02.10.2015, 00:28
Nachruf: Axel Dieter Senior
Im Verlauf seiner über 120-jährigen Geschichte hat der deutsche Berufsringkampf eine Vielzahl namhafter Ringer gesehen. Etliche nannten sich unbesiegbar, viele waren ihrer Ansicht nach „die Größten“ und mancher hat es doch zum Welt- oder Europameister geschafft. Nur die wenigsten von ihnen spielten jedoch in der Liga eines Hans Schwarz [Senior und Junior], eines René Lasartesse, Jakob Koch und Otto Wanz mit. Als Axel Dieter Senior 1955 auf der Bühne des Catchens auftauchte, ahnte noch niemand welch große Karriere hier ihren Anfang nahm. Bei seinem Abschied 32 Jahre später im Tempodrom in Berlin hatten sich solche Sätze wie „vom Anfänger zum Könner“ oder „Letzter in der Reihe herausragender Berufsringkämpfer“ unlängst bewahrheitet. Axel Dieter Senior reiht sich ein in die Riege der größten Catch-Legenden. Dafür stehen etliche Turniersiege: fünffacher Gewinner vom World Cup Turnier in Hannover, dreifacher Europa-Pokal Sieger und fünffacher Europameister. Alleine in Hannover hat er insgesamt bei sieben Turnieren den ersten Platz erzielt. Stand also oft auf dem Siegerpodest der einstigen deutschen Catch-Hauptstadt. Dabei waren die ersten Jahre doch äußerst schwierig gewesen, und hat Axel vornehmlich im Ausland seine ersten Erfolge erzielt. Beim Veranstalter Bela Barothy erschien Mitte der 1950er Jahre ein Amateur vom SC Heros Berlin. Barothy, noch ein Berufsringer aus Vorkriegszeiten, war damals bekannt für sein gutes Gespür wenn es um neue Talente ging. Oftmals hatte er den richtigen Riecher und pushte zum richtigen Zeitpunkt. So war es bei Conny Fey, René Lasartesse, Paul Berger, Siegfried Schulz oder Michael Ujevic. Am 24.04.1955 debütierte Axel in Krefeld gegen Nico Selenkowitsch aus Jugoslawien, den er durch DQ besiegte. Einst war Krefeld sogar mal sowas wie eine Catch-Hochburg der 50er bis Mitte der 70er Jahre, als dort der Veranstalter Gustl Kaiser seine Turniere austrug. Phasenweise sogar mehrmals pro Jahr sowie die Turniere von Konkurrenten wie Barothy. Dieser hatte es nämlich geschafft in der Umstellungsphase vom griechisch-römischen Stil auf den catch-as-catch-can, also Freistil, nicht in der Versenkung zu verschwinden, wie es vielen seiner Zeitgenossen ergangen ist. Der kleinere Barothy gegen den größeren Kaiser prägte das Bild des Catchens bis Ende der Dekade. Aber an Kaisers Stärke kam in dieser Zeit ohnehin kein anderer Veranstalter in Mitteleuropa heran. Jahrzehntelang dominierte der klassische Stil, griechisch-römisch, den Berufsringkampf hierzulande. Der erste Boom des Catchens setzte hier Anfang der 50er Jahre ein. Eine Zeitlang, seit den späten 40er Jahren, wurden die Turniere durch Kämpfe im Freistil ergänzt. Bald gab es auch gemischte Turniere mit Siegern in beiden Kampfrichtungen. Auf die Dauer allerdings setzte sich das Catchen mehr durch. Derjenige Veranstalter, nämlich Rudolf Zurth, der den Begriff „Catchen [Ketschen]“ einst in Deutschland prägte, war es auch, der mehrmals in den 50er Jahren das baldige Ende „seines“ Metiers prophezeit hatte. Dann kam der Zeitpunkt wo der Catcher-König Zurth selbst über zu viel Sensationsmache und Show stolperte. Das Format seiner Veranstaltungen zog kaum noch Zuschauer an. Den Fehler ihres Konkurrenten machten Barothy und Kaiser nicht. Sie prägten praktisch jenes Bild vom Catchen, wie es noch Jahrzehnte später vollzogen wurde: mehr Sport als Show, wenn auch nicht gänzlich ohne Show. Ein Mittelmaß aus beidem bei Barothy, größtenteils Sport bei Kaiser. Hieß es bei Barothy schlicht „Catcher“, so nannte Kaiser seine Schützlinge vornehmlich „Freistil-Berufsringkämpfer“. Axel tourte bis Juni 1958 mit Barothys Truppe durch die damalige Bundesrepublik. Bei Gustl Kaiser triumphierten Gedeon Gida, Wilson Kohlbrecher, Hermann Iffland und besonders Horst Hoffmann, den Kaiser am meisten pushte. Wenn auch nicht dauerhaft, so tourte später auch ein Axel Dieter mit dieser Truppe rund um Deutschlands erfolgreichsten Wrestling-Veranstalter. Aber umso mehr wurde er eines der Zugpferde von Promoter Rolf Harnie und Edmund Schober, die Mitte der 60er Jahre auftauchten.
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Ehe der Name Axel Dieter dauerhaft auf Plakaten in Deutschland erschien, war er im Ausland mittlerweile umso bekannter. Das Potenzial des Catchens in Westeuropa war während der zweiten Hälfte der 1950er Jahre bei weitem höher ausgeprägt, als es in seinem Heimatland der Fall war. Westeuropa blühte mehr noch als Mitteleuropa im Catchen auf. Es gab in England TV Wrestling Shows, Frankreich sah eine Vielzahl von Shows und Spanien war so etwas wie eine Hochburg des Wrestlings in Europa. Am 14.06.1958 stand er noch bei Barothy in der Jahnturnhalle in Nürnberg im Ring gegen Josef Kamaras. Kurze Zeit später unternahm Axel seine erste Tournee ins Ausland nach Spanien. Gleich bei seiner ersten Tour hinterließ er einen bleibenden Eindruck in Matches gegen Felix Lamban, Eduardo Castillo und Antonio Montoro. Es waren diese ersten Momente wo er der Elite Spaniens ja Westeuropas im Ring gegenüberstand. Die Konsequenz daraus waren weitere Verpflichtungen wie nach Frankreich und 1959 erstmals nach England. Ab 1962 lebte Axel dauerhaft in Barcelona und ist Spanien eines der Länder gewesen, wo er über Jahre hinweg immer wieder auftrat. Sein Tourplan ließ ihm aber kaum eine Atempause. So ging er im November 1962 zusammen mit Siegfried Schulz auf Tournee nach Süd Amerika [Venezuela, Trinidad]. Axel schaffte es sogar bis in den Olymp der Szene: die Royal Albert Hall in London. Hier veranstaltete die Dale-Martin Promotion regelmäßig große Wrestling-Shows. Am 16.10.1963 kam es hier zwischen ihm und Farmer Johnny Allan nur zu einem Unentschieden. Dennoch konstatierte später ein Kenner der Szene namens Russell Plummer: „....great in a contest that I rate among the best I have seen at this magnificent arena“. Es folgten noch etliche Tourneen durch Westeuropa. Dazwischen trat er auch immer wieder in Österreich und Deutschland auf. Die Szene hier wurde jetzt durch mehr Veranstalter geprägt, die mitsamt ihren [lexicon]Stars[/lexicon] umherzogen. Ab Mitte der 60er Jahre konkurrierten Nicola Selenkowitsch, Edmund Schober und Rolf Harnie mit dem König der deutschen Catch-Szene, Gustl Kaiser. Im Lager von Schober und Harnie, die zeitweilig zusammen veranstalteten, war Axel Dieter bei weitem am Erfolgreichsten gewesen. Man hatte fast den Eindruck, als wenn mit Harnie ein zweiter Gustl Kaiser auf der Bühne der Veranstalter auftauchte. Harnie prägte das Catchen der späten 60er Jahre vor allem mit seinen etlichen Kurzturnieren um den Europa-Pokal. Dagegen standen allerdings Kaisers „All Nations-Tournaments“ mit [lexicon]Stars[/lexicon] der internationalen Szene wie etwa „The Destroyer“ Dick Beyer. Ein erster durchschlagender Turniersieg gelang Axel Dieter im August 1964 bei der Europameisterschaft in Klagenfurt. Im Finale triumphierte er über den Jugoslawen Michael Ujevic. Das war der Auftakt einer Serie von Europameisterschaften bei denen Axel insgesamt fünf Mal als Sieger hervorging. 1966 sah man ihn erstmals im Lager von Harnie und Schober auftreten. Es war das Jahr der Europameisterschaften im Catchen. Axel gewann den Titel des Europameisters gleich zwei Mal im April in Düsseldorf und am 21.07.1966 in der KAC Arena in Klagenfurt. Sein Gegner im Finale in Klagenfurt hieß Kiyomigawa, der sich in Hannover bei Schober-Harnie den Titel sicherte. Auch die anderen Veranstalter hatten bald ihren eigenen Europameister gekrönt: in Nürnberg war es bei Gustl Kaiser natürlich Horst Hoffmann und in Innsbruck der Catcher Georg Blemenschütz. So viele Sieger zeigten vor allem eines, dass die Szene lebendiger war als noch in den 1950er Jahren. Man war auf dem Weg in eine glorreiche Epoche des Catchens zu dessen größten Topstars ganz eindeutig Axel Dieter Senior zählte. Axel gewann einige Jahre später noch die beiden großen EM-Turniere auf dem Heumarkt in Wien 1973 und 74.
Man kann wohl sagen, dass der hannoversche Schützenplatz schon fast das zweite Zuhause für Axel Dieter war. Sein erstes Match in Hannover bestritt er am 23.09.1966 gegen Jan [Franz] van Buyten, das Letzte am 25.10.1987 gegen Mile Zrno. Dazwischen lagen zwei Jahrzehnte glorreiche Catch-Geschichte wo sich Axel Dieter als Publikumsliebling und großer Champion etablierte. Bei seinem Einstand im Lager Harnie-Schober im Herbst 1966 war das noch nicht ganz absehbar. Bis zum Vize-Weltmeister standen ihm noch viele bedeutende Catcher gegenüber. Bald begannen seine neuen Geldgeber damit ihn zu pushen. Anfangs war es vor allem Harnie der in ihm einen neuen Topstar für seine Truppe sah. Dann zu Beginn der 70er Jahre bekam er den größten Push von Schober in Hannover. Den Auftakt hier beendete Axel mit Platz 6. Die EM gewann diesmal sein Kontrahent Kiyomigawa am 12.11.1966 im Finale gegen Josef Berber, bekannt unter dem Namen „Adi Berber Junior“. Auch wenn die Klagenfurter EM jetzt offenbar nicht mehr viel zählte, es gab auf einmal zwei Europameister die für das gleiche Lager antraten: Dieter und Kiyomigawa. Bald schien klar zu sein, dass diese Situation nicht lange Bestand haben konnte. Der Europa-Pokal wurde aus der Taufe gehoben. Ein Vorläufer der späteren World Cup Turniere. Dabei tourte Harnie mit seiner Catcher-Truppe durch eine Vielzahl von Städten in Deutschland und Österreich. Am Ende dieser Serie aus zumeist kurzen Turnieren [6-7 Tage] winkte der Europa-Pokal. Den Beginn der 67er Saison machten Kiel, Berlin und Ludwigshafen. Im Juli gewann Axel das Turnier auf den Cannstatter Wasen in Stuttgart. Seine härtesten Konkurrenten waren zu diesem Zeitpunkt Josef Berber, Hans Dillinger und Paul Berger. Pierre Martinec, Jimmy Dula und Hans-Richard Behrens gehörten ebenfalls zu Harnies Truppe. Eine ganze Reihe an weiteren Turnieren schloss sich an: Duisburg, Aachen, Essen, Mönchengladbach, Frankfurt, Würzburg, Mannheim bis hin zum Finale in Kassel im Sommer 1967. Dort gewann Axel den ersten Europa-Pokal seiner Karriere vor Jimmy Dula. Bei der 68er Saison waren Dula, Kiyomigawa und der Berliner Achim Chall seine härtesten Konkurrenten. So gab es beim abschließenden Turnier in der Regensburger RT Halle am 30.03.1968 plötzlich drei Sieger des Europa-Pokals: Dieter, Chall und Kiyomigawa. Im Anschluss ging es wieder nach Hannover wo er das Turnier im April 1968 für sich entschied. Das war sein erster bedeutender Sieg in Hannover überhaupt. Harnies Truppe zog weiter nach Linz. Im Zeltbau an der Wiener Reichsstraße gewann Dieter den Donau-Pokal 1968 sogar noch vor Eugen Wiesberger Junior. Wiesberger war damals wie sein Vater einer der erfolgreichsten und bedeutendsten Amateurringer Österreichs. Obwohl er noch nicht lange als Professional aktiv war, hatte sein Name trotzdem Gewicht innerhalb der österreichischen Szene. Man schaute also sehr wohl nach Linz und hatte höchsten Respekt vor Dieter, dass er den harten Wiesberger auf Platz 2 verwies. Sein Mentor Harnie hatte indessen immer mehr Einfälle wie man die Tourneen der nächsten Monate oder sogar Jahre gestalten könnte. So kam der Gold-Pokal 1968 ausgetragen nach dem gleichen Prinzip wie der Europa-Pokal. Nach mehreren Turnieren kam im Dezember 1968 die Entscheidung in den Lübecker Auktionshallen. Wieder stand Axel Dieter Senior auf dem Siegerpodest und gewann den Gold-Pokal. Ein scheinbar nicht enden wollender Erfolg des Berliners. Längst war sein Name in der Szene bekannt geworden. Noch bekannter sollte der Name Axel Dieter allerdings bei der Weltmeisterschaft in Hannover 1970 werden.
Wahrscheinlich können sich nur noch wenige daran erinnern, dass auch Dortmund mal eine Hochburg des Catchens in den späten 60er bis in die 80er Jahre hinein war. Fast schon traditionell begannen die Frühjahrs-Turniere von Veranstalter Nico Selenkowitsch in Dortmund und anschließend ging es nach Bremen. Im März 1969 gewann Axel Dieter das Turnier in der Dortmunder Westfalenhalle. Beim anschließenden Turnier in der Bremer Stadthalle erzielte er Platz 3. Kenner der Szene wie Gerhard Schäfer konstatierten jetzt, dass Axel „nunmehr zu den führenden Vertretern seines Metiers aufgestiegen war“. Auch bei Harnie verlief die 69er Saison für den Aufsteiger sehr erfolgreich. Am 28.09.1969 gewann er zum dritten Mal den Europa-Pokal beim finalen Turnier in Hamburg. Der krönende Abschluss einer turbulenten Dekade lag hinter ihm. Es begannen die 70er Jahre mit noch mehr Erfolgen. Rudolf Zurth hatte damals noch das Ende des Catchens prophezeit. In den 70er und 80er Jahren trat genau das Gegenteil ein, und die Catch-Szene blühte auf wie niemals zuvor. Die führenden Veranstalter waren Kaiser, Schober, Selenkowitsch, Sven Hansen und das Gespann Kuhnert-Berger in Berlin. Nach Kaisers letztem großem Turnier in München 1976 offenbarte sich jedoch auch das Ende einer jahrzehntelangen Epoche. Die Geschichte hat bis heute gezeigt, dass kein zweiter Veranstalter solange im deutschen Catchen aktiv war wie Gustl Kaiser. Ein Schwergewicht verließ nach mehr als 30 Jahren die Bühne des Berufsringkampfes. Zudem einer denjenigen, die den Neustart und die Organisation der Szene nach Ende des Zweiten Weltkrieges erst ermöglicht hatten. Axel Dieter Senior stand wieder im Mittelpunkt bei Harnie zu Beginn des Jahres 1970. Die Turniere für den Europa-Pokal waren bereits gestartet, als man plötzlich im April vom Tod des Veranstalters erfuhr. Harnie hinterließ eine Lücke auch wenn er nicht in der Klasse von Edmund Schober mitspielte. Der wiederum verpflichtete Axel Dieter nun endlich dauerhaft für Auftritte bei seinen Turnieren. Bereits Ende der 60er Jahre wollte er ihn gänzlich engagieren, was aber wegen den vielen Auftritten bei Harnie, Selenkowitsch und im Ausland kaum möglich war. Nach fast einem Jahrzehnt [1955-63] wo das Catchen in Hannover praktisch tot war, wandelte sich die Szene mit der Weltmeisterschaft im Herbst 1970 auf dem Schützenplatz. Die letzten Turniere von Schober waren schon stark besetzt gewesen. Aber jetzt erhielt Hannover noch mehr Aufmerksamkeit da man hier eine Weltmeisterschaft austrug, die zuletzt offiziell Anfang der 50er Jahre in Berlin stattfand. Inoffiziell gab es sie natürlich weiterhin wie etwa 1957 in Stuttgart. 40 Teilnehmer kämpften vom 28. August 1970 an auf dem Schützenplatz um den Titel eines Weltmeisters. Rekord in der Szene! Eines der am stärksten besetzten Turniere seit den 1950er Jahren mit Namen wie Iwan Strogoff, René Lasartesse, Jimmy Dula, Hans-Richard Behrens, Shozo „Strong“ Kobayashi, Achim Chall, Kiyomigawa und Jan van Buyten. Nach 60 Tagen fiel die Entscheidung am Abend des 24. Oktober 1970. Für Axel Dieter Senior der bisher bedeutendste Tag seiner Karriere. Über 3000 Zuschauer füllten den Zeltbau bis auf den letzten Platz aus. Das Finale wurde entschieden zwischen Axel Dieter und René Lasartesse, einem seiner härtesten Kontrahenten überhaupt. Nach einem 44 Minuten dauernden harten Kampf ging als Lasartesse letztlich als Sieger hervor. Aber auch mit Platz 2 als „Vizeweltmeister“ konnte Axel mehr als stolz sein. Einige sagten man hätte es ihm nicht zugetraut. Wer noch nie von ihm gehört hatte, der wusste spätestens jetzt was für ein Star des Catchens hier im Ring stand. Für Schober wurde er zum Topstar, für die gesamte Szene einer der besten in den 70er und 80er Jahren. Das Catchen der 70er Jahre dominierten Lasartesse, Dieter, Wiesberger, Horst Hoffmann und Otto Wanz. Der Weg für Axel Dieter hin zum ultimativen World Cup Champion war jetzt praktisch frei.
Ab Anfang der 70er Jahre gab es eine ganze Matchserie zwischen Dieter und Lasartesse. Oft standen sie sich im Turnier gegenüber und bei Schober klingelte kräftig die Kasse. So auch beim Catch Cup 1970 in Hamburg wo sich beide ein ausgeglichenes Duell lieferten. Einmal siegte Dieter durch DQ, das andere Match gewann wiederum Lasartesse. Dann der besagte Finalkampf bei der WM in Hannover den der „Buhmann“ Lasartesse für sich entschied. Natürlich war das längst nicht das Ende ihrer „Ringer-Fehde“, denn Schober ließ das Europa-Pokal Turnier wieder aufleben. Die 71er Saison vom Europa-Pokal begann Schober in Kassel. Ende des Jahres flammte die Matchserie Dieter-Lasartesse wieder auf und sorgte für ausverkaufte Shows. Um die Szene in Hannover weiter zu pushen, nannte Schober das dortige 71er Turnier großspurig „Vorolympiade der Berufsringer“. Olympische Helden des Catchens standen sich dann tatsächlich im Finale am 07.11.1971 in einem völlig ausverkauften Zeltbau auf dem Schützenplatz gegenüber. Ein Jahr nach seiner Niederlage gelang Dieter an gleicher Stelle nun der grandiose Erfolg. Lasartesse musste sich an diesem Abend geschlagen geben. Den riesigen Siegerkranz erhielt endlich Axel Dieter Senior. Ein weiterer großer Höhepunkt seiner Laufbahn. Das wichtigste Turnier des Jahres hatte er gewonnen. Beim Finale im Europa-Pokal Turnier siegte Hans-Richard Behrens am 24.11.1971 gegen Lasartesse in der Düsseldorfer Philippshalle. Er bekam den großen Silberpokal von Ringrichter Peter William überreicht. Für die kommende Saison setzte Schober erneut das gleiche Turnier fest. Eine Änderung gab es lediglich bei der Bezeichnung: aus dem Europa-Pokal wurde 1972 das World Cup Turnier. Nach dem gleichen Prinzip gab es Vorentscheidungskämpfe in Ludwigshafen, Heilbronn, Offenbach, Hamm, Siegen, Kassel, Lübeck, Kiel und Düsseldorf. Eine Vielzahl kleinerer Turniere bis hin zum großen Finale, das nunmehr traditionell immer in Hannover stattfand. Der erste Welt-Cup war das Highlight der 72er Catch-Saison. Axel Dieter gewann dieses hochgradig besetzte Turnier in den Jahren 1974, 75, 77, 80 und letztmalig im Jahr 1983. Damit bis heute der erfolgreichste Turniersieger in Hannover. Selbst ein Otto Wanz gewann den World Cup „nur“ vier Mal. 1973 und 74 triumphierte Axel beim Veranstalter Georg Blemenschütz in Wien. Bei beiden Europameisterschaften besiegte er im Finale den „Dampfhammer aus Hannover“, Klaus Kauroff. Neben Kauroff, Lasartesse und Kiyomigawa war ein Hüne aus Belgien namens „Le Grand Vladimir“ einer seiner häufigsten Gegner. 32 Jahre dauerte seine Karriere. Eine sehr lange Zeit im Catchen, denn viele seiner Zeitgenossen aus den Anfängen damals bei Barothy waren schon längst nicht mehr aktiv. So kam nach einer großen Karriere der stille und leise Abschied im Berliner Tempodrom Ende 1987. Axel Dieter verließ das Business als aktiver Catcher. Sein Kampfrekord und die Turniersiege haben einen Umfang wie man ihn nur selten im deutschen Wrestling widerfindet. Als Ringsprecher und Besucher blieb er seinen unzähligen Fans weiterhin treu. Catch-Fans der European Wrestling Promotion [EWP] in Hannover hatten vor ein paar Jahren noch die Gelegenheit Axel Dieter und Klaus Kauroff bei einer Legenden Show live zu sehen. Im Hangar Nr. 5 gaben beide Autogramme. Es war einer der letzten Auftritte von Axel im Wrestling. Am 28. September 2015 ist Axel Dieter Senior im Alter von 81 Jahren gestorben.
Im Verlauf seiner über 120-jährigen Geschichte hat der deutsche Berufsringkampf eine Vielzahl namhafter Ringer gesehen. Etliche nannten sich unbesiegbar, viele waren ihrer Ansicht nach „die Größten“ und mancher hat es doch zum Welt- oder Europameister geschafft. Nur die wenigsten von ihnen spielten jedoch in der Liga eines Hans Schwarz [Senior und Junior], eines René Lasartesse, Jakob Koch und Otto Wanz mit. Als Axel Dieter Senior 1955 auf der Bühne des Catchens auftauchte, ahnte noch niemand welch große Karriere hier ihren Anfang nahm. Bei seinem Abschied 32 Jahre später im Tempodrom in Berlin hatten sich solche Sätze wie „vom Anfänger zum Könner“ oder „Letzter in der Reihe herausragender Berufsringkämpfer“ unlängst bewahrheitet. Axel Dieter Senior reiht sich ein in die Riege der größten Catch-Legenden. Dafür stehen etliche Turniersiege: fünffacher Gewinner vom World Cup Turnier in Hannover, dreifacher Europa-Pokal Sieger und fünffacher Europameister. Alleine in Hannover hat er insgesamt bei sieben Turnieren den ersten Platz erzielt. Stand also oft auf dem Siegerpodest der einstigen deutschen Catch-Hauptstadt. Dabei waren die ersten Jahre doch äußerst schwierig gewesen, und hat Axel vornehmlich im Ausland seine ersten Erfolge erzielt. Beim Veranstalter Bela Barothy erschien Mitte der 1950er Jahre ein Amateur vom SC Heros Berlin. Barothy, noch ein Berufsringer aus Vorkriegszeiten, war damals bekannt für sein gutes Gespür wenn es um neue Talente ging. Oftmals hatte er den richtigen Riecher und pushte zum richtigen Zeitpunkt. So war es bei Conny Fey, René Lasartesse, Paul Berger, Siegfried Schulz oder Michael Ujevic. Am 24.04.1955 debütierte Axel in Krefeld gegen Nico Selenkowitsch aus Jugoslawien, den er durch DQ besiegte. Einst war Krefeld sogar mal sowas wie eine Catch-Hochburg der 50er bis Mitte der 70er Jahre, als dort der Veranstalter Gustl Kaiser seine Turniere austrug. Phasenweise sogar mehrmals pro Jahr sowie die Turniere von Konkurrenten wie Barothy. Dieser hatte es nämlich geschafft in der Umstellungsphase vom griechisch-römischen Stil auf den catch-as-catch-can, also Freistil, nicht in der Versenkung zu verschwinden, wie es vielen seiner Zeitgenossen ergangen ist. Der kleinere Barothy gegen den größeren Kaiser prägte das Bild des Catchens bis Ende der Dekade. Aber an Kaisers Stärke kam in dieser Zeit ohnehin kein anderer Veranstalter in Mitteleuropa heran. Jahrzehntelang dominierte der klassische Stil, griechisch-römisch, den Berufsringkampf hierzulande. Der erste Boom des Catchens setzte hier Anfang der 50er Jahre ein. Eine Zeitlang, seit den späten 40er Jahren, wurden die Turniere durch Kämpfe im Freistil ergänzt. Bald gab es auch gemischte Turniere mit Siegern in beiden Kampfrichtungen. Auf die Dauer allerdings setzte sich das Catchen mehr durch. Derjenige Veranstalter, nämlich Rudolf Zurth, der den Begriff „Catchen [Ketschen]“ einst in Deutschland prägte, war es auch, der mehrmals in den 50er Jahren das baldige Ende „seines“ Metiers prophezeit hatte. Dann kam der Zeitpunkt wo der Catcher-König Zurth selbst über zu viel Sensationsmache und Show stolperte. Das Format seiner Veranstaltungen zog kaum noch Zuschauer an. Den Fehler ihres Konkurrenten machten Barothy und Kaiser nicht. Sie prägten praktisch jenes Bild vom Catchen, wie es noch Jahrzehnte später vollzogen wurde: mehr Sport als Show, wenn auch nicht gänzlich ohne Show. Ein Mittelmaß aus beidem bei Barothy, größtenteils Sport bei Kaiser. Hieß es bei Barothy schlicht „Catcher“, so nannte Kaiser seine Schützlinge vornehmlich „Freistil-Berufsringkämpfer“. Axel tourte bis Juni 1958 mit Barothys Truppe durch die damalige Bundesrepublik. Bei Gustl Kaiser triumphierten Gedeon Gida, Wilson Kohlbrecher, Hermann Iffland und besonders Horst Hoffmann, den Kaiser am meisten pushte. Wenn auch nicht dauerhaft, so tourte später auch ein Axel Dieter mit dieser Truppe rund um Deutschlands erfolgreichsten Wrestling-Veranstalter. Aber umso mehr wurde er eines der Zugpferde von Promoter Rolf Harnie und Edmund Schober, die Mitte der 60er Jahre auftauchten.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team//Nr. 32 - Ax...r (50).jpg]
Ehe der Name Axel Dieter dauerhaft auf Plakaten in Deutschland erschien, war er im Ausland mittlerweile umso bekannter. Das Potenzial des Catchens in Westeuropa war während der zweiten Hälfte der 1950er Jahre bei weitem höher ausgeprägt, als es in seinem Heimatland der Fall war. Westeuropa blühte mehr noch als Mitteleuropa im Catchen auf. Es gab in England TV Wrestling Shows, Frankreich sah eine Vielzahl von Shows und Spanien war so etwas wie eine Hochburg des Wrestlings in Europa. Am 14.06.1958 stand er noch bei Barothy in der Jahnturnhalle in Nürnberg im Ring gegen Josef Kamaras. Kurze Zeit später unternahm Axel seine erste Tournee ins Ausland nach Spanien. Gleich bei seiner ersten Tour hinterließ er einen bleibenden Eindruck in Matches gegen Felix Lamban, Eduardo Castillo und Antonio Montoro. Es waren diese ersten Momente wo er der Elite Spaniens ja Westeuropas im Ring gegenüberstand. Die Konsequenz daraus waren weitere Verpflichtungen wie nach Frankreich und 1959 erstmals nach England. Ab 1962 lebte Axel dauerhaft in Barcelona und ist Spanien eines der Länder gewesen, wo er über Jahre hinweg immer wieder auftrat. Sein Tourplan ließ ihm aber kaum eine Atempause. So ging er im November 1962 zusammen mit Siegfried Schulz auf Tournee nach Süd Amerika [Venezuela, Trinidad]. Axel schaffte es sogar bis in den Olymp der Szene: die Royal Albert Hall in London. Hier veranstaltete die Dale-Martin Promotion regelmäßig große Wrestling-Shows. Am 16.10.1963 kam es hier zwischen ihm und Farmer Johnny Allan nur zu einem Unentschieden. Dennoch konstatierte später ein Kenner der Szene namens Russell Plummer: „....great in a contest that I rate among the best I have seen at this magnificent arena“. Es folgten noch etliche Tourneen durch Westeuropa. Dazwischen trat er auch immer wieder in Österreich und Deutschland auf. Die Szene hier wurde jetzt durch mehr Veranstalter geprägt, die mitsamt ihren [lexicon]Stars[/lexicon] umherzogen. Ab Mitte der 60er Jahre konkurrierten Nicola Selenkowitsch, Edmund Schober und Rolf Harnie mit dem König der deutschen Catch-Szene, Gustl Kaiser. Im Lager von Schober und Harnie, die zeitweilig zusammen veranstalteten, war Axel Dieter bei weitem am Erfolgreichsten gewesen. Man hatte fast den Eindruck, als wenn mit Harnie ein zweiter Gustl Kaiser auf der Bühne der Veranstalter auftauchte. Harnie prägte das Catchen der späten 60er Jahre vor allem mit seinen etlichen Kurzturnieren um den Europa-Pokal. Dagegen standen allerdings Kaisers „All Nations-Tournaments“ mit [lexicon]Stars[/lexicon] der internationalen Szene wie etwa „The Destroyer“ Dick Beyer. Ein erster durchschlagender Turniersieg gelang Axel Dieter im August 1964 bei der Europameisterschaft in Klagenfurt. Im Finale triumphierte er über den Jugoslawen Michael Ujevic. Das war der Auftakt einer Serie von Europameisterschaften bei denen Axel insgesamt fünf Mal als Sieger hervorging. 1966 sah man ihn erstmals im Lager von Harnie und Schober auftreten. Es war das Jahr der Europameisterschaften im Catchen. Axel gewann den Titel des Europameisters gleich zwei Mal im April in Düsseldorf und am 21.07.1966 in der KAC Arena in Klagenfurt. Sein Gegner im Finale in Klagenfurt hieß Kiyomigawa, der sich in Hannover bei Schober-Harnie den Titel sicherte. Auch die anderen Veranstalter hatten bald ihren eigenen Europameister gekrönt: in Nürnberg war es bei Gustl Kaiser natürlich Horst Hoffmann und in Innsbruck der Catcher Georg Blemenschütz. So viele Sieger zeigten vor allem eines, dass die Szene lebendiger war als noch in den 1950er Jahren. Man war auf dem Weg in eine glorreiche Epoche des Catchens zu dessen größten Topstars ganz eindeutig Axel Dieter Senior zählte. Axel gewann einige Jahre später noch die beiden großen EM-Turniere auf dem Heumarkt in Wien 1973 und 74.
Man kann wohl sagen, dass der hannoversche Schützenplatz schon fast das zweite Zuhause für Axel Dieter war. Sein erstes Match in Hannover bestritt er am 23.09.1966 gegen Jan [Franz] van Buyten, das Letzte am 25.10.1987 gegen Mile Zrno. Dazwischen lagen zwei Jahrzehnte glorreiche Catch-Geschichte wo sich Axel Dieter als Publikumsliebling und großer Champion etablierte. Bei seinem Einstand im Lager Harnie-Schober im Herbst 1966 war das noch nicht ganz absehbar. Bis zum Vize-Weltmeister standen ihm noch viele bedeutende Catcher gegenüber. Bald begannen seine neuen Geldgeber damit ihn zu pushen. Anfangs war es vor allem Harnie der in ihm einen neuen Topstar für seine Truppe sah. Dann zu Beginn der 70er Jahre bekam er den größten Push von Schober in Hannover. Den Auftakt hier beendete Axel mit Platz 6. Die EM gewann diesmal sein Kontrahent Kiyomigawa am 12.11.1966 im Finale gegen Josef Berber, bekannt unter dem Namen „Adi Berber Junior“. Auch wenn die Klagenfurter EM jetzt offenbar nicht mehr viel zählte, es gab auf einmal zwei Europameister die für das gleiche Lager antraten: Dieter und Kiyomigawa. Bald schien klar zu sein, dass diese Situation nicht lange Bestand haben konnte. Der Europa-Pokal wurde aus der Taufe gehoben. Ein Vorläufer der späteren World Cup Turniere. Dabei tourte Harnie mit seiner Catcher-Truppe durch eine Vielzahl von Städten in Deutschland und Österreich. Am Ende dieser Serie aus zumeist kurzen Turnieren [6-7 Tage] winkte der Europa-Pokal. Den Beginn der 67er Saison machten Kiel, Berlin und Ludwigshafen. Im Juli gewann Axel das Turnier auf den Cannstatter Wasen in Stuttgart. Seine härtesten Konkurrenten waren zu diesem Zeitpunkt Josef Berber, Hans Dillinger und Paul Berger. Pierre Martinec, Jimmy Dula und Hans-Richard Behrens gehörten ebenfalls zu Harnies Truppe. Eine ganze Reihe an weiteren Turnieren schloss sich an: Duisburg, Aachen, Essen, Mönchengladbach, Frankfurt, Würzburg, Mannheim bis hin zum Finale in Kassel im Sommer 1967. Dort gewann Axel den ersten Europa-Pokal seiner Karriere vor Jimmy Dula. Bei der 68er Saison waren Dula, Kiyomigawa und der Berliner Achim Chall seine härtesten Konkurrenten. So gab es beim abschließenden Turnier in der Regensburger RT Halle am 30.03.1968 plötzlich drei Sieger des Europa-Pokals: Dieter, Chall und Kiyomigawa. Im Anschluss ging es wieder nach Hannover wo er das Turnier im April 1968 für sich entschied. Das war sein erster bedeutender Sieg in Hannover überhaupt. Harnies Truppe zog weiter nach Linz. Im Zeltbau an der Wiener Reichsstraße gewann Dieter den Donau-Pokal 1968 sogar noch vor Eugen Wiesberger Junior. Wiesberger war damals wie sein Vater einer der erfolgreichsten und bedeutendsten Amateurringer Österreichs. Obwohl er noch nicht lange als Professional aktiv war, hatte sein Name trotzdem Gewicht innerhalb der österreichischen Szene. Man schaute also sehr wohl nach Linz und hatte höchsten Respekt vor Dieter, dass er den harten Wiesberger auf Platz 2 verwies. Sein Mentor Harnie hatte indessen immer mehr Einfälle wie man die Tourneen der nächsten Monate oder sogar Jahre gestalten könnte. So kam der Gold-Pokal 1968 ausgetragen nach dem gleichen Prinzip wie der Europa-Pokal. Nach mehreren Turnieren kam im Dezember 1968 die Entscheidung in den Lübecker Auktionshallen. Wieder stand Axel Dieter Senior auf dem Siegerpodest und gewann den Gold-Pokal. Ein scheinbar nicht enden wollender Erfolg des Berliners. Längst war sein Name in der Szene bekannt geworden. Noch bekannter sollte der Name Axel Dieter allerdings bei der Weltmeisterschaft in Hannover 1970 werden.
Wahrscheinlich können sich nur noch wenige daran erinnern, dass auch Dortmund mal eine Hochburg des Catchens in den späten 60er bis in die 80er Jahre hinein war. Fast schon traditionell begannen die Frühjahrs-Turniere von Veranstalter Nico Selenkowitsch in Dortmund und anschließend ging es nach Bremen. Im März 1969 gewann Axel Dieter das Turnier in der Dortmunder Westfalenhalle. Beim anschließenden Turnier in der Bremer Stadthalle erzielte er Platz 3. Kenner der Szene wie Gerhard Schäfer konstatierten jetzt, dass Axel „nunmehr zu den führenden Vertretern seines Metiers aufgestiegen war“. Auch bei Harnie verlief die 69er Saison für den Aufsteiger sehr erfolgreich. Am 28.09.1969 gewann er zum dritten Mal den Europa-Pokal beim finalen Turnier in Hamburg. Der krönende Abschluss einer turbulenten Dekade lag hinter ihm. Es begannen die 70er Jahre mit noch mehr Erfolgen. Rudolf Zurth hatte damals noch das Ende des Catchens prophezeit. In den 70er und 80er Jahren trat genau das Gegenteil ein, und die Catch-Szene blühte auf wie niemals zuvor. Die führenden Veranstalter waren Kaiser, Schober, Selenkowitsch, Sven Hansen und das Gespann Kuhnert-Berger in Berlin. Nach Kaisers letztem großem Turnier in München 1976 offenbarte sich jedoch auch das Ende einer jahrzehntelangen Epoche. Die Geschichte hat bis heute gezeigt, dass kein zweiter Veranstalter solange im deutschen Catchen aktiv war wie Gustl Kaiser. Ein Schwergewicht verließ nach mehr als 30 Jahren die Bühne des Berufsringkampfes. Zudem einer denjenigen, die den Neustart und die Organisation der Szene nach Ende des Zweiten Weltkrieges erst ermöglicht hatten. Axel Dieter Senior stand wieder im Mittelpunkt bei Harnie zu Beginn des Jahres 1970. Die Turniere für den Europa-Pokal waren bereits gestartet, als man plötzlich im April vom Tod des Veranstalters erfuhr. Harnie hinterließ eine Lücke auch wenn er nicht in der Klasse von Edmund Schober mitspielte. Der wiederum verpflichtete Axel Dieter nun endlich dauerhaft für Auftritte bei seinen Turnieren. Bereits Ende der 60er Jahre wollte er ihn gänzlich engagieren, was aber wegen den vielen Auftritten bei Harnie, Selenkowitsch und im Ausland kaum möglich war. Nach fast einem Jahrzehnt [1955-63] wo das Catchen in Hannover praktisch tot war, wandelte sich die Szene mit der Weltmeisterschaft im Herbst 1970 auf dem Schützenplatz. Die letzten Turniere von Schober waren schon stark besetzt gewesen. Aber jetzt erhielt Hannover noch mehr Aufmerksamkeit da man hier eine Weltmeisterschaft austrug, die zuletzt offiziell Anfang der 50er Jahre in Berlin stattfand. Inoffiziell gab es sie natürlich weiterhin wie etwa 1957 in Stuttgart. 40 Teilnehmer kämpften vom 28. August 1970 an auf dem Schützenplatz um den Titel eines Weltmeisters. Rekord in der Szene! Eines der am stärksten besetzten Turniere seit den 1950er Jahren mit Namen wie Iwan Strogoff, René Lasartesse, Jimmy Dula, Hans-Richard Behrens, Shozo „Strong“ Kobayashi, Achim Chall, Kiyomigawa und Jan van Buyten. Nach 60 Tagen fiel die Entscheidung am Abend des 24. Oktober 1970. Für Axel Dieter Senior der bisher bedeutendste Tag seiner Karriere. Über 3000 Zuschauer füllten den Zeltbau bis auf den letzten Platz aus. Das Finale wurde entschieden zwischen Axel Dieter und René Lasartesse, einem seiner härtesten Kontrahenten überhaupt. Nach einem 44 Minuten dauernden harten Kampf ging als Lasartesse letztlich als Sieger hervor. Aber auch mit Platz 2 als „Vizeweltmeister“ konnte Axel mehr als stolz sein. Einige sagten man hätte es ihm nicht zugetraut. Wer noch nie von ihm gehört hatte, der wusste spätestens jetzt was für ein Star des Catchens hier im Ring stand. Für Schober wurde er zum Topstar, für die gesamte Szene einer der besten in den 70er und 80er Jahren. Das Catchen der 70er Jahre dominierten Lasartesse, Dieter, Wiesberger, Horst Hoffmann und Otto Wanz. Der Weg für Axel Dieter hin zum ultimativen World Cup Champion war jetzt praktisch frei.
Ab Anfang der 70er Jahre gab es eine ganze Matchserie zwischen Dieter und Lasartesse. Oft standen sie sich im Turnier gegenüber und bei Schober klingelte kräftig die Kasse. So auch beim Catch Cup 1970 in Hamburg wo sich beide ein ausgeglichenes Duell lieferten. Einmal siegte Dieter durch DQ, das andere Match gewann wiederum Lasartesse. Dann der besagte Finalkampf bei der WM in Hannover den der „Buhmann“ Lasartesse für sich entschied. Natürlich war das längst nicht das Ende ihrer „Ringer-Fehde“, denn Schober ließ das Europa-Pokal Turnier wieder aufleben. Die 71er Saison vom Europa-Pokal begann Schober in Kassel. Ende des Jahres flammte die Matchserie Dieter-Lasartesse wieder auf und sorgte für ausverkaufte Shows. Um die Szene in Hannover weiter zu pushen, nannte Schober das dortige 71er Turnier großspurig „Vorolympiade der Berufsringer“. Olympische Helden des Catchens standen sich dann tatsächlich im Finale am 07.11.1971 in einem völlig ausverkauften Zeltbau auf dem Schützenplatz gegenüber. Ein Jahr nach seiner Niederlage gelang Dieter an gleicher Stelle nun der grandiose Erfolg. Lasartesse musste sich an diesem Abend geschlagen geben. Den riesigen Siegerkranz erhielt endlich Axel Dieter Senior. Ein weiterer großer Höhepunkt seiner Laufbahn. Das wichtigste Turnier des Jahres hatte er gewonnen. Beim Finale im Europa-Pokal Turnier siegte Hans-Richard Behrens am 24.11.1971 gegen Lasartesse in der Düsseldorfer Philippshalle. Er bekam den großen Silberpokal von Ringrichter Peter William überreicht. Für die kommende Saison setzte Schober erneut das gleiche Turnier fest. Eine Änderung gab es lediglich bei der Bezeichnung: aus dem Europa-Pokal wurde 1972 das World Cup Turnier. Nach dem gleichen Prinzip gab es Vorentscheidungskämpfe in Ludwigshafen, Heilbronn, Offenbach, Hamm, Siegen, Kassel, Lübeck, Kiel und Düsseldorf. Eine Vielzahl kleinerer Turniere bis hin zum großen Finale, das nunmehr traditionell immer in Hannover stattfand. Der erste Welt-Cup war das Highlight der 72er Catch-Saison. Axel Dieter gewann dieses hochgradig besetzte Turnier in den Jahren 1974, 75, 77, 80 und letztmalig im Jahr 1983. Damit bis heute der erfolgreichste Turniersieger in Hannover. Selbst ein Otto Wanz gewann den World Cup „nur“ vier Mal. 1973 und 74 triumphierte Axel beim Veranstalter Georg Blemenschütz in Wien. Bei beiden Europameisterschaften besiegte er im Finale den „Dampfhammer aus Hannover“, Klaus Kauroff. Neben Kauroff, Lasartesse und Kiyomigawa war ein Hüne aus Belgien namens „Le Grand Vladimir“ einer seiner häufigsten Gegner. 32 Jahre dauerte seine Karriere. Eine sehr lange Zeit im Catchen, denn viele seiner Zeitgenossen aus den Anfängen damals bei Barothy waren schon längst nicht mehr aktiv. So kam nach einer großen Karriere der stille und leise Abschied im Berliner Tempodrom Ende 1987. Axel Dieter verließ das Business als aktiver Catcher. Sein Kampfrekord und die Turniersiege haben einen Umfang wie man ihn nur selten im deutschen Wrestling widerfindet. Als Ringsprecher und Besucher blieb er seinen unzähligen Fans weiterhin treu. Catch-Fans der European Wrestling Promotion [EWP] in Hannover hatten vor ein paar Jahren noch die Gelegenheit Axel Dieter und Klaus Kauroff bei einer Legenden Show live zu sehen. Im Hangar Nr. 5 gaben beide Autogramme. Es war einer der letzten Auftritte von Axel im Wrestling. Am 28. September 2015 ist Axel Dieter Senior im Alter von 81 Jahren gestorben.