeder wollte nun mit dem Fernsehen Geld verdienen. Die Schwartz-Fabiani Fraktion ließ ihre Shows beim Dumont-Konkurrenten ABC ausstrahlen. Da sie u.a. in Minneapolis, Denver, St. Louis, New York, New Orleans, Kansas City und Oklahoma City zu sehen waren, musste Kohler hart kämpfen, um diese Konkurrenz zu besiegen. Fabiani stieg allerdings schon im Herbst 1951 wieder aus. Damit verlor Schwartz praktisch seinen wichtigsten Geschäftspartner.
Teil 1: Fred Kohler und die Fernsehrevolution
Seit den primitiven Anfängen hat das Amerikanische Wrestling eine erstaunliche Entwicklung durchlebt. Mehr noch stieg das Interesse zur Mitte des 20. Jahrhunderts, als immer neue Gesichter die Ringbühne betraten. Es ist eine Zeit des Aufbaus gewesen, dessen Shows mit heutigen Standards in keinsterweise mithalten kann. Was blieb waren erste kleine Schritte in Richtung Entertainment. Wrestling wird lebhafter, unterhaltsamer, farbiger und vor allem profitabler. Die alten Pioniere wie Evan Lewis sind längst in staubigen Archiven untergegangen. Amerikas letzter großer Pionier Martin Burns starb 1937 mit 75 Jahren. Einen Meilenstein erreichte dieser unglaubliche Vorzeigeathlet. Manche bezeichnen ihn noch heute als besten Wrestling-Trainer. Viele seiner einstigen Schüler kämpften weiter und hielten somit das Erbe am Leben.
Einen entscheidenden Wendepunkt erlebte die amerikanische Wrestlingszene während der 40er Jahre. So interessierten sich einige alteingesessene Promoter für die noch wissenschaftliche Kuriosität des Fernsehens. Kaum zu glauben das daraus ein Milliardengeschäft entstand. Seit den technischen Fortschritten begründet durch Paul Nipkow, Manfred von Ardenne und Karl Ferdinand Braun sind schon etliche Jahre ins Land gegangen. Aber gerade die späten 40er Jahre brachten ins Wrestling eine Art neuen Zeitgeist. 25 Jahre Nachkriegsgeschichte - das sind 25 Jahre voller Erfolge, Abstiege, Sensationen, Triumphe, Niederlagen, Emotionen, Spannungen und Wiederaufbau. Durch die Revolution der Fernsehshows wurde dieser Zeitgeist kräftig angekurbelt. Doch wie fast überall bedurfte es dafür einer harten und anstrengenden Vorarbeit. Es waren viele, die sich daran beteiligten und deshalb hier in breiter Fülle kaum Erwähnung finden dürften. Der große Promoter wie auch der kleine Wrestler leisteten ihren Beitrag dazu. Sie alle haben deshalb hohe Anerkennung verdient.
Manche Promoter haben den Sprung nach 1945 nicht geschafft. Andere nutzten ihn perfekt aus. Eine Zeitenwende brachte viel durcheinander und mancher wird dem alten Wrestling noch nach getrauert haben. Neue Gesichter, neue Stile, neue Shows - das Traditionelle wich der Moderne. Als der Ingenieur Paul Nipkow im Jahre 1940 starb, konnte er die Revolution des Fernsehens nicht mehr miterleben. 1883/1884 entwickelte Nipkow die nach ihm benannte "Nipkowsche Scheibe", die eine erste Grundlage für das Fernsehen darstellen sollte. Hierbei handelte es sich um den ersten brauchbaren mechanischen Bildfeldzerleger, der auch als "Elektrisches Teleskop" bezeichnet wurde. Mangels Geld verfiel sein Patent allerdings und diente ab 1885 zahlreichen anderen Pionieren als Ausgangspunkt. 1934 startete der "Fernsehsender Paul Nipkow" in Berlin seine Übertragungen. Das war der erste Fernsehsender der Welt.
10 Jahre nach Nipkows Tod begann auch in Nordamerika das Goldene Zeitalter jener Zerlegung von Bildern in Punkte. Obwohl das Fernsehen bereits vor 1945 serienreif war, verhinderte der 2. Weltkrieg einen rasanten Aufstieg. In kleinen Schritten gelang es, die Technik soweit zu perfektionieren, dass binnen weniger Jahre ein riesiger Markt entstand. Am eindrucksvollsten war dieser technische Fortschritt in Amerika zu bewundern. Nach Kriegsende gab es hier lediglich 7 Fernsehsender und etwa 7.000 Geräte. Doch schon 1950 strahlten über 100 Sender regelmäßige Programme aus, die rund 10 Millionen Zuschauer erreichten. 1954 wird das inzwischen amerikanische Massenmedium Fernsehen farbig. Fernsehgeräte mit NTSC-Norm werden verkauft.
Das enorme Interesse am Wrestling nach 1945 hatte - nach Ansicht einiger Beobachter - vor allem zwei Gründe: Die Fernsehübertragungen und das Interesse der Frauen. Innerhalb weniger Jahre gab es einen wahren Ansturm auf Wrestlingshows, bei denen Sensationen, Regelverstöße und verrückt erscheinende Gimmicks eingeschoben wurden. Durchschnittlich 10.000 bis 20.000 Zuschauer verbuchten die Veranstalter schon während der ersten Nachkriegsjahre. Wie populär das Wrestling Anfang der 50er Jahre schon war, zeigen die nachfolgenden Zahlen: 1950 kamen bei rund 800 Veranstaltungen 24 Millionen Zuschauer. Die Veranstalter kassierten 36 Millionen Dollar. 1951 und 1952 sind diese Zahlen noch übertroffen worden. 90% der Fernsehzuschauer waren Frauen. Rund 60% weibliche Besetzung zählte man in den Zuschauerrängen. Amerikanische Psychologen gingen diesem Phänomen nach und kamen zu folgendem Ergebnis: "Die Begeisterung der weiblichen Zuschauer hängt mit sexuellem Motiven und dem gigantischen Showapparat zusammen." Freilich war dieser Apparat für heutige Verhältnisse äußerst klein. Damals jedoch genügten schon kleine Fortschritte.
Das Wrestling war nicht erst seit dem Auftauchen im Fernsehen ein Geldgeschäft. Bereits die World Champions Jim Londos und Ed Lewis kämpften im Madison Square Garden vor tausenden Fans. Einzelne Kämpfe brachten daher schon um 1930 herum mehrere 10.000 Dollar ein. Londos und Lewis waren Rivalen und deren Auseinandersetzungen deshalb schon damals beliebt. Eine ganze Serie von Matches bestritten die beiden. Am 20. September 1934 erlebten 35.265 Zuschauer wie Jim Londos auf dem Wrigley Field in Chicago Ed Lewis bezwang. Bis zum Ende ihrer Karriere waren sie längst Millionäre. Seit den 30er Jahren hatte sich das Wrestling zum ernsthaften Konkurrenten für das Boxen entwickelt. Jedoch wollte der zahlende Zuschauer stets immer mehr Sensationen. Sogar die so populären Schlammringkämpfe wurden durch erste einfache Gimmicks verdrängt.
Jim Londos trat 1946 als World Heavyweight Champion zurück. Doch seine Rückkehr knapp 4 Jahre später bleibt unvergessen. Auf dem Wrigley Field in Chicago kämpfte Londos am 03. Februar 1950 vor einer Rekordkulisse gegen Ex-Boxweltmeister Primo Carnera. Trotz der starken Besetzung reichte es nur zum Unentschieden. Die utopische Summe von 154.000 Dollar erreichte man jedoch nicht. 53.745 Dollar erscheinen da schon glaubhafter. Aber die Veranstaltung bot noch mehr: Chief Don Red Eagle besiegte Frederick Von Schacht, "Mr. America" Gene Stanlee bezwang Kola Kwariani, Mike Mazurki siegte über Hardy Kruscamps und Publikumsliebling Antonino Rocca besiegte Benato Gardine in nur 84 Sekunden. Für großes Aufsehen sorgte auch Ex-Boxweltmeister Max Baer, der als Ringrichter verpflichtet werden konnte. Boxer im Wrestler-Lager - dafür gibt es viele Beispiele im Zeitalter des Fernsehens. Doch diesem Thema widmet sich ein anderer Teil.
Frühe Produzenten suchten nach einem Konzept, um dem Fernsehen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Wrestling kam da sozusagen gerade recht. Es gehörte damals zu den ersten regelmäßigen Programmen im amerikanischen Fernsehen. Der TV Wrestling-Boom begann Anfang der 50er Jahre. Die 50er Jahre brachten eine Reihe von Stars hervor, die später sogar in anderen Gimmicks weiterlebten. So gelten Lou Thesz, Buddy Rogers, Freddie Blassie, Gorgeous George, Frank Sexton, Pat O´Connor, Primo Carnera, Walter Palmer und Antonino Rocca als bekannte Wrestler dieser Dekade. Ihr Erfolg basierte jedoch auf dem Einfluss einiger Promoter. Schon bald zog eine wahre Rige davon durch die USA. Sie hatten den goldenen Schlüssel, mit dem Wrestling Geld zu verdienen, längst gefunden.
Chicago war schon damals eine Wrestling-Hochburg, wo viele Promoter Shows veranstalteten, die in die Geschichte eingegangen sind. In den 40er Jahren versuchten mehrere Promoter ihre Shows bei lokalen Fernsehstationen ausstrahlen zu lassen: Fred Kohler (1946), Donald Owen (1948) oder Morris Sigel (1949). Es war schließlich Chicago-Promoter Fred Kohler (Fred Koch), der dabei als Erster das neue Medium erfolgreich ausnutzte und so die Fernsehrevolution im Wrestling einläutete. Durch diese Fernsehrevolution erschienen die ersten TV Wrestling Stars auf dem Bildschirm. Nach 1950 waren dies u.a. Verne Gagne, Hans Schmidt, "Mr. America" Gene Stanlee, Johnny Valentine und Crusher Lisowski. Gorgeous George und Primo Carnera gehörten zu den ersten Wrestlern, die auf weite Sicht hin für ausverkaufte Arenen sorgten. Manche bezeichnen Gorgeous George als ersten TV Wrestling Star. Andere sagen Primo Carnera war zuerst da.
Kohler, geboren 1903 als Sohn deutscher Einwanderer, war vor dem 2. Weltkrieg einer der drei führenden Wrestling-Promoter in Chicago. Sein Vater betrieb eine Veranstaltungshalle in der Chicagoer Larrabee Street. Am Anfang trat er selbst als Wrestler auf. Das Promotergeschäft versprach jedoch wesentlich mehr. Als Joe Coffey 1941 starb und "Wrestling Zar" Ed White im September 1942 zurücktrat, konnte sich Fred, als nunmehr alleiniger Promoter, behaupten. Eine engere Zusammenarbeit zwischen White und Kohler gab es seit Dezember 1936. Dutzende Shows in allen bekannten Chicagoer Arenen machten Fred zum einflussreichen Mann. Der neue "Wrestling Zar" in Chicago förderte vor allem jüngere Schwergewichte. Aus allen Teilen des Landes kamen täglich viele Postsäcke in Kohlers Büro. Er verkaufte Wrestling-Kalender, Fotos und seine beliebte Zeitschrift "Wrestling As You Like It", die ab 1946 unter Mitwirkung von Rickard "Dick" Axman erschien.
Kohler veranstaltete Chicagos erste Wrestling-Fernsehshow am 10. Juli 1946 mit dem Hauptkampf Walter Palmer vs. Flash Gordon. Das Mittwochabend Programm wurde aus der Rainbo Arena auf Kanal 4 WBKB-Sender übertragen. Technische Probleme verzögerten zunächst eine dauerhafte Ausstrahlung, so dass die Sendung im August 1946 vorläufig eingestellt werden musste. Kurze Zeit später bekam man das Problem jedoch in den Griff und Kohler's beliebte Rainbo-Show lief noch bis September 1948 auf WBKB. Eine Sendung reichte dem später mächtigsten Mann im Wrestling nicht aus. Im April 1948 debütierten seine Shows beim WGN-Sender am Donnerstagabend auf Kanal 9. Austragungsort war der Chicagoer "Madison Athletic Club". Kohler's Rainbo-Shows wechselten den Sendeplatz und ab Oktober 1948 waren sie bei WENR zu sehen. Ab dem 14. Januar 1949 kam eine dritte Sendung hinzu - ebenfalls auf WENR übertragen. Kohler veranstaltete erstmals seit 1938 wieder im beliebten "International Amphitheater". Knapp 9.500 Menschen sahen das Programm am 14. Januar. Die größte Zuschauerkulisse in Chicago seit mehr als 10 Jahren. Kohler hatte jetzt drei Wrestling-Fernsehshows und noch etliche Veranstaltungen nebenbei. Der Clou kam, als das ABC-Network die Rainbo-Shows ab Februar 1949 in New York auf WJZ-TV ausstrahlte. Und das noch Jahre bevor Vincent James McMahon seine populären Fernsehshows aus der Turner Arena in Washington startete.
Aufgrund anhaltender Probleme mit dem Besitzer der Rainbo Arena Leonard Schwartz, wechselte Kohler im Juli 1949 zur Marigold Arena. Eine erste Fernsehshow wurde hier am 17. September 1949 übertragen. Sie wurde zur Hauptsendezeit im Dumont Network ausgestrahlt. Einem Konkurrenten von NBS, ABC und CBS. Zugleich war dies die erste Sendung, die man durch das Dumont-Network überregional sehen konnte. Den Hauptkampf zwischen den Schnabels und Rudy Kay/Benito Gardini sahen wieder viele Zuschauer. Das ABC-Network verlor in diesem Falle das Rennen gegen seinen Konkurrenten Dumont. Die Programmdirektoren bei Dumont waren von Kohlers ABC-Übertragungen aus der Rainbo Arena beeindruckt. Beim Wechsel zur Marigold Arena verlor dann ABC seine Senderechte. Kohler entschied sich für Dumont und so entstand der Sendevertrag, der ihn zur mächtigsten Figur im amerikanischen Wrestling machte. Die ersten Marigold-Shows wurden in New York, Buffalo und Boston ausgestrahlt. Bei Kohler's Fernsehsendungen traten nunmehr auf: Lou Thesz, Hans Schmidt, Gorgeous George, Buddy Rogers und Verne Gagne.
Nach und nach bookte Fred dutzende Talente aus allen Teilen der USA unter dem Banner seiner "Illinois Wrestling Promoter Association". Manager, Matchmaker und andere Booking-Agents erschienen Haufenweise in seinem Office in der Grace Street. Bald hatte Fred die besten Wrestler des Landes unter Kontrolle und "lieh" sie wiederum an andere Promoter aus. Seine Saturday Night Shows machten ihn bis 1955 schlichtweg zum einflussreichen Veranstalter im Wrestling. Schätzungen zufolge verdiente er nach 1950 zwischen 300.000 und 500.000 Dollar jährlich. Das war damals sehr viel Geld. In Opposition zu Kohler startete Leonard Schwartz eigene Fernsehshows in der Rainbo Arena ab 1950. Schwartz und Promoter Ray Fabiani gründeten im selben Jahr die "Clark Sports, Inc.". Es begann ein Promotionkrieg um Auftrittsrechte und Zuschauer. Jeder wollte nun mit dem Fernsehen Geld verdienen. Die Schwartz-Fabiani Fraktion ließ ihre Shows beim Dumont-Konkurrenten ABC ausstrahlen. Da sie u.a. in Minneapolis, Denver, St. Louis, New York, New Orleans, Kansas City und Oklahoma City zu sehen waren, musste Kohler hart kämpfen, um diese Konkurrenz zu besiegen. Fabiani stieg allerdings schon im Herbst 1951 wieder aus. Damit verlor Schwartz praktisch seinen wichtigsten Geschäftspartner.
