DDRMaulwurf schrieb:Ich habe zwar nie viel oder kaum was von ihm gesehen aber alle die Fakten und was ich hier so gelesen habe, kann man ihn auf eine Stufe mit Hogan, Austin, Rock & Co. stellen.
Da wuerde ich differenzieren.
Auf der einen Seite waren Hulk Hogan, [lexicon]Steve Austin[/lexicon] und [lexicon]The Rock[/lexicon] Nationale bzw. Internationale Wrestling [lexicon]Stars[/lexicon]. Was die reinen Drawing Zahlen betrifft, wuerden die drei besser abschneiden als Bruno Sammartino, der natuerlich zu seiner Zeit kein nationales Fernsehen, Merchandise oder PPV hatte, und der “nur“ ein regionaler Star im Nordosten der USA war. Allerdings war Bruno, was seinen Status betrifft im Nordosten der USA sehr viel bekannter und beliebter als Hogan, Austin oder Rock in irgendeiner Region irgendwo auf der Welt. Bruno war mehr als ein Wrestling Star in seinem Gebiet, er war ein A Level Celebrity, eine Legende, nicht umsonst hatte er den Spitznamen Living Legend (ein weiterer war Italian Hercules, den ich passender fande). Er war in New York und Umgebung das was ein El Santo in Mexico war, oder ein Giant Baba in Japan, aber halt in einer Region, nicht in einem Land.
Er wurde geliebt und verehrt (auch von seinen Kollegen), und sein Tod war eine grosse Story im Nordosten der USA. Ein Austin und ein Hogan waren nicht so beliebt, und werden nicht so gut und positiv in Erinnerung bleiben. Das liegt auch daran das Bruno sehr viel Anstand und Integritaet zeigte, und das er immer mit Wuerde handelte und sich und das Wrestling praesentierte. Einen Skandal mit Bruno gab es nie, und das in einem Bereich wo Skandale eher die Norm waren. Er war ein harter Arbeiter, der versuchte den Fans immer 100% zugeben. Bruno war der Mensch den man als Wrestler sah, heute wuerde man sagen, er lebte sein Gimmick. Passender waere allerdings eher, es war sein Gimmick eben Bruno zu sein, und die Fans liebten und verehrten ihn deshalb weil er Authentisch war. Hogan etwa war auch enorm populaer und ein Mega Star, aber nach seinem “Eat your Vitamins“ und Aufforderung hart zu arbeiten, wurde Hogan als jemand exposed, der selbst den easy way out nahm, siehe die Steroide. Heute wuerde man sagen, Hogan hatte wenig Substanz, und das Pro Wrestling mit Wuerde und Anstand hat er selten vertreten. Hogan wurde nicht geliebt und nicht verehrt, er war eher eine Mega Attraktion die man zusah bei der Performance. Das ist der Unterschied wie ua. ein Bruno Sammartino und ein Hulk Hogan gesehen werden.
Bruno war der groesste Draw in New York und Umgebung und das war das groesste Territory jener Zeit. Er war ein super (ethnischer) [lexicon]Babyface[/lexicon] Champion, in der Kategorie ist er fuer mich ganz weit vorne. Das ist auch der Grund warum Bruno nicht das Territory verlies, ausser ein paar wenige Auftritte hier und da, er hatte keinen Grund wegzugehen und blieb ein regionaler Star. Das bedeutet nicht, dass er woanders nicht bekannt war. Die meisten Wrestling Fans kannte ihn, aber ob Bruno ueberall so gedrawt haette wie im New York Bereich, man wird es nie wissen. Er versuchte es nie, weil er es nie musste.
Die NWA jedenfalls wollte Bruno 1965 zum NWA World Heavyweight Champion machen. Bruno stimmte einem Unification Match mit Lou Thesz zu, und wollte den Title dann ein Jahr spaeter wieder abgeben an Lou. Als Bruno dann aber den NWA Champion`s Kalender sah, lehnte er ab. Das war wahrscheinlich nicht der Einzige Grund, aber ein wichtiger. Ich denke es haette auch nicht funktioniert, es waeren ja drei riesen Promoter dran beteiligt mit Sam Muchnik, Vince McMahon Sr. und Toots Mondt, die haetten frueher oder spaeter sich gestritten und wieder einen separaten World Champion gemacht, wahrscheinlich eher frueher wie spaeter. Ich denke die Idee damals Bruno zum NWA Champion zu machen kam daher das man eben das Geld sah in einem Lou Thesz vs. Bruno Sammartino Title Unification Match, das man aber mittelfristig den Title wieder gesplittet haette. Und Vince Sr. haette die Dates ausserhalb seines Territories fuer Bruno extrem limitiert, schliesslich war Bruno seine goldene Kuh. Und Vince setzte ja auf Bruno erst zwei Jahre vorher, weil er die Schnauze voll hatte von Buddy Rogers.
Ob Bruno als NWA Champion funktionier haette? Das wird bis heute von Historikern diskutiert. Ich denke, Bruno haette seine formula aendern muessen, das haette er vielleicht koennen, aber waere imo nicht ideal gewesen. In Japan workte er als Heel u.a. gegen Giant Baba, so er konnte es, und das war ja die NWA World Heavyweight Champions formula, dass der Champion auch als Heel auftritt und gegen den lokalen Top Face oder Heel antritt und denn over kriegt, ohne den Title zu verlieren! Aber gleichzeitig musste der lokale Star eben stark dargestellt werden, weil der ja die naechsten Monate weiter drawen musste in dem Territory, waehrend der NWA Champion ins naechste Territory ging. Also gab es oft sehr knappe Matches um den NWA World Heavyweight Title. Jedenfalls war das, dass NWA [lexicon]Booking[/lexicon] bis zum NWA World Heavyweight Champion Terry Funk, dann ging es den Bach runter…
Bruno`s formula in der WWF war ja gerade anders herum, dass er als Champion und Hero den heel of the month bekaempft mit seiner Kraft und am Ende klar gewinnt in einem eindeutigen Match indem er sein Comeback macht. Es war dieselbe Formula die man dann spaeter bei Pedro Morales, Bob Backlund und vorallem Hulk Hogan sah, wobei ein Bruno eben viel daran lag glaubwuerdig zu sein und hart arbeitete, so es wirkte nicht wie eine routine die man in einer Performance abspult, wie etwa bei Hogan.
Am Ende denke ich, dass Bruno als NWA World Heavyweight Champion Mitte der 60er Jahre fuer kurze Zeit haette funktionieren koennen, als Uebergangschampion, dass er aber in der WWWF seinen optimalen Platz gefunden hatte wo es fuer ihn besser war. Aehnlich etwa wie ein Jack Brisco dem ich auch einen erfolgreichen Run in der WWWF zugetraut haette, aber der besser zur NWA passte.
Was Bruno als Wrestler betrifft: Er war natuerlich vor meiner Zeit aktiv, aber mit der Zeit bekommt man natuerlich seine legacy mit und sieht sich das Verfuegbare Material an. Ich bin kein Fan von seinem Stil, aber er hat was, was ich mochte. Niemand wuerde ihn jetzt mit Volk Han verwechseln, um es mal sozusagen, anders ausgedrueckt, er war technisch limitiert. Er konnte auch technische Matches bis zu einem gewissen Grad abliefern (was er ausserhalb der WWWF zeigte), aber natuerlich war er als [lexicon]Brawler[/lexicon] bekannt weil er fast 99% seiner Zeit in der WWWF war. Das war das was die WWWF Fans sehen wollten, und was die Promotion von ihm wollte, so Bruno war ein sehr “formula“ Wrestler. Das machte er gut, aber er zeigte nicht viel Variation. Er war wie schon erwaehnt ein Top [lexicon]Babyface[/lexicon], einer der Besten die es gab, und er hatte eine Mega Aura und Praesenz.
Es gibt wenig Material aus den 60er Jahren von Bruno, was schade ist. Er hatte einige gute Matches mit Bill Miller, Ivan Koloff, The Crusher und Toru Tanaka. Aber entweder gibt es nichts mehr oder die Qualitaet ist sehr schlecht. Viel Material findet man aus den 70er und 80er Jahren von ihm. In Erinnerung blieb mir vorallem sein Match mit Lou Thesz in Toronto im Maple Leafs Garden im May 1963, nur wenige Tage bevor Bruno den WWWF Title von Buddy Rogers gewann.Bruno war sehr jung, und Lou lies ihn hervorragend aussehen, obwohl er ihn nicht leiden konnte. Das interessante an dem Match ist, dass zu dem Zeitpunkt schon natuerlich feststand das Bruno den WWWF Title gewinnen sollte, und die NWA unbedingt wollte, dass ihr Champion (Lou) dann den zukuenftigen WWWF Champion clean besiegt, dass war wichtig fuer die Reputation.
Erwaehnen sollte man natuerlich auch seine Ablehnung gegenueber der WWF/WWE, Vince McMahon und dem Pro Wrestling allgemein. Bruno hasste das Wrestling ab Mitte der 80er Jahre, er hasste den cartoon charackter, und er mochte Hulk Hogan nicht um es vorsichtig zusagen. Bruno nahm das Pro Wrestling sehr ernst (was ich sehr gut nachvollziehen kann, geht mir genauso…), und Bruno erwartete das andere das Pro Wrestling ebenfalls genauso ernst nehmen wie er! Fuer ihn wurde das Pro Wrestling zu einem Bloedsinn mit zu viel nonsense, gimmicks und comedy. Bruno war nicht verbittert, eher traurig und angewiedert wie das Pro Wrestling sich entwickelt hat, und er hatte seine Gruende dafuer.