05.02.2009, 09:39
Ich bin mir nicht sicher, ob ihr es schon entdeckt hattet, aber die Frankfurter Allgemeine Zeitung, eigentlich ein Aushängeschild für seriösen Journalismus, veröffentlichte vor ein paar Tagen einen Artikel über die UFC. Dieser Artikel ist vollgespickt mit dümmlicher Polemik und hanebüchenen Inhaltsfehlern. Der Autor Michael Eder hat sich mit diesem Artikel sein Armutszeugnis selbst ausgestellt. Aber lest selbst:
Quelle: hier
Zitat:„Die Leute wollen Blut sehen“
Von Michael Eder, Las Vegas
02. Februar 2009 14 500 Zuschauer, die Garden Arena im MGM Grand Hotel ist ausverkauft. Durchschnittlicher Ticketpreis: 300 Dollar. Freefight, WM-Kampf im Schwergewicht: Randy Couture, 45 Jahre, 100 Kilo, gegen [lexicon]Brock Lesnar[/lexicon], 31 Jahre, 120 Kilo. Zweite Runde, zweite Minute. [lexicon]Lesnar[/lexicon] trifft seinen Gegner mit einer schweren Rechten am Kopf, Couture bricht zusammen, liegt auf dem Rücken, [lexicon]Lesnar[/lexicon] stürzt sich auf ihn und schlägt mit der Rechten auf den Kopf des Wehrlosen: einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal, sechsmal, siebenmal, achtmal, neunmal, zehnmal, elfmal, zwölfmal, dreizehnmal. Dann beendet der Ringrichter den Kampf. Ein Skandal?
Nicht in Las Vegas, nicht beim Freefight, wo es auch nach schwersten Kopftreffern üblich ist, auf den am Boden Liegenden einzuschlagen. In Deutschland hat man bei einer als Sport deklarierten Großveranstaltung solche Bilder noch nicht gesehen, aber das wird sich ändern. Am 13. Juni will die Ultimate Fighting Championship (UFC), ein Privatunternehmen mit Sitz in Las Vegas, ihre boomende amerikanische Disziplin in der Köln-Arena präsentieren. Der martialische Kampfsport-Mix soll nach Gastspielen in Kanada, Japan, Brasilien, England und Irland nun auch den deutschen Markt erschließen; Italien, Frankreich, Spanien, Dubai und die Philippinen sollen folgen. Ziel der UFC ist eine weltumspannende Kampfserie - die Invasion der Gladiatoren.
Die erste UFC-Veranstaltung in Deutschland wird vom Frankfurter Impresario Marek Lieberberg organisiert, der sonst Superstars wie Madonna oder Bruce Springsteen auf die Bühne bringt. Lieberberg hat von der UFC den Auftrag erhalten, in Köln einen „Big Bang“ zu veranstalten, der die UFC hierzulande mit einem Schlag bekanntmachen soll. Die Amerikaner sind zuversichtlich, dass ihr Produkt bei uns einschlagen wird, auch wenn ein solcher Kampfabend den Zuschauern in seinen brutalsten Momenten - und Lesnars Aktion gegen Couture ist kein Einzelfall - Schreckensbilder weitab vom Sport liefert.
In den Vereinigten Staaten ist Freefight ein Riesengeschäft. Bis zu einer Million Pay-per-View-Kunden zahlen pro Kampfabend rund fünfzig Dollar, das brachte der UFC 2007 bei elf meist ausverkauften Großveranstaltungen 250 Millionen Dollar in die Kasse. Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Ticketverkauf sowie weitere 250 Millionen Dollar aus sonstigen Verkaufs- und Marketingerlösen, Tendenz in allen Bereichen stark steigend.
Das Forbes-Magazin schätzt den Wert der UFC auf eine Milliarde Dollar. Keine schlechte Entwicklung: 2001 hatten Lorenzo Fertitta und sein Bruder Frank zwei Millionen Dollar für die UFC gezahlt, die praktisch pleite war. Die Kämpfe, seinerzeit ohne Regeln, waren nach und nach überall in den Vereinigten Staaten verboten worden, treibende Kraft und schärfster Gegner des „menschlichen Hahnenkampfes“, der nicht in einem Boxring, sondern in einem Drahtkäfig veranstaltet wird, war der republikanische Senator John McCain, der als Präsidentschaftskandidat Barack Obama unterlag.
Nachdem die Fertittas das insolvente Label übernommen hatten, führten sie Gewichtsklassen, Doping- und Gesundheitskontrollen sowie die notwendigsten Regeln ein, um wieder Veranstaltungen genehmigt zu bekommen. Stiche in die Augen und Kopfstöße sind seither verboten, ebenso Tiefschläge und Tritte an den Kopf eines liegenden Gegners. Faustschläge am Boden aber blieben erlaubt.
Die Fertittas halten 90 Prozent der UFC-Anteile, das Unternehmen gehört zu ihrer Zuffa-Holding, die in Las Vegas 17 Casinos betreibt, darunter das „Station“, das die Brüder vor zwei Jahren für neun Milliarden Dollar von der Börse nahmen. Mit ihrem Casino-Projekt „Viva“, in das in den nächsten Jahren zehn Milliarden Dollar fließen sollen, wollen die Fertittas endgültig zu den Big Playern der Spielerstadt aufsteigen.
Brutalisierung des Sports wird als Fortschritt verkauft
Um Freefight - auch Mixed Martial Arts (MMA) genannt - zu beschreiben, bemüht die UFC-Rhetorik eine verwegene Analogie. Klassisches Boxen, sagen sie, sei wie Mühle spielen, Freefight aber wie eine Schachpartie. Die Zusammenführung verschiedener Kampftechniken - Ringen, Boxen, Kickboxen, Thai-Boxen, Jiu-Jitsu, Taekwondo - ergebe in der Summe einen hochkomplexen, anspruchsvollen Kampfsport. Die Regression, die Brutalisierung des Sports wird umgedeutet und als ultimativer Fortschritt verkauft.
Diskussionen über die ethische Fragwürdigkeit der Disziplin pflegt Lorenzo Fertitta mit dem Hinweis zu kontern, ein Mix aus verschiedenen legalen und anerkannten, zum Teil olympischen Sportarten könne nicht illegal und verwerflich sein. Doch diese Rechnung geht nicht auf: Geboxt wird eben nicht nur im Stehen, sondern auch auf dem Boden, mit dem klassischen Faustkampf hat das nichts zu tun.
Mehr als eine Million Dollar pro Kampfabend
Freefight definiert sich gern über die Schwächen des Boxsports. „Wir kämpfen nicht gegen Tomaten“, sagt Lorenzo Fertitta. „Bei uns gibt es kein Fallobst.“ Profiboxen hingegen sei in seiner Unseriosität vorhersehbar: „Bei 95 Prozent der Kämpfe weiß man vorher, wie sie ausgehen.“ Sogenannte Kampfrekorde beim Boxen seien an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Beim Freefight jedoch seien die Kämpfe mit Athleten auf Augenhöhe besetzt, was dazu führe, dass es keine Seriensieger gebe. Selbst UFC-Star Couture hat nur eine Kampfbilanz von 16 Siegen und neun Niederlagen. Vorteil für die Kämpfer: Sie können verlieren und sind dennoch nicht aus dem Geschäft. Rund zweihundert Fighter stehen bei der UFC unter Vertrag, Spitzenkräfte wie Couture kassieren mehr als eine Million Dollar - pro Kampfabend.
Die UFC-Strategen geben sich größte Mühe, auf den angeblich hohen Bildungsgrad ihrer Kämpfer hinzuweisen: 164 von 202 Fightern hätten studiert, heißt es - oder zumindest eine Ausbildung absolviert. Der Durchschnittszuschauer ist weiß, tätowiert, Hardrock-Fan und tritt oft in Begleitung einer Lady mit erstaunlicher Oberweite auf. Er goutiert die Härte der Kämpfe und fordert gern lautstark den Einsatz von Ellbogenschlägen. Modisch setzt er auf Marken wie „American Fighter“ oder „Warrior Wear“. Auch die Hauptsponsoren der UFC-Kämpfe sind sehr amerikanisch: der Bierbrauer Budweiser und die Motorradschmiede Harley-Davidson.
„Die Nacht, die kracht“
Und wie schaut das deutsche Zielpublikum aus? „MMA ist in Deutschland schon jetzt größer, als die Leute glauben“, sagt Lorenzo Fertitta - und damit hat er recht. Von Gera bis Kaiserslautern, von Freiburg bis Rostock, von Berlin bis Dresden gibt es jede Menge Freefight-Veranstaltungen, die „Gods of War“ heißen oder „Night of Gladiators“ oder einfach nur „Die Nacht, die kracht“.
Jimmy Iwinski, hessischer Kickbox-Landestrainer, studierter Pädagoge und entschiedener Gegner der Käfigkämpfe, sieht die deutsche Klientel der Freefighter nicht im Mainstream der traditionellen Kampfsportszene, sondern an deren breiten Rändern mit ihren oft dubiosen Fight Clubs, die MMA-Events veranstalten und dafür Kämpfer trainieren. Deutsche, aber auch viele junge Männer mit schwierigem Hintergrund: Russen, Marokkaner, Türken, Albaner, Jugoslawen, Kroaten. „Es finden sich immer Leute, die ihre Haut zu Markte tragen“, sagt Iwinski, viele seien technisch schlecht ausgebildet und deshalb besonders gefährdet. Vor allem in jugendlichen Migrantenkreisen ist der Kampfsportmix beliebt, allerdings - und das könnte für eine gefährliche Mischung sorgen - auch in der ultrarechten Szene, wo das weiße Spektakel vor allem im Osten - mit Gera und Chemnitz als Hochburgen - gern ideologisch instrumentalisiert wird. Und natürlich werden auf den besten Plätzen rund um den Käfig die üblichen B-Promis sitzen sowie als Zaungäste auch ein paar Intellektuelle, die es unglaublich chic finden, dass sie es chic finden.
Das europäische Interesse am UFC-Kampfmix, der in Brasilien als „Vale Tudo“ („alles geht“) seinen Ursprung hat, sieht Jimmy Iwinski als Ausdruck einer Verrohung der Sitten. Für ihn bedient MMA den Zeitgeist - und schafft gefährliche Idole. „Schon heute wird auf dem Schulhof anders gekämpft als noch vor zehn Jahren“, sagt er. „Heute wird dort auch auf den eingetreten, der am Boden liegt. Und wenn die Oma, der man die Handtasche raubt, dumm guckt, dann wird auch auf sie eingeschlagen.“
Ob die UFC in Deutschland Fuß fassen wird? „Wenn die Amerikaner genügend Geld in dieses Projekt pumpen, wird das ein Erfolg“, sagt Iwinski. „Viele Leute wollen Blut sehen.“ Damit kann ihnen gedient werden. An Blut wird es nicht fehlen, nicht an Geld und auch nicht an Ideen. Ziel der UFC ist es, einen deutschen Fernsehpartner zu finden, der mit ihr eine Reality-Show nach amerikanischem Vorbild produziert. In den Vereinigten Staaten schaffte die UFC 2004 den Durchbruch mit der TV-Show „The Ultimate Fighter“, produziert von den Fertitta-Brüdern für den Sender Spike. Die Show, bis heute ein Sensationserfolg, ist eine Art „Big Brother“, bei der die rekrutierten Kämpfer sechs Wochen beim gemeinsamen Leben, Trainieren, aber auch beim Kämpfen gefilmt werden. Der Sieger des Finalkampfes erhält als Lohn einen UFC-Vertrag.
„Die Sendung war für uns ein Homerun“, sagt UFC-Präsident Dana White. Und sie ist es immer noch: Zwei Staffeln laufen jedes Jahr, auch in Deutschland will White mit einer Fight-Show im Fernsehen für Aufsehen sorgen. Sein Ziel ist es, so schnell wie möglich starke heimische Kämpfer auszubilden und bekannt zu machen. In England ist das innerhalb von zwei Jahren gelungen. Bei den UFC-Kampfabenden auf der Insel treten mittlerweile regelmäßig britische Kämpfer gegen amerikanische Gegner an. In Köln soll der Mannheimer Dennis Siver den deutschen Lokalmatador geben. Als Aufwärmübung verpflichtete ihn die UFC für den Kampfabend am 17. Januar in Dublin - und teilte ihm mit dem Amerikaner Nate Mohr in bester Boxermanier einen Aufbaugegner zu. Siver gewann in der dritten Runde durch K.o.
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