25.04.2009, 16:48
Teil 5: Das Desaster von Chicago
Ende 1950 hatte die NWA 26 Mitglieder. Bis 1953 waren es fast 40 und das Territorium umfasste große Teile der USA sowie Bereiche in Kanada, Mexiko und Japan. Das größte Problem waren die unterschiedlichen Interessen vieler Mitglieder und der damit verbundene Streit um den Einsatzort des Champions. Mehrere Promoter wollten Thesz am liebsten nur in ihrem Revier antreten lassen. Konflikte waren so kaum zu vermeiden.
Am 15. März 1956 verlor Thesz den NWA World Title in Toronto an "Whipper" Billy Watson. Ringrichter war die Boxlegende Jack Dempsey. Watson's Regentschaft dauerte jedoch nur bis zum 09. November 1956. Dann holte sich Thesz den Titel in St. Louis zurück. Er war hier schlechthin der Heimfavorit. Das Ergebnis dieses Kampfes provoziete manchen NWA Promoter gewaltig. Während McMahon's Truppe Einigkeit bewies, zerfiel Muchnick's Allianz allmählich in mehrere Splittergruppen. Der NWA World Title konnte nach NWA Regeln nur durch Pin oder Aufgabe wechseln. Beide Thesz-Watson Kämpfe endeten aber im Count-Out. Noch gelang es Muchnick die Allianz zusammenzuhalten. Erste Probleme gab es aber bereits mit Montreal-Promoter Eddie Quinn, Mitglied seit 1949. Die ganzen Kontroversen entzündeten sich am Einsatzort des World Titles. Thesz machte eine Tournee nach Japan. Anstatt die Allianz mit weltweiten Auftritten zu einigen, bröckelte sie. Am 30. April 1957 befand sich Japans Nationalheld Rikidozan in St. Louis, um den Vertrag für den Titelkampf gegen Thesz zu unterzeichnen. Thesz signierte und stellte seinen NWA World Title zur Disposition. Die Japan Tournee startete im Oktober 1957. Vorher erlebte Amerikas Wrestlingszene aber das kontroverseste Match seit Kriegsende.
1957 wurde zum Schicksalsjahr der NWA. Quinn präsentierte seinen Schützling Edouard Carpentier. Er entdeckte das Potenzial Carpentier's zusammen mit Promoter Frank Tunney in Paris. Quinn zog Carpentier nach Kanada und baute ihn im Montrealer Revier zum ultimativen Favoriten auf. Am 08. Mai kam eine größere Bewährungsprobe: Carpentier bezwang den eisenharten Killer Kowalski. Quinn wollte ihn als NWA World Champion in seiner eigenen Promotion aufbauen. Er konnte einen Titelkampf gegen Thesz durchsetzen. Am 14. Juni 1957 kam dann das berühmte Match in Chicago, das für erste Brüche im Wrestling sorgte. Den ersten Fall gewann Thesz, den zweiten Carpentier. Quinn's Schützling dominierte und brachte Thesz in die Defensive. Das auf 3 Runden festgesetzte Match endete im Desaster. Thesz konnte die Attacken Carpentier's kaum noch abwenden, da ihn eine starke Rückenverletzung schwächte. Ringrichter Ed Whalen brach das Match schließlich ab und ernannte Carpentier zum Sieger durch Disqualifikation. "Disqualifikation"- dieses Wort trieb einen Keil zwischen Quinn und Muchnick. Eigentlich konnte der Titel nur durch Pin oder Aufgabe wechseln.
Carpentier sollte zunächst als "Übergangs-Champion" eingesetzt werden. Zumindest solange Thesz in Japan kämpfte. Aber die Tour war erst für Oktober geplant und bereits jetzt gab es Konfusionen. Ein Teil der NWA Promoter ernannte Carpentier zum rechtmäßigen NWA World Champion. Muchnick lehnte einen Titelwechsel ab, da Thesz durch DQ verloren hatte. Er revidierte später die Entscheidung des Ringrichters und gab den Titel zurück an Thesz. Die NWA-Spitze hätte Quinns Schützling ohnehin nie wirklich anerkannt. Das war eine Provokation für Quinn, die dieser nicht auf sich sitzen lies. Ein Rückkampf in Montreal wurde festgesetzt. Insider befürchteten schon, das dieser ebenfalls im Desaster endete. Sie sollten Recht behalten. Am 24. Juli 1957 verlor Carpentier durch DQ, nachdem er Ringrichter Yvon Robert attackierte. Wieder ein unbefriedigendes Ende. Der DQ-Sieg von Thesz kam für Muchnick gerade recht. Thesz sei alleiniger NWA Champion. Quinn spielte nicht mit und kündigte im August 1957 seine NWA Mitgliedschaft. Die Anerkennung von Carpentier, seitens einiger NWA Promoter, blieb bestehen. Das Szenario zweier NWA Champions konnte nicht lange gut gehen. Nach Quinn's Austritt verschärfte sich die Lage.
Muchnick war umstritten, weil er meistens nur große Stücke auf Thesz setzte. Allerdings auch seine spätere Entscheidung Buddy Rogers gegen Pat O'Connor (30. Juni 1961) gewinnen zu lassen, brachte ihm wenig Freunde ein. Viele Promoter waren mit Muchnick's Führung nicht einverstanden. Quinns Rückzug schien unausweichlich, da die NWA zu mächtig war. Das Montrealer Territorium hätte alleine nichts ausrichten können. Muchnick weigerte sich von einer regionalen Promotion derartig stark ins Geschäft greifen zu lassen. Dazu kam noch, dass man sich herzlich wenig vorschreiben lassen wollte, wie oft und wo welcher Champion-Titel verteidigt werden sollte. Thesz reiste nach Japan um gegen Rikidozan zu kämpfen. Die NWA erkannte jedoch nicht, dass ihr International Title in Japan viel Geld einbrachte. Man sah das immer noch zu territorial und glaubte mit dem Champion im eigenen Lande mehr zu erreichen. Thesz konnte durch die Tour keine Kämpfe für die Allianz-Promoter bestreiten. Das trieb einige auf die Barrikaden. Der Repräsentant des International Title sollte den NWA World Title gefälligst vermehrt in Amerika verteidigen. Vor allem in den regionalen Promotions. Bei zeitweise über 30 Mitgliedern kaum realisierbar. Carpentier wurde deshalb zur Schlüsselfigur.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Buddy Rogers.jpg]
Buddy Rogers
Dessen Sieg in Chicago nahmen Muchnicks Gegner zum Anlass, eigene World Title Linien aufzubauen. Thesz verteidigte wie erwartet den International Title, während Carpentier als NWA World Champion in den USA kämpfte. Ohne Muchnick's Zustimmung versteht sich. Die Bostoner Splittergruppe, rund um Paul Bowser, setzte einen Titelkampf fest. Am 03. Mai 1958 verlor Carpentier gegen Killer Kowalski im Boston Garden vor 10.267 Zuschauern. Damit hatte Neuengland einen eigenen World Title. Die Omaha-Minneapolis Splittergruppe zog Carpentier am 09. August 1958 nach Omaha, wo dieser gegen Verne Gagne verlor. Gagne wurde somit erst recht zum Favoriten. 1960 folgte der Bruch mit St. Louis und die AWA entstand. Am 12.06.1961 schließlich verlor Carpentier in Los Angeles gegen Freddie Blassie. Diese Niederlage begünstigte den WWA World Title Aufbau.
Als Thesz zurückkehrte gingen die Konfusionen weiter. Am 14. November 1957 verlor er in Toronto gegen Dick Hutton. Er wurde von Muchnick wieder als NWA World Champion eingesetzt. Danach trat er aber erneut im Ausland an und verteidigte seinen International Title. Thesz verließ 1957 die NWA aus eigenen Stücken, obwohl er als Champion nie abgewählt wurde. Das brachte noch mehr Probleme. Die Allianz setzte eine Kommission ein, um den rechtmäßigen Nachfolger zu finden. Thesz wählte Dick Hutton gegen die Stimme der Kommission. Hutton sei der definitiv beste Wrestler dieser Zeit. Die Kommission weigerte sich Hutton anzuerkennen und entschied sich für Buddy Rogers. Thesz hasste aber Rogers. Keinen Finger hätte er krumm gemacht, nur um die Karriere von Rogers zu unterstützen. Rogers blieb noch im Hintergrund. Hutton zog wie erwartet nicht als NWA World Champion. Die wichtigsten Allianz Promoter in New York und Chicago brachen die Verbindung zu Hutton ab. So konnte sich dieser nicht groß behaupten. Der weitaus beliebtere Pat O´Connor rückte mit Thesz' Abgang in den Vordergrund. Am 09. Januar 1959 war Hutton's Regentschaft Geschichte. Der neue NWA World Champion in St. Louis hieß Pat O´Connor. Huttons Sieg gegen Thesz brachte erste größere Probleme mit Vincent James McMahon. Ein drohendes Pulverfass entstand, das 1963 explodieren sollte.
Ende 1950 hatte die NWA 26 Mitglieder. Bis 1953 waren es fast 40 und das Territorium umfasste große Teile der USA sowie Bereiche in Kanada, Mexiko und Japan. Das größte Problem waren die unterschiedlichen Interessen vieler Mitglieder und der damit verbundene Streit um den Einsatzort des Champions. Mehrere Promoter wollten Thesz am liebsten nur in ihrem Revier antreten lassen. Konflikte waren so kaum zu vermeiden.
Am 15. März 1956 verlor Thesz den NWA World Title in Toronto an "Whipper" Billy Watson. Ringrichter war die Boxlegende Jack Dempsey. Watson's Regentschaft dauerte jedoch nur bis zum 09. November 1956. Dann holte sich Thesz den Titel in St. Louis zurück. Er war hier schlechthin der Heimfavorit. Das Ergebnis dieses Kampfes provoziete manchen NWA Promoter gewaltig. Während McMahon's Truppe Einigkeit bewies, zerfiel Muchnick's Allianz allmählich in mehrere Splittergruppen. Der NWA World Title konnte nach NWA Regeln nur durch Pin oder Aufgabe wechseln. Beide Thesz-Watson Kämpfe endeten aber im Count-Out. Noch gelang es Muchnick die Allianz zusammenzuhalten. Erste Probleme gab es aber bereits mit Montreal-Promoter Eddie Quinn, Mitglied seit 1949. Die ganzen Kontroversen entzündeten sich am Einsatzort des World Titles. Thesz machte eine Tournee nach Japan. Anstatt die Allianz mit weltweiten Auftritten zu einigen, bröckelte sie. Am 30. April 1957 befand sich Japans Nationalheld Rikidozan in St. Louis, um den Vertrag für den Titelkampf gegen Thesz zu unterzeichnen. Thesz signierte und stellte seinen NWA World Title zur Disposition. Die Japan Tournee startete im Oktober 1957. Vorher erlebte Amerikas Wrestlingszene aber das kontroverseste Match seit Kriegsende.
1957 wurde zum Schicksalsjahr der NWA. Quinn präsentierte seinen Schützling Edouard Carpentier. Er entdeckte das Potenzial Carpentier's zusammen mit Promoter Frank Tunney in Paris. Quinn zog Carpentier nach Kanada und baute ihn im Montrealer Revier zum ultimativen Favoriten auf. Am 08. Mai kam eine größere Bewährungsprobe: Carpentier bezwang den eisenharten Killer Kowalski. Quinn wollte ihn als NWA World Champion in seiner eigenen Promotion aufbauen. Er konnte einen Titelkampf gegen Thesz durchsetzen. Am 14. Juni 1957 kam dann das berühmte Match in Chicago, das für erste Brüche im Wrestling sorgte. Den ersten Fall gewann Thesz, den zweiten Carpentier. Quinn's Schützling dominierte und brachte Thesz in die Defensive. Das auf 3 Runden festgesetzte Match endete im Desaster. Thesz konnte die Attacken Carpentier's kaum noch abwenden, da ihn eine starke Rückenverletzung schwächte. Ringrichter Ed Whalen brach das Match schließlich ab und ernannte Carpentier zum Sieger durch Disqualifikation. "Disqualifikation"- dieses Wort trieb einen Keil zwischen Quinn und Muchnick. Eigentlich konnte der Titel nur durch Pin oder Aufgabe wechseln.
Carpentier sollte zunächst als "Übergangs-Champion" eingesetzt werden. Zumindest solange Thesz in Japan kämpfte. Aber die Tour war erst für Oktober geplant und bereits jetzt gab es Konfusionen. Ein Teil der NWA Promoter ernannte Carpentier zum rechtmäßigen NWA World Champion. Muchnick lehnte einen Titelwechsel ab, da Thesz durch DQ verloren hatte. Er revidierte später die Entscheidung des Ringrichters und gab den Titel zurück an Thesz. Die NWA-Spitze hätte Quinns Schützling ohnehin nie wirklich anerkannt. Das war eine Provokation für Quinn, die dieser nicht auf sich sitzen lies. Ein Rückkampf in Montreal wurde festgesetzt. Insider befürchteten schon, das dieser ebenfalls im Desaster endete. Sie sollten Recht behalten. Am 24. Juli 1957 verlor Carpentier durch DQ, nachdem er Ringrichter Yvon Robert attackierte. Wieder ein unbefriedigendes Ende. Der DQ-Sieg von Thesz kam für Muchnick gerade recht. Thesz sei alleiniger NWA Champion. Quinn spielte nicht mit und kündigte im August 1957 seine NWA Mitgliedschaft. Die Anerkennung von Carpentier, seitens einiger NWA Promoter, blieb bestehen. Das Szenario zweier NWA Champions konnte nicht lange gut gehen. Nach Quinn's Austritt verschärfte sich die Lage.
Muchnick war umstritten, weil er meistens nur große Stücke auf Thesz setzte. Allerdings auch seine spätere Entscheidung Buddy Rogers gegen Pat O'Connor (30. Juni 1961) gewinnen zu lassen, brachte ihm wenig Freunde ein. Viele Promoter waren mit Muchnick's Führung nicht einverstanden. Quinns Rückzug schien unausweichlich, da die NWA zu mächtig war. Das Montrealer Territorium hätte alleine nichts ausrichten können. Muchnick weigerte sich von einer regionalen Promotion derartig stark ins Geschäft greifen zu lassen. Dazu kam noch, dass man sich herzlich wenig vorschreiben lassen wollte, wie oft und wo welcher Champion-Titel verteidigt werden sollte. Thesz reiste nach Japan um gegen Rikidozan zu kämpfen. Die NWA erkannte jedoch nicht, dass ihr International Title in Japan viel Geld einbrachte. Man sah das immer noch zu territorial und glaubte mit dem Champion im eigenen Lande mehr zu erreichen. Thesz konnte durch die Tour keine Kämpfe für die Allianz-Promoter bestreiten. Das trieb einige auf die Barrikaden. Der Repräsentant des International Title sollte den NWA World Title gefälligst vermehrt in Amerika verteidigen. Vor allem in den regionalen Promotions. Bei zeitweise über 30 Mitgliedern kaum realisierbar. Carpentier wurde deshalb zur Schlüsselfigur.
[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Buddy Rogers.jpg]
Buddy Rogers
Dessen Sieg in Chicago nahmen Muchnicks Gegner zum Anlass, eigene World Title Linien aufzubauen. Thesz verteidigte wie erwartet den International Title, während Carpentier als NWA World Champion in den USA kämpfte. Ohne Muchnick's Zustimmung versteht sich. Die Bostoner Splittergruppe, rund um Paul Bowser, setzte einen Titelkampf fest. Am 03. Mai 1958 verlor Carpentier gegen Killer Kowalski im Boston Garden vor 10.267 Zuschauern. Damit hatte Neuengland einen eigenen World Title. Die Omaha-Minneapolis Splittergruppe zog Carpentier am 09. August 1958 nach Omaha, wo dieser gegen Verne Gagne verlor. Gagne wurde somit erst recht zum Favoriten. 1960 folgte der Bruch mit St. Louis und die AWA entstand. Am 12.06.1961 schließlich verlor Carpentier in Los Angeles gegen Freddie Blassie. Diese Niederlage begünstigte den WWA World Title Aufbau.
Als Thesz zurückkehrte gingen die Konfusionen weiter. Am 14. November 1957 verlor er in Toronto gegen Dick Hutton. Er wurde von Muchnick wieder als NWA World Champion eingesetzt. Danach trat er aber erneut im Ausland an und verteidigte seinen International Title. Thesz verließ 1957 die NWA aus eigenen Stücken, obwohl er als Champion nie abgewählt wurde. Das brachte noch mehr Probleme. Die Allianz setzte eine Kommission ein, um den rechtmäßigen Nachfolger zu finden. Thesz wählte Dick Hutton gegen die Stimme der Kommission. Hutton sei der definitiv beste Wrestler dieser Zeit. Die Kommission weigerte sich Hutton anzuerkennen und entschied sich für Buddy Rogers. Thesz hasste aber Rogers. Keinen Finger hätte er krumm gemacht, nur um die Karriere von Rogers zu unterstützen. Rogers blieb noch im Hintergrund. Hutton zog wie erwartet nicht als NWA World Champion. Die wichtigsten Allianz Promoter in New York und Chicago brachen die Verbindung zu Hutton ab. So konnte sich dieser nicht groß behaupten. Der weitaus beliebtere Pat O´Connor rückte mit Thesz' Abgang in den Vordergrund. Am 09. Januar 1959 war Hutton's Regentschaft Geschichte. Der neue NWA World Champion in St. Louis hieß Pat O´Connor. Huttons Sieg gegen Thesz brachte erste größere Probleme mit Vincent James McMahon. Ein drohendes Pulverfass entstand, das 1963 explodieren sollte.
