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LEGENDEN
#11
Legenden - Verne Gagne

[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Verne Gagne.jpg]

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs, als Wrestler und Promoter, steuerte Verne Gagne eine der größten und bedeutendsten Ligen weltweit. Sein Name ist für immer verbunden mit der bekannten AWA in Minnesota, die er und Wally Karbo 1960 gründeten. Gagne hat sich darüber hinaus auch als Trainer bewährt. Viele bekannte Wrestler starteten bei der AWA ihre Karriere und sind heute noch weltweit unterwegs. In fast allen von ihnen hat Verne Gagne seine Spuren hinterlassen. 2006 betrat er zum letzten Mal die Bühne des Wrestlings, um in die [lexicon]WWE Hall of Fame[/lexicon] aufgenommen zu werden.

Karriere und Herkunft spiegeln sich im Leben von Verne Gagne sehr gut wieder. Am 26.02.1926 brachte Elsie Gagne ihren zweiten Sohn Laverne Clarence Gagne in Robbinsdale, Minnesota zur Welt. Der zweite Name entsprach dem des Vaters, der ebenfalls Clarence hieß. Schon 1938 starb die Mutter, was für den berühmten Sohn ein schwerer Schicksalsschlag war. Aus Laverne wurde schließlich die Kurzform "Verne" geprägt und es entstand der Name, dem das Wrestling doch so unendlich viel zu verdanken hatte. Noch vor seinem Pro-Wrestling Debüt war Verne bereits ein ausgezeichneter Footballspieler und Amateurwrestler. Sogar mit olympischen Qualifikationen. Die ersten Schritte im Amateurringkampf erlernte er an der Robbinsdale High School, wo er dann den Minnesota High School Wrestling Title gewann. Um den Ausgleich zum Ringen zu finden, spielte Gagne hier auch Football. Im Juni 1943 kam er zur University of Minnesota in Minneapolis und avancierte zu einem der besten Ringer, die man dort je zu Gesicht bekam. Sein sportliches Talent erkannten viele Leute, die mit ihm oder gegen ihn kämpften. Vor allem zwei College Trainer der Universität verhalfen ihm zum Durchbruch - David Bartelma und Bernie Bierman. Es gab noch einen weiteren Wrestling-Trainer von Verne, sein Name Joe Pazandak. Joe war schon etwas länger im Business aktiv und wurde von Wrestler und NWA Promoter Tony Stecher zeitweise trainiert. Er besuchte auch die University of Minnessota. Ein Jahr später zeigte sich bereits, wie gut Verne als Amateurwrestler wirklich war: 1944 gewann er das Big Ten Tournament und am 18.03.1944 stand er im Finale des National AAU Tournaments, wo ihn Dr. Northrup pinnte.

Gagne schrieb sich nach dem AAU Turnier bei der US-Marine in El Toro, Kalifornien ein und spielte hier Football im Team von Dick Hanley. Mit ihm gewannen sie die Meisterschaft, den "All Service Champion El Toro Marines". Nach gut zwei Jahren kehrte Verne nach Minnesota zurück, um seinen Universitätsabschluss zu erreichen. Dies gelang ihm im Juni 1948. Die Saison 1947-48, 48-49 war besonders erfolgreich für Verne, was den Amateurringkampf betraf. Er kämpfte mittlerweile in der Heavyweight Division und gewann am 08.03.1947 das Big Ten Heavyweight Tournament. Im März 1948 besiegte er im Endkampf des großen NCAA Tournaments Leroy Alitz und holte sich damit seinen ersten NCAA Title (191 Pfund - Gewichtsklasse). Noch im selben Jahr ging es zu den Olympischen Spielen nach London, wo sich Verne, als inaktives Teammitglied, jedoch nicht beweisen konnte. Die Amateurlaufbahn war für Gagne äußerst lehrreich. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: 4x Big Ten Champion, 2x NCAA Champion und 1x AAU Champion.

Football oder Pro-Wrestling? - vor dieser Entscheidung stand Verne Gagne 1949. Ein kurzes Gastspiel gab es bei den Green Bay Packers, wo er jedoch nur einen Monat lang spielte. Die mögliche Karriere im Team der National Football League schlug er aus, als ihn NWA Promoter Tony Stecher doch dazu bewegen konnte, ins Pro-Wrestling einzusteigen. Stecher, Gründungsmitglied der NWA und prominenter Veranstalter in Minnesota, hatte jetzt einen Mann für seine Promotion verpflichtet, dessen Potenzial schon am Anfang riesig war, dann aber noch größer werden sollte. Am 03.05.1949 schließlich debütierte Verne im Minneapolis Auditorium mit einem DQ-Sieg über Abe Kashey. Als Ringrichter setzte Stecher seinen besten Mitarbeiter ein, der mit Gagne jahrzehntelang verbunden blieb, Wally Karbo. Zwischen Gagne und Karbo entstand eine Geschäftsbeziehung, die dem Wrestling in Minnesota noch ungeahnte Erfolge bescheren sollte.

Zunächst zog es Gagne in Richtung Südwesten, in die Central States und zur Wrestling-Hochburg Chicago, wo ihn Promoter Fred Kohler, ab der Saison 1951-52, schon fast mit offenen Armen empfing. In Texas lernte Verne so einiges von Veteran Paul Boesch, der im Team von Houston-Promoter Morris Sigel arbeitete. Ein erster durchschlagender Erfolg war das Turnier um den vakanten NWA World Junior Heavyweight Title in Tulsa, Oklahoma. Am 13.11.1950 besiegte Gagne im Endkampf einen Favoriten aus den Central States, Sonny Myers. Verne konnte sich jetzt NWA World Junior Heavyweight Champion nennen. Ist die Schwergewichtsklasse bereits undurchsichtig gewesen, was die Titel betraf, so waren die Junior-, Light Heavyweight- und Middleweight Divisions nicht weniger komplizierter. Die Vakanz, vor Gagnes Sieg in Tulsa, wurde durch den schweren Autounfall des Vorgängers Leroy McGuirk verursacht. McGuirk verunglückte am 07.02.1950 so schwer, dass er auch auf seinem gesunden Auge erblindete. Das war insgesamt ein herber Schlag für die Szene, galt McGuirk doch als das Zugpferd der unteren Gewichtsklassen schlechthin. Doch Verne Gagne stand ihm im Nichts nach und verteidigte das Titelgold bis zum 19.11.1951, als er gegen ein weiteres "Schwergewicht" der Light-Junior Heavyweight Division verlor, Danny McShain.

1951 hatte man zwar schon einige Regionen, um als Champion aufzusteigen, doch alle Wege führten, früher oder später, nach Chicago. Dies war bei vielen bekannten Wrestlern der Fall, die zu Beginn der TV-Wrestling Ära debütierten. In Chicago "regierte" der äußerst erfolgreiche NWA Promoter Fred Kohler. Fred hielt die Augen auf, vor allem nach talentierten Junior Heavyweights. Da kam Gagne sozusagen gerade zur rechten Zeit. Ihre Verbindung zueinander glorifizierte sich als das perfekte Promoter-Wrestler Duo, was Verne enorme Erfolge bescherte. 1952 kam dann eine wichtige Wandlung mit Gagnes Aufstieg in die Heavyweight Division. Die Promoter pushten ihn sofort mit einer Fehde gegen NWA World Heavyweight Champion Lou Thesz. Im Januar 1952 trennten sich beide im Chicagoer Amphitheater zwar nur im Unentschieden, aber Eindruck hinterließ der Kampf trotzdem bei den rund 11.000 Zuschauern. Thesz empfand großen Respekt für Gagne. Die Fehde setzte sich fort und erlebte ihren nächsten Höhepunkt am 07.04.1953 in Boston, wo beide vor 8.000 Zuschauern ebenfalls nur ein Unentschieden erreichten. Nach diesem Match ging Gagnes Karriere steil nach oben. Kohler sendete seine Shows in Chicago auf WGN und dem Dumont-Network. Bereits ab der Saison 1951-52 erschien Verne, durch die Dumont-Ausstrahlungen, überregional im Fernsehen. Ein Push, den man anders hätte nicht besser erreichen können.

Ende August 1953 traf sich Kohler mit dem NWA Präsidenten Sam Muchnick, um über die Einführung eines "US-Title" zu verhandeln, der unabhängig vom NWA World Title sein sollte. Fiktion ist, dass dieser Titel bereits seit Anbeginn durch die NWA sanktioniert wurde. Als Favorit kam für Kohler nur sein Kassenschlager Verne Gagne in Frage. Muchnick gab zunächst die erhoffte Zustimmung und nach der NWA Konferenz, die vom 04. bis 06.09.1953 in Chicago stattfand, erschien Gagne als neuer US-Champion für das Dumont-Network. Das war nämlich die eigentliche Funktion des Titels. Kohler hatte ihn extra als Sondertrophäe für seine Fernsehshows auserkoren. Am 12.09.1953, nicht am 03.09., präsentierte Kohler den US-Title erstmals offiziell in den WGN Studios mit Verne Gagne als ersten Champion. Später hieß dieser Titel dann "NWA-United States Heavyweight Title (Chicago-Version)". Nach der Einführung kam es jedoch zu internen Problemen zwischen Kohler und Muchnick. Das NWA Board erkannte allmählich den durchschlagenden Erfolg von Gagne und sah Thesz' Image, als World Champion, gefährdet. Fred war es ziemlich egal, was andere Mitglieder in dieser Richtung dachten. Prompt bookte er Gagne trotzdem als US-Champion und ließ ihn im Dumont-Network zeitweise sogar als Anwärter auf den World Title ausrufen. Eine glatte Provokation für manche Promoter, die ihren lokalen Titel nicht einfach mal so stark pushen konnten. Aber Kohler war zu diesem Zeitpunkt nicht nur eines der einflussreichsten NWA Mitglieder, er war auch der stärkste Promoter überhaupt. Von daher ist es nicht besonders verwunderlich gewesen, dass er seine Vorhaben letztlich doch durchsetzte. Die internen Differenzen wischte Gagne für sich einfach von der Hand und verteidigte den Titel mal eben 31 Monate. Zwischen Oktober 1953 und März 1954 kämpfte er im Madison Square Garden in New York. Auch an der Ostküste zog er die Massen, was die Zuschauerzahlen doch deutlich sichtbar machten. Gagne entwickelte sich zum Publikumsliebling und Kassenschlager im gesamten Nordosten.

31 Monate als US-Champion bedeuteten einen riesigen Push, vor allem durch die Dumont-Ausstrahlungen. Verne hatte mit 30 bereits einen Status erreicht, den viele nicht mal in ihrer ganzen Karriere schafften. Am 07.04.1956 endete sein glorreicher Siegeszug vorerst, als ihn Wilbur Snyder in der Chicagoer Marigold Arena bezwang. Ein weiteres Highlight war dann auch das Tag Team Match im MSG am 04.02.1957. Vor einer Kulisse von 19.300 Fans besiegten Gagne und Antonino Rocca die ultimativen Heels Karl Von Hess und Hans Schmidt. Gut gegen Böse - nach diesem Konzept funktionierte Vieles im Wrestling und brachte speziell an dem Abend eine Rekordzuschauerzahl. So viel Interesse am Wrestling hatte der MSG seit der Jim Londos-Ära nicht mehr verzeichnet, wie ab der Saison 1956-57.

Während Gagne national durchstartete, machte sich in Minnesota ein Mann ans Werk, dem Verne viel zu verdanken hatte, Wally Karbo. Aber ihre lange Geschäftsbeziehung beruhte auf Gegenseitigkeit. 1952 verkaufte NWA Gründungsmitglied Tony Stecher 33% am "Minneapolis Boxing and Wrestling Club" an Karbo und seinen Sohn Dennis Stecher. Tony zog sich allmählich aus dem Wrestling zurück, das u.a. durch seine Präsenz im Mittleren Westen lange erfolgreich blieb. Karbo war bei der NWA Gründung im Juli 1948 als Repräsentant für Tony in Waterloo, Iowa dabei. Schon frühzeitig spielte dieser Mann eine wichtige Rolle als Matchmaker und Ringrichter. Was dann ferner ersichtlich wurde, war der steigende Einfluss von Karbo in Minnesota ab 1954. Vier Monate vor Tonys unerwarteten Tod kam es zur Umstrukturierung der Promotion: Karbo, Dennis und Leona Stecher teilten sich zunächst die geschäftlichen Anteile. Im Oktober 1954 starb Tony Stecher und das Business ging an Wally und Dennis über. Gerade Dennis Stecher war noch ein paar Jahre für die Promotion aktiv. Er fungierte sogar als NWA Board Director. Nun blieb Vernes Einfluss bis Ende der 50er Jahre im Minnesota-Zirkel eher gering, weil er schlichtweg mehr als Wrestler aktiv war. Dies sollte sich nach dem Title-Match Lou Thesz vs. Edouard Carpentier aber massiv ändern.

Im Juni 1957 kam der berüchtigte Kampf zwischen NWA World Heavyweight Champion Lou Thesz und Edouard Carpentier in Chicago. Was einige als die grandiose Begegnung bezeichneten, entpuppte sich danach schnell als Desaster für die gesamte Szene in Nordamerika. Thesz verlor durch DQ und einige NWA Promoter pochten darauf, dass nun Carpentier der neue Champion sei. Allerdings konnte nach den Regeln der NWA schon damals kein Titel durch DQ oder No-Contest wechseln. Die Spaltung der Allianz begann, als sich zuerst die Bowser-Quinn Gruppe in Boston vom regulären Champion Lou Thesz abkehrte und Carpentier zum World Heavyweight Champion erhob. Carpentier war die Schlüsselfigur nicht nur an der Ostküste, sondern auch für Karbo und Gagne in Minneapolis. Er wurde 71 Tage, bis August 1957, als offizieller NWA Champion gebookt. Und das selbst von Sam Muchnick, der seinen Status als Champion im Nachhinein aber leugnete. Man habe Carpentier nie wirklich anerkannt. Am 09.08.1958 besiegte Gagne im Omaha Municipal Stadium den als Gegenchampion für Thesz und Dick Hutton eingesetzten Edouard Carpentier. Dieser Sieg von Verne begünstigte den Aufbau der AWA maßgeblich, was dann auch zwei Jahre später deutlich wurde. Man nutzte die „Carpentier lineage" aus, um eigene Titel zu kreieren. Der Gagne-Karbo Gruppierung trat auch Promoter Joe Dusek aus Omaha, Nebraska bei, der sein Business gerade ein Jahr vor Vernes grandiosem Sieg gestartet hatte. Zwischen dem Minneapolis und Omaha Office entstand eine enge Zusammenarbeit, die sich auch darin zeigte, dass man gegenseitig Wrestler austauschte oder gemeinsam bookte.

1959 dann das Jahr in dem Verne vollends an Einfluss gewinnen konnte. Dennis Stecher, der bisherige Hauptteilhaber vom Minneapolis Boxing and Wrestling Club, trat als Promoter zurück und verkaufte seine Rechte an das Karbo-Gagne Duo. Soweit die geschäftliche Seite, aber viel wichtiger war eigentlich die Frage, warum Verne keine Chance auf den NWA World Heavyweight Title bekam. Ein Grund war, dass sich das NWA Board 1957 für Dick Hutton als potenziellen Herausforderer entschied. Hutton überzeugte einige einflussreiche Promoter aber nicht, erhielt aber trotzdem im November 1957 ein Title-Match gegen Thesz zugesprochen, das er dann gewann. Doch Hutton zog nicht in Chicago und auch nicht im Minnesota Revier. Hier gab es schon seit Jahren nur einen ultimativen Favoriten, Verne Gagne. Karbo kritisierte die Vorgehensweise der NWA bereits seit einigen Jahren. Schon 1952 bezeichnete die Chicago Tribune Verne als "Outstanding Professional Wrestler of 1952". Ein wichtiges Zeichen, wie viel Potenzial man in Gagne sah, war dann ein Votum für den Herausforderer auf den World Title im März 1953. 10 NWA Mitglieder entschieden, dass Verne der Nr. 1 Herausforderer sein sollte. Er kam sogar noch vor Killer Kowalski und Antonino Rocca, die sich ebenfalls starb etabliert hatten. Aber es blieb nur bei diesem Votum, welches sich danach auch wieder in Luft auflöste. Verne bekam nie wirklich eine Chance in jenen Jahren. Den erhofften Push erhielt stattdessen Pat O'Connor. Im Januar 1959 siegte O'Connor über Dick Hutton und konnte sich nun als neuer NWA World Heavyweight Champion feiern lassen.

Nach dem Ausstieg von Dennis Stecher 1959 war es immer ersichtlicher, dass sich eine neue Liga mit Hauptsitz in Minneapolis formieren würde. Gagne stand an der Spitze einer Gruppe, die ihre eigenen Titel und Richtlinien haben wollte. Lange Zeit ist der Gründungsprozess der American Wrestling Association (AWA) als generelle Abspaltung von der NWA dargestellt worden. Es war jedoch in Wirklichkeit keine Rivalität, aber durchaus eine ernstzunehmende Konkurrenz, die da unter Karbo und Gagne entstand. Im Mai 1960 proklamierten sie O'Connor zum ersten AWA World Heavyweight Champion. Den scheinbaren Split von der NWA packte man in eine Storyline, die so aussah, dass O'Connor innerhalb von 90 Tagen "seinen" Titel gegen Gagne verteidigen müsse. Natürlich verstrich diese Zeit ohne Title-Match, was dann zur Abspaltung führte und somit Gagne am 16.08.1960 schließlich der neue AWA World Heavyweight Champion wurde. Diese AWA Version war jedoch fälschlicherweise nicht die erste Auflage, wie sie manch einer betrachtete. Es gab mehrere Versionen und die erste gründete Boston-Promoter Paul Bowser Ende der 20er Jahre. In den 50er Jahren gab es dann noch die AWA Version der Leonard Schwartz-Ray Fabiani Gruppe in Chicago und die der Johnny Dolye-Jim Barnett-Roy Shire-Balk Estes Gruppe. Interessant zu sehen ist, dass es eine Zusammenarbeit zwischen den AWA und NWA Territorien gab. Die Offiziellen aus Minnesota waren häufiger bei NWA Meetings anwesend. Die Einführung eines eigenen Titels war also nicht mit einer gänzlichen Abschottung zum anderen Lager verknüpft, auch wenn das nicht so offensichtlich war.

Gagnes Titel galt noch nicht im Nebraska-Revier, weil Promoter Joe Dusek einen eigenen World Title sanktionierte. Nun begann eine ganze Reihe an Fehden, die sich vollends um Verne drehten. Ein Herausforderer nachdem anderen kam. Am 16.09.1961 bezwang er zunächst Don Leo Jonathan um den Nebraska World Title. Gagne war jetzt doppelter Champion (AWA und Nebraska). Das Verwirrspiel ging danach aber erst richtig los, als die Fehde mit Fritz Von Erich und Crusher Lisowski startete. Ein ständiges Hin und Her auf beiden Seiten, wodurch viele grandiose Titelkämpfe entstanden. Von Erich besiegte Gagne am 31.07.1962 in Omaha zunächst um die Nebraska Version, die sich Verne allerdings am 25.08.1962 wieder zurückholte. Letzteres war ein Cage-Match. Nun kam noch Crusher Lisowski dazu. Lisowski besiegte Gagne am 15.02.1963 um den Nebraska World Title. Die AWA Version verlor Verne dann auch noch an den Crusher am 09.07.1963 ausgerechnet in Minneapolis. Der Crusher hatte kurzzeitig beide Versionen. Doch während dieser heißen Fehde wusste jeder Insider, dass das nicht lange andauern konnte.

Der heiße Sommer 1963 - so könnte man die AWA Geschichte in dem Jahr knapp zusammenfassen. Fritz Von Erich meldete sich zurück und die nächste Matchserie gegen Gagne startete. Lisowski verlor beide Versionen am 20. Juli in Minneapolis an Verne. Von Erich holte sich jedoch am 27. Juli beide Titel, als er Gagne in Omaha bezwang. Danach ging Verne auf Titeljagd, die sogar bis Amarillo, Texas ging. Im West Texas-Zirkel von Karl Sarpolis und Dory Funk Sr. bestritt Gagne am 08. August 1963 den mit Spannung erwarteten Titelkampf gegen Fritz Von Erich. Der Texaner Von Erich unterlag und die AWA Version ging an Verne zurück. Die verwirrende Fehde fand ihr Ende mit dem Title Unification Match am 07.09.1963. AWA World Champion Verne Gagne besiegte in Omaha den Nebraska World Champion Fritz Von Erich. Eines der wichtigsten Matches für Verne, da er nun ein vereinigter Champion war. Joe Dusek, der verantwortliche Promoter von Nebraska, korrespondierte danach stärker mit der AWA und stellte seinen World Title ein. Die beiden Territorien arbeiteten insgesamt sehr gut zusammen. Karriere-Highlights im Leben von Verne Gagne gab es sehr viele und sie alle zu nennen, ist fast unmöglich. Zu seinen größten Erfolgen zählten: 5-facher AWA World Tag Team Champion, Gewinner von zwei Police Gazette Trophäen und natürlich seine unglaubliche Titelserie in der AWA bis 1981. Gagne war insgesamt 10-facher World Heavyweight Champion seiner eigenen Promotion. Den AWA Titel verteidigte er von 1968 bis 75 am Stück. Aber Verne war auch der erste Titelträger, der sein Gold innerhalb eines Jahres in Europa und Japan verteidigte. In Madrid bezwang er Hercules Cortez und in Japan führte eine Tournee 1970 dazu, dass die IWE Promotion fortan mit der AWA korrespondierte. Ab 1980 gab es dann auch eine Zusammenarbeit mit All-Japan Pro Wrestling (AJPW).

Am 18.07.1980 bestritt Verne Gagne im altehrwürdigen Comiskey Park in Chicago das bekannte AWA World Title Match gegen seinen Schützling Nick Bockwinkel. Nick unterlag vor 25.000 Zuschauern und Verne gewann zum letzten Mal "seinen" Titel. Der Abschied als aktiver Pro-Wrestler von der Ringbühne kam im Mai 1981. Verne übergab das Titelgold an Nick Bockwinkel. Das Ende einer Karriere - so war es, aber nur die im Ring. Für die nächsten 10 Jahre blieb Gagne noch vielseitig aktiv. Promoter, Matchmaker, Trainer - er war einfach alles in einer Person. Verne trainierte und förderte viele bekannte Wrestler in seiner ebenso bekannten Schule, dazu zählen: Rick Martel, Hulk Hogan, Vader, Stan Hansen, Bob Backlund, Bruiser Brody, Ric Flair, Mr. Perfect und natürlich sein Sohn Greg Gagne. Aber das ist nur eine kleine Auswahl gewesen.

Die Glanzzeit der AWA waren die 60er, 70er und frühen 80er Jahre. Ihr Hauptsitz befand sich jahrelang im Dyckman Hotel in Minneapolis, von wo aus Gagne und Karbo ihr grandioses Business steuerten. Ab 1963 hatte man dann im Amerikanischen Wrestling das Szenario der "Big Three", als sich die WWWF, nach der NWA und AWA, formierte. Während Vincent James McMahon den Nordosten kontrollierte, war Vernes AWA im Midwest-Zirkel sehr erfolgreich. Später erfolgte sogar noch eine Ausweitung des Geschäfts auf Teile in Kanada. Gagne war stets bemüht darum, auch außerhalb des Minnesota-Zirkels, seine AWA gut zu repräsentieren. Nach dem Rücktritt seines einstigen Förderers Fred Kohler, im November 1965, engagierte sich Verne auch in der alten Wrestling-Hochburg Chicago. Er, Dick the Bruiser und Wilbur Snyder übernahmen Kohlers Business und teilten sich den Chicago Wrestling Club geschäftlich auf. Die Kohler Enterprises machte am 12.11.1965 komplett dicht. 1976 kaufte Gagne auch Anteile am grandiosen St. Louis Wrestling Club. Das Business teilte er sich dort mit Pat O'Connor, Harley Race, Bob Geigel und Sam Muchnicks Schützling, Larry Matysik.

Anfang der 80er Jahre bekam die AWA ernsthafte Konkurrenz durch die Titan Sports, Inc. von Vincent Kennedy McMahon, die ab 1982 auch offiziell die Rechte der WWF besaß. Mehrere Promoter, einige davon noch aus der alten NWA Garde, schlossen sich zu einem Konsortium zusammen - Pro Wrestling USA. Diese "Anti WWF Gruppierung" war das Resultat einer Konferenz 1984 im O'Hare Hilton Hotel in Chicago. Verne Gagne und Jim Crockett Jr. standen so an der Spitze. Weitere Mitglieder waren: Eddie Graham, Jerry Jarrett, Bill Watts, Bob Geigel, Ole Anderson, Gary Juster und Eddie Einhorn. Für kurze Zeit gelang es Pro Wrestling USA ein paar gute Shows zu veranstalten, die teils sogar erstaunlichen Zulauf hatten. Möglich war dies vor allem auch durch die Fernsehausstrahlungen, die Eddie Einhorn etwa auf Kanal 11 WPIX in New York organisierte. Aber realistisch betrachtet konnte man die WWF bereits 1984/85 nicht mehr überbieten. Geschweige denn aus dem Business vertreiben. So scheiterte Pro Wrestling USA zwangsläufig und das auch an den Eigeninteressen der Mitglieder. Eine engere Zusammenarbeit, wie zu alten NWA Zeiten, war einfach nicht mehr spürbar.

1985 zog sich auch Wally Karbo aus der AWA zurück. Die letzten Jahre unter Gagne machten dann deutlich, dass die Tradition der Moderne weichen musste. Verne konnte seine Talente nicht mehr halten und viele, wie Hulk Hogan, wanderten ab. Letztlich war es auch die Fixierung auf seinen Sohn Greg Gagne, die zum Gewinneinbruch und Zuschauerrückgang führte. Greg sollte unbedingt ein würdiger Nachfolger werden. Aber die "Nachahmung" seines berühmten Vaters hat ja nie funktioniert, wie wir heute wissen. Gegen den stetigen Ausbau des WWF Formats kam Gagne nicht mehr an. Als dann der Sportchannel auch noch die Fernsehausstrahlungen aus Minneapolis einstellte, stand das Ende, nach über 30 Jahren, vor der Tür. 1991 schloss Verne Gagne die Pforten und trat als Promoter zurück. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits 43 Jahre im Business aktiv. 2002 starb Vernes Frau Mary Ardith Marxen-Gagne, die ihm vier Kinder schenkte. Ein schwerer Schlag für den einstigen großen Champion.

Aber noch einmal durfte er zurück auf die Ringbühne, die er über Jahrzehnte dominierte. 2006 wurde Verne Gagne in die [lexicon]WWE Hall of Fame[/lexicon] aufgenommen. Standing Ovations hieß es, als ihn sein Sohn Greg ankündigte. Verne erschien und erhob noch einmal die Hand in Richtung seiner Fans. Der feierliche Abgang einer großen Persönlichkeit im Wrestling. Bei ihm machte sich nach 2006 seine fortschreitende Demenz bemerkbar. Er lebt heute zurückgezogen in einem Pflegeheim. Verne Gagne hat über Jahrzehnte das Pro-Wrestling maßgeblich beeinflusst. Er war einer der ganz Großen im Ring und bleibt deshalb auch für immer eine Legende.
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[YOUTUBE]sNIp1KJHujc&feature=player_embedded[/YOUTUBE]
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Legenden - Orville Brown

[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/brown3.jpg]

Die [lexicon]Stars[/lexicon] der Central States (Kansas, Iowa, Missouri) waren in den 40er Jahren Bill Longson, Lou Thesz, Sonny Myers und Orville Brown. Mit Letzterem beginnt nicht nur die Geschichte einer bedeutenden Persönlichkeit im Wrestling, sondern auch die der "National Wrestling Alliance (NWA)". Brown war ganz am Anfang dabei, als sich die NWA in Iowa formierte. Eine andere Liga ist mit seinem Namen aber auch verbunden - die "Midwest Wrestling Association (MWA)". Diese Promotion hat er maßgeblich geprägt, sie fest im Zirkel der Central States verankert, was seine zahlreichen Titelgewinne eindeutig bewiesen. 1948 stand er auf dem Zenit seiner Wrestler-Laufbahn: Die Mid-West Promoter pushten ihn zum ersten NWA (Alliance) World Heavyweight Champion. Dann sollte ein Title Unification Match mit Lou Thesz folgen. Doch Orvilles Traum platzte kurz vor der Austragung, als die Karriere im Ring durch einen Autounfall für immer endete. Aber er bewies Stärke: Nach einer Rehabilitationsphase kehrte Brown auf die Bühne des Wrestlings zurück, wo er im geschäftlichen Bereich noch über Jahre erfolgreich blieb.

Am 10.03.1908 beginnt in Cedar Township bei Sharon, südwestlich von Wichita, Kansas, die Geschichte des Orville Brown. Er war das fünfte Kind von Clarence und Ellen Elizabeth Brown, einer typischen Farmerfamilie der Central States. Ihre ursprüngliche Heimat war Eureka, Missouri, bis die Browns in den 1910er Jahren nach Barber County umzogen. Dies ist der Anfang ihrer Umzugswelle quer durch Kansas. Ellen arbeitete als Farmerin und zog die Kinder auf, da Clarence das Haus schon früh verlassen hatte. Orville wuchs ohne den Vater auf. In erster Linie folgte er später der Mutter als Farmer. 1920 starb Ellen im 42. Lebensjahr, was für Orville einen ständigen Wechsel seines Umfeldes bedeutete. Er kam bei vielen Verwandten unter, die ihn oft weiterreichten. An der High School spielte er zunächst Football, fand dann jedoch stärkere Ambitionen im Rodeoreiten. Rodeo war damals Orvilles Leidenschaft schlechthin. Die Teilnahme an den Turnieren führten dazu, dass man 1926 schon landesweit wusste, wer da als "Stierbändiger" auftrat. Mit Rodeo ließ sich in dieser Zeit noch kein wirklicher Lebensunterhalt bestreiten. Also arbeitete Orville vornehmlich als Farmer, u.a. bei Leondarville, Kansas, wo er auch seine Ehefrau, Grace [lexicon]Charlotte[/lexicon] Springer, kennenlernte. Im Oktober 1927 gaben sich beide das Ja-Wort. Am 17.07.1929 kam ihr einziges Kind zur Welt - Richard.

Browns eigentliche High School Zeit dauerte nur gut ein Jahr. Farmer, Rancher, Bauarbeiter, Schmied - Orville verdiente seine ersten Lorbeeren durch harte Arbeit. Hauptsächlich als Farmer unterwegs, zog es ihn mit der Familie 1930 nach Wallace, Kansas. In Wallace fand er einen Job als Schmied, ohne zu ahnen, dass hier mal seine Wrestling-Karriere beginnen sollte. Sein kräftiger Körperbau brachte bereits gute Vorrausetzungen mit. Für den Rest waren entsprechende Kontakte notwendig. Der Weg in Richtung Professional Wrestling begann dann doch sehr schnell, als er einen lokalen Manager und Trainer namens Ernest Brown kennenlernte. Brown trainierte Brown - zwischen beiden gab es allerdings keinen verwandtschaftlichen Bezug. Sein erster Mentor, es sollten noch einige folgen, personifizierte einen typischen Allrounder. Ernest Brown war Wrestler, Trainer und Manager. Durchaus keine Seltenheit in dieser Zeitspanne. Orville bekam von ihm die grundlegenden Schritte an der Wallace High School vermittelt. Im Oktober 1931 debütierte er als Professional und ein knappes Jahr später folgte der Gewinn seines ersten Titels. Veteran-Wrestler Alan Eustace verlor den Kansas State Title am 02.09.1932 an Orville Brown. Eustace war ein echter Shooter der alten Schule. Ebenfalls keine Seltenheit, weil das damalige Wrestling noch den wirklich harten Mattensport charakterisierte, wie man ihn auf professioneller Ebene seit dem 19.Jh. ausübte. Das breite Spektrum an Möglichkeiten, wie es heute der Fall ist, hatte Brown natürlich erstmal nicht. Er kämpfte als Midcarder im Wichita-Zirkel, bis sein Interesse am Shoot-Wrestling allmählich abflachte. Damit war bereits in den 30er Jahren kein überaus großer Verdienst zu erzielen. Professional Wrestling bedeutete letztlich worked Matches, Gimmicks und Showeffekte. Weg vom Shoot, trennten sich Orville und Ernest in der Saison 1932-33.

Nach Ernest Brown kam ein weiterer Veteran des Wrestlings zum Zuge - Abe Coleman. Es war Coleman, der den größten Promoter im Midwest-Zirkel, Tom Packs, auf Orville Brown aufmerksam machte. Packs schien interessiert zu sein: Die Bewährungsprobe in der damaligen Hochburg St. Louis verlief erfolgreich. Brown unterschrieb 1933 bei Packs und dieser pushte ihn mit seinem Einfluss und finanziellen Mitteln. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet Brown bildete ab 1940 eine Opposition gegen Packs, innerhalb der Central States, was weitreichende Folgen nach sich zog. Also genau gegen den Promoter, der ihn am Beginn seiner Karriere am meisten pushte. Vielversprechend verlief das anschließende Training mit Wrestler George Zaharias und ein paar anderen Größen. 1934 wrestlete Brown erstmals für den Promoter George Simpson in Kansas City. Vom einstigen lokalen Midcarder ausgehend, gelang es ihm vor allem hier sich als Wrestler und Geschäftsmann bedeutenden Einfluss auf die Szene im Mittleren Westen zu verschaffen. Der Midwest-Zirkel war ohnehin als Talentschmiede bekannt. Natürlich eine wichtige Hochburg für Professionals der 30er und 40er Jahre. Da sich Packs dem 1933 formierten "Jack Curley Trust" angeschlossen hatte, sah man viele bekannte Wrestler auch in anderen Territorien der USA. Jack Curley versammelte die landesweit stärksten Promoter um sich, um World Champions oder eben talentierte Professionals gemeinsam zu booken. Brown konnte davon besonders im Jahr 1936 mächtig profitieren. Von den Central States ging es in Richtung Nordosten. Mit der nötigen Würze an Talent, als Grappler und Performer, zeigte er hier, was wirklich in ihm steckte. Dass sich nun sein Weg erfolgreich fortsetzte, stand nicht mehr in den Sternen geschrieben. Der Curley Trust ermöglichte, wenn auch nur für ein paar Jahre, profitable Bookings. Nach und nach bekam Brown von fast allen größeren Promotern ein Angebot. Er wrestlete u.a. für Morris Sigel in Houston, damals schon eine Hochburg, oder für Ray Fabiani in Philadelphia. Ferner in New York, St. Louis, Chicago und Detroit.

Die Saison 1936 war noch durch zahlreiche Double-Cross Matches und etliche World Champions gekennzeichnet. Irgendwo dazwischen erschien Brown als populärer Wrestler an der Seite von Leuten wie Vincent Lopez oder Dean Detton. In den nächsten Jahren gab es viele Promotionkriege zwischen dem Curley Trust und jenen Promotern, die sich dem New Yorker Syndikat nicht anschließen wollten. Dazu gehörten Al Haft, Heywood Allen, Fred Kohler, Billy Sandow und Adam Weissmuller. Was daraus resultierte, auch später noch, war ein Wirrwarr um World Champions. Orville Brown, bis dahin ein Verbündeter der Curley-Mondt-Fabiani Gruppe, wechselte im Frühjahr 1937 während eines Promotional Wars die Seiten und schloss sich der Haft-Sandow Gruppe an. Der Trust zerfiel letztlich durch Curleys Tod 1937 und die einstigen Verbündeten kämpften gegeneinander. Realistisch gesehen teilten sich hiernach nur zwei Promoter das Business: Paul Bowser mit seiner AWA in Boston und dessen Rivale Tom Packs mit der NWA in St. Louis. Unter ihnen fand man dann alle anderen Promoter. Und dies änderte sich nicht bis in die späten 40er Jahre. Im gleichen Jahr, wo auch der Curley Trust zerbrach, zog Brown mit der Familie auf eine Farm in der Nähe von Columbus, Ohio. Hier veranstaltete ein alter Widersacher von Packs - Al Haft. Man muss wohl sagen, dass Haft der erste wirkliche Konkurrent war, der sich vom grandiosen Erfolg der Szene in St. Louis nicht beeindrucken ließ. Er pushte, neben Brown, noch etliche andere Größen des Business (Bill Miller, Buddy Rogers, Karl Gotch).

Anfang der 30er Jahre etablierte Haft mit der "Midwest Wrestling Association (MWA)" eine neue Liga in Konkurrenz zur NWA und AWA. Aber Ambitionen zur AWA gabs schon, nicht jedoch zur National Wrestling Association. Das war allerdings nicht die spätere National Wrestling Alliance. Packs' Promotion unterstand mehreren Athletic Commissions. Ein kompliziertes Geflecht, wo auch Boxkommissionen mitbestimmten. Haft und die Kommissionen ließen es zu, dass auch im Ohio-Revier noch NWA Titelkämpfe stattfinden konnten. Dem Haft-Syndikat schlossen sich Heywood Allen (Kentucky) und George Simpson (Kansas City) an. Allen war zeitweise MWA Präsident. Insgesamt umfasste die MWA lokale Promoter von West Virginia bis rüber nach Kansas. Ab dem Spätjahr 1937 stellte Haft seinen neuen Kassenschlager gegen die Zugpferde der MWA - "Tigerman" John Pesek und Everett Marshall. Am 28.10.1937 verlor Brown vor rund 10.000 Zuschauern in Columbus gegen MWA World Champion Everett Marshall. Die Krone des MWA World Title konnte er sich zwar noch nicht aufsetzen, aber das sollte nur noch eine Frage der Zeit sein. Ein Time-Limit-Draw erreichte er immerhin im Januar 1938 gegen den eisenharten Pesek. Ein Shooter der härtesten Klasse, die man damals überhaupt kannte. Beliebt war Brown ohnehin schon längst. Ein weiteres Match mit Pesek erreichte im November 1938 über 10.000 Zuschauer.

Die Verbindungen nach Kansas City sind mit der Zeit immer stärker geworden. 1940 schließlich zog es ihn vollends in diese MWA Hochburg. Dass sie es auch während der 40er Jahre noch blieb, war vor allem Orville Brown zu verdanken. An der Seite des lokalen Promoters George Simpson übernahm er die Funktion eines Allrounders. Wrestler, Matchmaker, [lexicon]Booker[/lexicon], Promoter - Orville organisierte bald eigene Shows mit größerer Ausweitung des Reviers Richtung Kansas nach Wichita, Topeka und St. Joseph. Nur durch seine Vielseitigkeit im Ring und hinter den Kulissen, ist der dauerhafte Erfolg im Kansas City-Zirkel zu erklären gewesen. Simpson hatte die politischen Kontakte und genug Erfahrung als Geschäftsmann, aber das [lexicon]Booking[/lexicon] lag ihm nicht, weshalb seine Promotion dann Verluste einfuhr. Das fehlende Manko ersetzte Brown quasi zum richtigen Zeitpunkt. Abgesehen vom Columbus-Office in Ohio, baute Orville ab 1940 ein neues Central States-Office der MWA in Kansas City auf. Die geschäftlichen Belange teilte er sich mit Simpson und Gust Karras, einem lokalen Promoter in St. Joseph, Missouri. Für viele Jahre funktionierte ihre Zusammenarbeit, bis ein ernster Konflikt zwischen Karras' Superstar Sonny Myers und Orville's Freund, Promoter Pinkie George aus Iowa, ausbrach. Es ging mal wieder um Bookingrechte: Myers wollte in Iowa veranstalten ohne Zustimmung der NWA und Pinkie George. Die Sache landete letztlich sogar vor Gericht. Auch die Geschäftsbeziehung von Karras zu Brown bröckelte, was später zum Bruch führte.

Bobby Bruns war der erste MWA World Champion der neuen Kansas City-Version, die das Central States-Office im Januar 1940 einführte. Am 13.06.1940 verlor er gegen den Herausforderer Orville Brown in der Memorial Hall in Kansas City. Dieser startete somit seine 12-fache Regentschaft als MWA World Champion. Bruns sollte einer seiner besten Freunde werden. Die Popularität des neuen Champions stieg in unerwartete Höhen. Wenn er auftrat war in der Memorial Hall die Begeisterung der Fans allgegenwärtig. Brown's Beliebtheit hatte sich im Midwest-Zirkel längst verfestigt. Seine Auftritte brachten den Veranstaltern kontinuierliche Einnahmen. Wohl auch ein wesentlicher Grund, warum man ihn gleich als Champion mehrerer Bundesstaaten einsetzte. Die Kansas City-Version des MWA World Title und die NWA Version in Iowa verteidigte Brown zeitweise zwischen 1944 und 1948 gleichzeitig. Zudem hielt er noch für 2 ½ Jahre die Ohio-Version vom MWA World Title. Um diese Version ging es im Sommer 1940, als er auf einen Deutschen namens Dick Shikat (Ex-World Champion) traf. Al Haft erklärte die Ohio-Version für vakant. In Columbus siegte Brown über Shikat am 27.06.1940. Er verteidigte seinen Titel hier bis Dezember 1942, als ihn Veteran Ed "Strangler" Lewis besiegte.

Mit dem Wechsel nach Kansas City hatte sich Brown auch fast zeitnah von seinem ehemaligen Mentor Tom Packs (St. Louis) getrennt. Während der 30er Jahre wies das Territorium, rund um die Hochburg St. Louis, eine relative Konstanz in puncto Zusammenarbeit auf. Kleinere Differenzen gab's zwar, jedoch hielten die sich in Grenzen, bis Packs 1939 das [lexicon]Booking[/lexicon] für den National Wrestling Association World Title zugesprochen bekam. Das Wrestling sanktionierten damals Kommissionen, wie die Missouri State Athletic Commission, auf die Packs, vom Hintergrund aus, mächtigen Einfluss ausübte. Den Hauptteil des Bookings erhielt letztlich er und ein Großteil der NWA Champions kämpfte dann nur in St. Louis oder da, wo Packs sie gerade hinschickte. Grandiose Zuschauerzahlen verzeichnete man im St. Louis Kiel Auditorium beinnahe wöchentlich. Aber Anfang der 40er Jahre konstituierten sich in den Central States mehrere Oppositionen gegen Packs' Übermacht. Historiker sprechen heute vom sog. "Cäsar Status". Am Erfolg wollten alle teilhaben und die Szene durfte längst nicht mehr nur einer bestimmen. Brown kapselte sich frühzeitig ab, erweiterte sein Revier und baute zunehmend eigene [lexicon]Stars[/lexicon] auf. Da er bereits unter dem [lexicon]Banner[/lexicon] der MWA veranstaltete, war eine Namensgebung für die Promotion in Kansas City nicht notwendig. Aus schon früheren Kontakten zu lokalen Promotern, bildete Brown eine Allianz mit Pinkie George (Iowa), Max Clayton (Nebraska) und Tony Stecher (Minnesota).

Bei einer NWA, der bisherigen National Wrestling Association in St. Louis, blieb es nicht. Im Januar 1941 forderte das Veranstalterduo Billy Sandow - Max Baumann aus Wichita einen NWA Titelkampf. Packs' Champion, Ray Steele, sollte den World Title gegen ihren Schützling Roy Dunn verteidigen. Ein Titelkampf kam nie zustande, weshalb Sandow und Baumann ein neues Format der NWA als "National Wrestling Alliance (NWA Kansas)" formierten. Die erste NWA Version außerhalb vom alten Association Format. Es folgte, was folgen musste: Roy Dunn wurde im Februar 1941 der erste Wrestler mit dem Status des "National Wrestling Alliance Champions". Kompliziert war das Wrestling schon immer und hier ist es nicht anders. Als "World Champion" hat man ihn nicht ausgerufen - erst Orville Brown sollte der erste wirkliche World Champion der National Wrestling Alliance werden. Über Bill Longson, dem Kassenschlager von Packs, gab's später noch Verbindungen, da ihn Sandow und Baumann pushten.

Orville Browns Karriere, als Professional Wrestler, erreichte auch in Iowa viele Höhepunkte. Zu dem dortigen Promoter in Des Moines, Pinkie George, baute er eine Geschäftsbeziehung auf. George bookte ihn zuerst als MWA World Champion und dann, nach der Einführung einer neuen NWA Iowa-Version, als National Wrestling Alliance Champion. Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Noch setzte George darauf, dass Packs die wirklichen Kassenschlager vermehrt nach Iowa schickte. Die Sensation kam mit dem Double-Titlematch in Des Moines. Am 22.07.1942 siegte NWA World Champion Bill Longson über MWA World Champion Orville Brown. Für Weiteres war damit die MWA Titelverteidigung von Brown in Iowa Geschichte. Er setzte den Titel wieder vermehrt in Kansas City aufs Spiel. Nach Browns Niederlage zeichnete sich eine Entwicklung ab, die zur dritten Version der NWA führte. Im Sommer 1943 bookte George den Wrestler Ede Virag als "National Wrestling Alliance Champion" für sein Iowa Revier. Virag war seit Oktober 1942 Champion der NWA Kansas-Version. Zeitweise wrestleten in der Saison 1943-44, neben Virag, noch Ray Steele und Dave Levin als Champions der Iowa-Version. Doch trotz dieser etablierten Professionals blieben die Shows im Des Moines Coliseum hinter den Erwartungen zurück. Steele kämpfte oft anderswo und Levin war eher in Kalifornien zu Hause.

Regionale Größen versprachen kontinuierliche Einnahmen. Deshalb hieß es jetzt: Comeback für Orville Brown aus Kansas City. Mit der National Wrestling Alliance Iowa etablierte George letztlich auch den eigentlichen Vorgänger der 1948 formierten neuen NWA. Ein entscheidender Schritt, wie sich später noch zeigte. Im November 1944 kehrte Brown nach Des Moines zurück. Diesmal bookte ihn George als "National Wrestling Alliance Champion". Für gut drei Jahre verteidigte er diese Version neben seinem MWA World Title, der öfters mal wechselte. Brown war wieder MWA World Champion seit seinem Sieg über Lee Wykoff im August 1944. Volles Haus hieß es jetzt, wenn Orville etwa gegen seinen Freund Bobby Bruns wrestlete oder auf The Swedish Angel, Ray Eckert und Ed "Strangler" Lewis traf. Was das Pro-Wrestling an Unterhaltung damals zu bieten hatte - Orville Brown übertraf dahingegen alle Erwartungen.

Effektiv war Browns Geschäftsbeziehung zu Pinkie George allemal. Daraus wurde eine Gruppe mit noch zwei anderen Promotern: Tony Stecher in Minnesota und Max Clayton in Nebraska. Dieses Vierergespann etablierte ein Bookingsystem, dass dem Packs-Monopol in St. Louis schon mehr entgegensetzen konnte. Austausch ihrer Superstars, Aufteilung des Gewinns, profitable Bookings und letztlich die Anerkennung des benachbarten Territoriums - alles Motive, die die Zusammenarbeit dieser vier beliebten Geschäftsmänner wesentlich kennzeichnete. Der Bruch zwischen Packs und Stecher kam 1943. Ein paar Jahre später, hauptsächlich durch Initiative von Orville Brown, entschloss sich auch Sam Muchnick der Gruppe rund um Pinkie George beizutreten. Muchnick hatte die stärksten Ambitionen aus einer kleinen Promotion den später größten Ligenverband der Wrestlinggeschichte aufzubauen. Da er direkt in Konkurrenz zu Packs in St. Louis veranstaltete, spürte man den Machtkampf, um Zuschauerzahlen und Bookings, vor allem hier am Stärksten.

Unabhängig vom Geschehen in St. Louis baute Orville Brown darauf, dass seine Promotion in Kansas City durch neue Superstars nicht an Attraktivität verlor. Es gab mit den Jahren immer mehr Professionals, die er zu populären Wrestlern aufbaute. Die letzte große Fehde, als NWA Iowa Champion, bestritt Brown gegen einen aufsteigenden Neuling namens Harold "Sonny" Myers. Dessen eigentlicher Förderer war gleichzeitig auch Browns Geschäftspartner - Gust Karras. Myers debütierte ein paar Jahre zuvor bei Karras in St. Joseph und jetzt schien die Zeit gekommen, den amtierenden Champion von Pinkie George herauszufordern. Brown hielt zudem immer noch die MWA World Title-Version. Gegen einen Wrestler, der ganze 16 Jahre jünger war, musste Brown schon was zeigen. Im November 1947 verlor er zunächst den NWA Title (Iowa) in Des Moines an Sonny Myers. Ihre Fehde setzte sich in Kansas City fort. Eine Matchserie gegen Brown in der Memorial Hall etablierte ihn als starken Herausforderer auf Browns prestigeträchtigen MWA World Title. Aber ein Rückmatch um die NWA Iowa-Version verlor Myers am 05.01.1948. Entscheidend war diese Niederlage für Orville, da der Titel hiernach nicht mehr wechselte und im Juli 1948, zeitgleich mit der Formation der neuen NWA, als neuer World Heavyweight Title kreiert wurde. Wer sollte da als potenzieller Champion wohl zuerst auf der Bühne erscheinen? Natürlich nur Orville Brown. Nach dem Sieg über Myers kam dann am 04.05.1948 auch der allerletzte Gewinn des MWA World Title. Brown besiegte in Kansas City Bobby Bruns um den Titel und behielt ihn bis zur Auflösung der MWA zwei Monate später.

Pinkie George hatte es geschafft und seine Geschäftspartner um einen runden Tisch geholt, wo am 18.07.1948 die Version der "National Wrestling Alliance (NWA)" entstand, wie sie das Business jahrzehntelang später immer noch kannte. In Waterloo, Iowa unterzeichneten George, Brown, Muchnick, Clayton und Wally Karbo (in Vertretung für Stecher) die Gründungsurkunde. Brown bestritt im Rahmen dieses Treffens noch ein Match gegen Joe Dusek. Die Gruppe rund um Pinkie George entschied sich für ihn als ersten World Heavyweight Champion der neuen National Wrestling Alliance. Jetzt stand er am Anfang einer langen Kette an Champions wie Lou Thesz, Billy Watson, Pat O'Connor, Gene Kiniski, Dory Funk Jr., Ric Flair, Harley Race und Giant Baba. Der Höhepunkt seiner Karriere schlechthin. Angebote für Auftritte kamen pausenlos. Orville verteidigte seinen World Title u.a. in Kanada, Texas und in Hollywood. Er engagierte nach der NWA Gründung seinen Schwager Pearl Millard Christy als neuen [lexicon]Booker[/lexicon] für seine Kansas City-Promotion, während er seinen Titel landesweit verteidigte. Christy bookte darüber hinaus noch in Sedalia und später auch in Wichita, Kansas. Offiziell war er bis 1952 der "Front Matchmaker" im NWA Central States Office in Kansas City, da man Orvilles Status verheimlichte, weil dieser als Champion aktiv war. Das Office (Central States [lexicon]Booking[/lexicon] Office) befand sich im Commonwealth Hotel in der 3908 Baltimore Avenue.

Für Sam Muchnick wrestlete Orville in St. Louis, da sich dieser noch in einem Promotionkrieg mit Lou Thesz befand. Nachdem Tom Packs seine Pforten in St. Louis im Juni 1948 schloss, übernahm ein Konsortium rund um Lou Thesz dessen Promotionrechte. Zeitgleich existierte daher noch die alte National Wrestling Association mit Lou Thesz als World Champion und Orville Brown als Gegenchampion der George-Stecher-Clayton Fraktion. Es gab also zwei NWA Champions. Um diese Situation zu ändern, beschlossen beide St. Louis Promotions (Sam Muchnick Sports Attractions und der Mississippi Valley Sports Club) zunächst eine Beilegung aller Streitigkeiten, und letztlich dann ein NWA Title Unification Match.

Doch das Schicksal wollte es anders und Orville musste bald um sein Leben kämpfen. Die Entscheidung zwischen den beiden World Champions sollte am 25.11.1949 in St. Louis fallen. In der Nacht des 01.11.1949 erreichte die Polizei ein Notruf, dass sich ein schwerer Autounfall auf dem Highway 69 bei Eagleville, Missouri ereignet hätte. Die Rettungskräfte fuhren zum Unglücksort: Ein Auto war in einen LKW gerast. Zwei Insassen wurden dabei schwer verletzt - es waren Orville Brown und Bobby Bruns. Beste Freunde!! Beide kamen ins Krankenhaus nach Bethany, Missouri. Orville erlitt schwere Kopfverletzungen, innere Verletzungen am Gehirn, eine schwere Augenverletzung und Prellungen an den Armen. Bobby Bruns kam etwas glimpflicher davon, auch was seine weitere Karriere als Wrestler betraf. Der Gesundheitszustand von Orville verschlechterte sich zusehends und er fiel ins Koma. Die Ärzte holten ihn jedoch zurück. Er gab nicht auf, so wie während seiner gesamten Karriere. Trotz einer anhaltenden Lähmung der rechten Körperhälfte in den ersten Wochen, kämpfte Brown, um vielleicht als Professional zurück zu kehren. Viele Monate der Rehabilitation folgten - aber eines war klar: Ein Comeback als Wrestler würde es nie mehr geben. Lou Thesz wurde der neue NWA World Heavyweight Champion am 27.11.1949. Orville kehrte als [lexicon]Booker[/lexicon] seiner Central States Promotion zurück. Nach der Gründung der NWA endete die Linie vom alten MWA-Ableger Kansas City. Brown, Simpson und Karras nannten ihr neues Outfit "NWA Heart of America".

In der Saison 1953 kam es zu einem Konflikt zwischen NWA Promoter Pinkie George (Iowa) und Wrestler Sonny Myers, der der Gruppe von Karras und Simpson angehörte. Es war ein Streit um Bookingrechte, der sogar vor Gericht ging. Myers wollte in Teilen von Iowa veranstalten, wo George keine Shows abhielt und dennoch bestand dieser auf seine Bookingrechte dort. Im Hintergrund pushten Karras und Simpson den Konflikt noch zusätzlich, was dann zu einer Spaltung innerhalb des Central States [lexicon]Booking[/lexicon] Office in Kansas City führte. Bislang waren sie beide noch Orville Browns Co-Directors, doch sie unterstützten Myers und stellten sich gegen George. Der andere Grund war, dass sie Brown aus dem Office verdrängen und dessen Promotion destabilisieren wollten. Doch Orville hatte immer noch genug Einfluss, um das zu verhindern. Er schloss sich im September 1955 mit Pinkie George zur "Brown-George Wrestling, Inc." zusammen. Am 20.10.1955 wurde die Gesellschaft als incorporated in den Register eingetragen. Als "Registered Agent" listete man Orvilles Sohn, Richard Brown, auf. Sie bookten, wie schon damals, in Iowa und Missouri zusammen. Simpson trennte sich vom NWA Office und veranstaltete unabhängig mit Karras' Unterstützung. In Kansas City gab es so zeitweise zwei Gruppen, die Wrestlingshows abhielten. Die Brown-George Gruppierung etablierte sich dabei als starke Konkurrenz. Und das für viele Promoter im Midwest-Zirkel. 1959 verließ zuerst George frustriert die NWA. Als Brown 1963 die Pforten in Kansas City schloss, blieb nur noch Sam Muchnick als letztes Gründungsmitglied übrig. Clayton und Stecher waren längst tot. Bis zum Schluss hatte sich Brown in seinem Territorium durchsetzen können. Seine Konkurrenten konnten ihn nicht als Promoter verdrängen.

Das Ende einer großen Karriere gezeichnet durch viele Höhepunkte. Erst durch den Willen etwas Großes zu erreichen, schaffte es auch ein Orville Brown zur Legende. Charismatisch, beliebt, unterhaltsam, performancestark - dieser World Champion erfüllte alle Aspekte des damaligen Wrestlings. Ohne ihn wäre die Geschichte der NWA anders verlaufen. Vielleicht hätte es nie solche Champions wie Harley Race gegeben ohne seinen Einsatz für die Allianz. Orville distanzierte sich vollends vom Wrestling. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er im John Village Retirement Center in Lee's Summit, Missouri. Am 24.01.1981 starb die Central States Legende dort im Alter von 72 Jahren. Browns Territorium übernahmen Karras, Myers, Simpson, Pat O'Connor und der mehrfache NWA Präsident Bob Geigel. Sie konstituierten sich im Herbst 1963 zur "Heart of America Sports Attractions". Eine neue Ära in der Geschichte der Central States begann.
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#14
Legenden – Dick Hutton

[Bild: http://www.wwf4ever.de/team/ronald/Dick Hutton.jpg]

Manchen Legenden des Wrestlings ist ein großer Push verwehrt geblieben, trotzdem sie alles für das Business gaben, sich aufopferten und letztlich doch, mehr oder weniger, fallengelassen wurden. Dies trifft auch auf Dick Hutton zu. Der dreifache NCAA Heavyweight Champion war einer der besten Amateurwrestler seiner Zeit. Mit Verne Gagne war er 1948 sogar bei den Olympischen Spielen in London vertreten. Die Kämpfe um den NCAA Title waren ein Highlight seiner früheren Laufbahn. Der 14.11.1957 stieß für Hutton die Tore zum NWA World Heavyweight Title auf. Es war sein Tag, es war seine Stunde des Triumphs im legendären Toronto Maple Leaf Gardens. Lou Thesz gab sich im Abdominal Stretch geschlagen, womit der wichtigste Titel in dieser Zeit an Hutton wechselte. Den großen Unterschied zwischen Amateuren und Profis konnte er jedoch nur halbwegs überwinden, um daraus Profit zu schlagen. Was Hutton an wrestlerischem Können mitbrachte, fehlte ihm an Entertainment. Er war nicht prädestiniert dafür, um als Grappler und Performer lange die Massen zu begeistern. In einer Zeit wo die NWA zerfiel, sich neu formierte, Splittergruppen entstanden, war es für ihn umso schwerer, sich als Champion zu etablieren. Ein Talent als Techniker im Ring reichte für viele Promoter längst nicht mehr aus. 1958, als sich Hutton beweisen wollte, war der Fokus aber längst auf einen anderen Topstar gerichtet, Edouard Carpentier.

A product of Amarillo, Texas - Richard Hutton wurde hier am 04.10.1923 als Sohn von Bailey und Gladys Hutton geboren. Er hatte noch einen Bruder namens Jerald. 1924 zog die Familie nach Oklahoma um. Sie fanden ihr neues Zuhause südlich von Tulsa, wo die spätere Profikarriere von Richard beginnen sollte. Aber in Amerika heißt es nun mal nicht Richard sondern Dick. Damit war der Spitzname aus der Taufe gehoben worden, unter den man ihn noch bis ins hohe Alter kannte. Ein gewisses Talent zum Ringer brachte er schon von Anfang an mit. Damit das auch entsprechend gefördert wurde, waren nach und nach eine ganze Reihe an Trainern/Managern involviert, die Dicks Karriere maßgeblich beeinflussten. Den Anfang machte ein Coach namens Frank „Snake" Briscoe. Hutton's Amateur-Laufbahn begann in den späten 30er Jahren an der Daniel Webster High School in Tulsa. Snake Briscoe brachte seinem neuen Schützling die Basics bei, und bald wrestlete Dick für dessen Amateurringer-Team, die Warriors. Schon hier etablierte er sich als hervorragender Ringer mit der Aussicht auf weit höhere Erfolge. Es sollte noch dazu kommen, doch die Konkurrenz war keineswegs klein, deshalb hieß es jetzt sich nach oben zu kämpfen. Briscoe schickte ihn schließlich ins Rennen: Die High Schools veranstalteten lokale Turniere, wo man den State-Title als Amateur gewinnen konnte. Am 08.03.1940 stand Hutton im Turnierfinale, aber es reichte dann doch nicht zum Sieg. Leonard Shelton, von der Ponca City High School, besiegte ihn durch Decision.

1944-45 stand die Sportwelt kriegsbedingt größtenteils still. Für das Wrestling, egal ob Amateur- oder Profilager, waren diese Jahre besonders schmerzhaft, da einige wirklich gute Wrestler nicht mehr lebend zurückkehrten. Unter den vielen Soldaten der US-Army sah man auch Dick Hutton, der in Italien stationiert war. Nach Ende des Krieges setzte er seine Amateur-Laufbahn fort, die insgesamt gut 15 Jahre andauerte. Ende der 40er Jahre brach eine Art Aufbruchstimmung an, was sich für viele Akteure des Wrestlings noch als sehr positiv erweisen sollte. Der bestehende Kontakt zu seinem Trainer, Snake Briscoe, machte sich jetzt für Hutton so richtig bezahlt. Briscoe kannte sein Potenzial bestens und sah in ihm vielleicht schon den neuen olympischen Helden. Er empfahl Huttons Aufnahme an das Oklahoma Agricultural and Mechanical College in Stillwater, kurz Oklahoma A&M genannt. Das ist die heutige Oklahoma State University. Hier trainierte damals sein späterer Mentor Leroy McGuirk, dem er viel zu verdanken hatte. Fast 20 Jahre nach ihm trat auch Hutton dem A&M College bei. Letztlich konnte er die Empfehlung von Snake Briscoe schlecht ausschlagen, denn so eine Chance bot sich nur einmal im Leben. Als ob Briscoe es schon geahnt hätte, da war der Kontakt zu A&M Coach Art Griffith bereits in vollem Gange. Letzterer trainierte das Amateurringer-Team vom College und Hutton bekam hier schließlich die Möglichkeit, seine Stärke unter Beweis zu stellen. Wenn jemand das Training von Amateurringern beherrschte, dann war es Art Griffith. Er pushte Dick zum großen NCAA Champion. Der Erfolg des monatelangen Trainings ließ dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Dick hatte die Schwergewichtsklasse bereits erreicht, als er im Turnierfinale in Champaign, Illinois stand. Am 29.03.1947 fiel dort die Entscheidung zwischen ihm und Ray Gunkel. Mit dem Endresultat von 5:3 besiegte er Gunkel und gewann somit den NCAA Heavyweight Title. Im Jahr darauf kam das NCAA Tournament schließlich nach Bethlehem, Pennsylvania. Es war klar, dass Griffiths Schützling hier erneut antrat. Und der gute Dick zeigte wieder mal, was er wirklich konnte. Diesmal gegen einen Amateur vom Colorado A&M College, Thurman McGraw. Im Turnierfinale am 20.03.1948 hatte dieser jedoch keine Chance und musste sich letztlich geschlagen geben. Damit gewann Dick seinen zweiten NCAA Heavyweight Title.

Olympia - das war eigentlich das zentrale Thema, was die Sportwelt 1948 wirklich bewegte. Alle kämpften um den Einzug, alle Augen richteten sich nach London, wo die 14. Olympiade der Neuzeit ausgetragen wurde. Über 4100 Teilnehmer aus 59 Nationen wollten sich im Sommer 1948 beweisen. Vier Jahre vorher war die 13. Olympiade noch kriegsbedingt abgesagt worden, jetzt holte man dieses Turnier schließlich nach. Unter den vielen Teilnehmern war auch Dick, der sich seinen Platz aber erst noch erkämpfen musste. Austragungsort für das entscheidende Turnier war Ames, Iowa. Dank Griffith's Einsatz wurde es ihm ermöglicht, um den Einzug ins Olympische Team der USA zu ringen. Aber er war längst der Einzige, dem die Goldmedaille entgegen flimmerte. Dutzende Amateurwrestler machten sich dieser Tage auf nach Iowa. Darunter auch sein alter Kontrahent Ray Gunkel. Vier harte Runden des Turniers überstand Oklahoma's NCAA Heavyweight Champion. In Runde 4 hieß es am 30.04.1948 dann Hutton vs. Gunkel. Letzterer verlor durch Decision und damit war Huttons Einzug in das Olympische Team perfekt. Insgesamt qualifizierten sich 16 US-Amateurringer für die Olympiade. Dick repräsentierte das Oklahoma A&M College und natürlich auch seinen hochgeschätzten Coach, Art Griffith. Verne Gagne und Joe Scarpello, die später ebenfalls ins Profilager wechselten, reisten als Teilnehmer mit nach London. Das was Gagne verwehrt blieb, nämlich wirklich um eine Medaille zu kämpfen, schaffte Dick Hutton. Verne hatte als inaktives Teammitglied keine großen Erfolgsaussichten. Ende Juli 1948 ging es los und Dick konnte mit einem Sieg über A. Sakdhari aus dem Iran gleich mächtig punkten. Aus der CSSR und Australien kamen allerdings zwei Amateurwrestler, gegen die er dann keine Chance mehr hatte. Zunächst besiegte ihn Josef Ruzicka und anschließend James Armstrong. Gegen Armstrong verlor er in seinem letzten Olympiakampf ausgerechnet durch eine erlittene Verletzung am rechten Arm. Mit dem Gewinn einer Medaille hatte es zwar nicht geklappt, aber dennoch erreichte Hutton wenigstens den 7. Platz des Turniers in der Schwergewichtsklasse (Freestyle).

Das Highlight der NCAA Saison, nach Olympia, war der Entscheidungskampf Hutton vs. Gagne in Fort Collins, Colorado. Dick besiegte einen Tag vorher zunächst Alvin Dalley um den Einzug ins Viertelfinale. Am 26.03.1949 standen sich die beiden großen Amateurwrestler Auge in Auge gegenüber. An dem Tag war Gagne jedoch der Bessere von beiden. Er besiegte Dick durch Decision und gewann den NCAA Heavyweight Title. Nicht nur für Hutton selbst war dies eine Enttäuschung, auch Art Griffith, der immer hinter ihm stand, konnte diese Niederlage zuerst nicht fassen. Vier NCAA Title waren wohl nicht mehr erreichbar, aber ein Jahr später hatte sich Dick längst wieder ins Turnierfinale gekämpft. Griffith war stolz auf ihn, als er im Entscheidungskampf am 25.03.1950 in Cedar Falls, Iowa über Frank Stoeker, vom Iowa State Teacher's College, siegte. Damit war der dritte NCAA Title sicher. Eine riesige Leistung hatte er seit seiner Anfangszeit nun hingelegt. An seinen Fähigkeiten im Amateurlager zweifelte eigentlich niemand mehr. Aber sollte das auch auf Profiebene zutreffen? Seine Amateur-Laufbahn fand Anfang der 50er Jahre ihr Ende. Dick zog es, nach dem Abschluss am Oklahoma A&M College, in die US-Army zurück, wo er noch eine Weile seinen Militärdienst ableistete. All seine Mitstreiter aus Amateurzeiten zog es jetzt schließlich ins Professional Wrestling. Egal ob Verne Gagne, Bob Geigel, Joe Scarpello, Ray Gunkel oder Mike DiBiase, sie alle kämpften sich quer durch die NWA Territorien dieser Zeit. Gagne debütierte 1949 und der spätere NWA Präsident Bob Geigel entschied sich 1950 für den Wechsel. Nach ihnen sah auch Dick Hutton die Zeit gekommen, um sich dieser Herausforderung zu stellen. Er war überzeugt davon, dass man als Profi schon gutes Geld verdienen würde. Es sollte wieder in Tulsa geschehen, wo der Verlauf seiner Karriere eine entscheidende Wende nahm.

„I saw a future Champion" - diese Worte stammen von dem großen Champion und Trainer Ed „Strangler" Lewis. Er meinte damit niemand geringen als Dick Hutton, der im Tulsa Police Gym eifrig an seinem Profi-Debüt arbeitete. Lewis, ein wahrhaft vielbeschäftigter Mann, unterstützte ihn so oft er konnte. Ein Teil des Trainings übernahm Lewis, den weitaus größeren Part aber dann NWA Legende Leroy McGuirk. Das Kuriose an McGuirk's Position als Trainer, auch von anderen Wrestlern, war seine Blindheit auf beiden Augen. Leroy konnte nie sehen, wie sich Hutton entwickelte. Er hatte das Wrestling aber im Blut, war schon lange im Business aktiv dabei und wusste genau, wen er managte oder trainierte. Als Kind verlor er bei einem Badeunfall das Augenlicht auf einer Seite, und die Sehkraft des zweiten Auges zerstörte ein schlimmer Autounfall im Februar 1950. Das war das Ende von Leroy's Profikarriere. Promoter Sam Avey ließ ihn jedoch nicht fallen und machte ihn zum Matchmaker vom Tulsa [lexicon]Booking[/lexicon] Office der NWA. Natürlich war Huttons Amateur-Background für Leroy von Bedeutung, aber er machte ihm klar, dass es auf Profiebene durchaus härter zugehen kann. Titelgewinne alleine zählen nicht, denn das Publikum verlangte Performance, Entertainment und in manchen Promotions dieser Zeit auch Hardcore. Leroy sagte selbst, dass Dick zwar noch viel lernen muss, aber einer Karriere als Champion nichts im Wege stünde. Bei Gagne verlief der Wechsel, insgesamt gesehen, wesentlich besser, wogegen Huttons Regentschaft als NWA Champion fast schon mager erscheint. Durchhaltevermögen auf technischer Ebene im Ring - das war für Dick kein sonderlich großes Problem. Mit 285 Pfund hätte er es mit so ziemlich jedem Wrestler des Business aufnehmen können. Ob da ein guter Performer bestanden hätte??? Wer weiß! Doch es mangelte ihm stark an der Performance, was eigentlich für einen Profi schon damals wichtig war. Leroy holte alles aus Dick heraus. Trainierte, managte und sah dann den Zeitpunkt für sein Debüt gekommen.

1952 schlug die Stunde für Dick Hutton. Er debütierte in einem Match gegen Bill Longson. In Tulsa wrestlete er noch während der Saison 1953, bevor er das Territorium verließ und Richtung Ohio-Kanada zog. Wrestler mit Amateur-Background wurden in Ohio besonders gepusht. Dafür sorgte Promoter Al Haft, aus Columbus, höchstpersönlich. Er baute einen eignen Gym auf, indem sich Hutton noch letzte Instruktionen holte, bevor es auf große Tournee ging. Seine Trainingspartner hier waren Dr. Bill Miller, ein ziemlich harter Typ, und Ruffy Silverstein. Hutton fand ein Gimmick, als starker Heavyweight Wrestler, indem man ihn gegen Herausforderer stellte, die er ohne große Show schnell besiegen konnte. Im September 1955 war Haft offenbar so stark von Dick überzeugt, dass er ihn zum Ohio Heavyweight Champion pushte (kein NWA Title). Es begann schließlich die Fehde gegen seinen Erzrivalen Pat O'Connor, einem hervorragenden Wrestler aus Neuseeland. Am 22.09.1955 verlor Hutton den Ohio Title in Columbus an O'Connor. Letzterer war aber nur vier Wochen Champion, denn am 20.10.1955 folgte ein weiteres Title-Match, das Hutton für sich entschied. Jahre später trafen sie sich im Ring wieder und da ging es um weitaus höheren Prestige. Sein zweiter Run, als Ohio Heavyweight Champion, dauerte bis Februar 1956, als ihn Dr. Bill Miller in Columbus besiegte.

Kontakte waren im Wrestling wichtig, sehr wichtig sogar. Das Tor zur Wrestling-Hochburg Toronto öffnete sich für Hutton durch niemand geringeren als Promoter Frank Tunney. Tunney war in dieser Zeit ein Schwergewicht unter den Veranstaltern im Pro-Wrestling. Maple Leaf Gardens - das war der Ort, wo viele Topstars in eben so vielen Topmatches kämpften. Ein Ort mit Geschichte: Hier erreichte Hutton's Profikarriere den Höhepunkt, wenn auch ohne große Sensationen. Am 26.04.1956 debütierte er in Tunneys Promotion. Wie schon in Ohio, so stellte man Hutton auch in Toronto in die Position eines Wrestlers, der nicht genug an Herausforderungen bestreiten konnte. „Beat the Yank" hieß die Matchserie, wo jeder 1000 Dollar kassierte, der Dick binnen 20 Minuten pinnte. Für viele ein aussichtsloses Unterfangen und bereits im Juni 1956 hatte er sich als Headliner etabliert. Die Rolle des Favoriten galt hier jedoch lange Zeit einem anderen Wrestler, dem NWA World Heavyweight Champion „Whipper" Billy Watson. Tunney sah den Zeitpunkt gekommen und pushte eine Fehde mit ihm gegen Hutton, die allerdings floppte. Gleich alle drei Matches gegen Watson verlor Dick durch Countout. Das Publikum war davon wenig überzeugt, was dann die Zuschauerzahlen zeigten. Also musste ein anderes Konzept her, das sich in der Formation eines Tag Teams zeigte. Hutton konnte sich jetzt im Team mit Hard Boiled Haggerty beweisen. Die Chance dazu bot sich am 20.09.1956. Joe und Guy Brunetti verloren die NWA Canadian Open Tag Team Title (Toronto-Version) an Hutton und Haggerty. Und die George Richards Trophäe gewannen die neuen Champions gleich mit.

Eine Zeit lang versuchte man Hutton als Heel zu pushen, indem er an der Seite von Gene Kiniski wrestlete, dem Nummer 1 Heel im Ontario-Zirkel. Den Gegenpart fand Tunney sehr schnell in Pat O'Connor und Billy Watson. Alle vier lieferten sich eine Fehde, die insgesamt doch gut überzeugte. Das Team Hutton-Kiniski war, zumindest in Ontario, ein Renner, aber auf weite Sicht hin sah man den physisch starken Tulsa Champion nicht in der Rolle des „Bad Guy". Für diesen Part war Ostkanada eigentlich auch schon übersättigt, denn immerhin wrestleten hier Kiniski und Killer Kowalski als Top-Heels. Ein Versuch Hutton über sie zu stellen, wäre mit großer Sicherheit gescheitert. Auch Watson's Status wollte man keinesfalls brechen, also war die Niederlage von Hutton gegen ihn im Januar 1957 nicht verwunderlich. Danach wrestlete Dick weiter mit Kiniski und zog sich anschließend eine Weile aus Ontario zurück. Tunney hatte in der Zwischenzeit bereits einen Plan für den „future NWA Champion". Doch es war jenes Jahr angebrochen, dass Huttons Laufbahn, noch bevor er überhaupt Champion wurde, positiv wie negativ beeinflussen sollte.

1957 gab es im amerikanischen Pro-Wrestling große Entwicklungen, die die Zukunft maßgeblich bestimmten. Eine Uneinigkeit, ein Zwiespalt entstand bei einigen Promotern in Bezug auf die Anerkennung von Champions. Hutton hätte als Champion wahrscheinlich eine bessere Position gehabt, wenn nicht das Title-Match Lou Thesz vs. Edouard Carpentier gekommen wäre. In Chicago verlor Thesz im Juni 1957 gegen Carpentier durch DQ. Damit verlor er für manche auch den Status als NWA World Heavyweight Champion. Nach geltenden NWA Regeln konnte ein Titel jedoch nur durch Pin oder Aufgabe wechseln. Für viele Promoter, einschließlich Sam Muchnick, spielte das jetzt aber keine Rolle. Es ging um Prestige, wer sich gegen wen durchsetzen konnte und wessen Promotion davon letztlich profitierte. Eine ganze Reihe an starken Promotern, wie Paul Bowser und Fred Kohler, pushten jetzt Carpentier zum Champion. 71 Tage, bis August 1957, war Edouard der NWA World Heavyweight Champion, während Thesz im Ausland kämpfte. In dem Punkt, dass sich Thesz vielmehr in den NWA Territorien in Nordamerika beweisen sollte, als international zu wrestlen, darüber waren sich viele Promoter eigentlich einig. In der Nachfolgezeit hatte er dann in Boston, New York, Los Angeles, Chicago und in Teilen vom Mid-West Zirkel (Nebraska-Minnesota) keine Chance mehr auf einen Push zum Megastar. Diesen Part übernahm u.a. längst Carpentier.

Thesz war gerade in Australien unterwegs, als er sich entschied, den NWA Title abzugeben. Er schrieb einen Brief an NWA Präsident Sam Muchnick, wo er dies bekräftigte. Ein, nach seiner Meinung, potenzieller Nachfolger als Champion war vor allem Dick Hutton. Aber bei den [lexicon]Board of Directors[/lexicon] war man anderer Meinung, denn Verne Gagne und Buddy Rogers standen ebenfalls auf einer winzigen Liste potenzieller Nachfolger. Vom Standpunkt der Popularität ausgehend, konnte Hutton gegen diese beiden Wrestler schlicht nichts ausrichten. Theszs Einfluss, auch in Bezug zu seiner Verbindung mit Sam Muchnick, war jedoch immer noch so stark, dass er sich letztlich durchsetzte und Hutton das Title-Match zugesprochen bekam. Dass dadurch andere überrannt wurden, sprich es keine mehrheitliche Entscheidung gab, war zu diesem Zeitpunkt offenbar ohne Bedeutung. Am 14.11.1957 fiel die Entscheidung im Toronto Maple Leaf Gardens. Vor rund 10.000 Zuschauern gab Thesz nach 35 Minuten im Abdominal Stretch auf, Hutton's Finisher. Für viele Fans und Insider kam der Wechsel nicht überraschend. Es war kein Title-Match, wie man es gewohnt war. Hutton wurde in eine Position gesetzt, wo viele nicht an einen langen Erfolg glaubten. Ob man seine 14-monatige Regentschaft als groß ansehen kann, hängt wahrscheinlich vom Betrachter ab. Das Rückmatch gegen Thesz am 22.11.1957 sahen dann aber nur noch 6.200 Zuschauer.

Als Hutton schließlich Champion war, bestand die NWA aus rund 28 Mitgliedern. Mehr als die Hälfte davon holte ihn in ihr Revier. Die Titelverteidigung in Kanada stand außer Frage, wie sich dann zeigte. In Texas sah man Dick öfters kämpfen. Doch auf der anderen Seite gab es eben durchaus einige einflussreiche Promoter, die ihn schlichtweg ablehnten. In New York konnte er nicht trumpfen, denn da war Antonino Rocca der Topstar. Die Ostküste hatte darüber hinaus mit Miguel Perez, Eddie Graham und Dr. Jerry Graham bereits genug Zugpferde. In Boston waren Killer Kowalski und Edouard Carpentier die Kassenschlager. Los Angeles hatte Baron Michele Leone und bald „Classy" Freddie Blassie. Blieb noch die Wrestling-Hochburg Chicago. Doch Fred Kohler lehnte aber, denn er pushte Carpentier, Verne Gagne und Buddy Rogers. Auf das [lexicon]Booking[/lexicon] durch Frank Tunney, Leroy McGuirk und Sam Muchnick konnte sich der neue NWA World Heavyweight Champion verlassen. Auch Strangler Lewis unterstützten ihn nach wie vor. Der fehlende Push durch Kohler in Chicago war ein herber Schlag für Hutton's Karriere, weil so gut wie alle [lexicon]Stars[/lexicon] der 50iger Jahre kämpften dort um Prestige. Ein großer Run als Heavyweight Champion schien unmöglich geworden zu sein. Im Februar 1958 aber meldete sich Thesz zurück. Zwar war er erst mal nur im Independent-Bereich unterwegs, doch dadurch sollte vor allem Hutton profitierten. Thesz wrestlete öfters gegen ihn und so kam ein guter Push in Houston, St. Louis und Toronto doch noch zustande. Am 03.04.1958 gab es in Amarillo, Texas zwischen beiden ein Unentschieden um den NWA Title. Watson, Rogers, Kiniski, Dory Funk Sr. - alles Topstars gegen die Hutton im Verlauf des Jahres antrat.

14 Monate waren vergangen und die Uneinigkeit, um Champions in der NWA, ist stetig gewachsen. Während Hutton's Regentschaft entstanden Splittergruppen, die bald gänzlich als Promotions mit neuen Topstars auftraten. Für Hutton sah man da keine großen Chancen mehr, selbst bei den Leuten, die immer noch auf ihn setzten. So endete am 09.01.1959 in St. Louis eine Ära ohne große Sensationen. Nur 4.896 Zuschauer, für die Hochburg St. Louis zu wenig, verfolgten den Title-Switch an Pat O'Connor. Der Wechsel kam für einige NWA Mitglieder trotzdem überraschend. Fred Kohler wurde als Board Director nicht informiert. O'Connor vermochte den Titel aber besser zu vermarkten. Er war, ebenfalls mit Amateur-Background, wesentlich beliebter als Hutton. Dick „rutschte" in ein neues Gimmick, das man für ihn kreierte. Als „Cowboy" Dick Hutton wrestlete er bis Mitte der 60er Jahre u.a. in Kalifornien, Texas und Japan. Eine paar Titel konnte er auch noch gewinnen: Amarillo World Tag Team Champion mit Dory Funk Sr. im März 1960, NWA Hawaii Heavyweight Champion im Januar 1961. Am 18.09.1961 schließlich wurde Hutton mit Sammy Steamboat zusammen neuer NWA Texas Tag Team Champion (East Texas Version). Sie gewannen ein Turnierfinale in Fort Worth gegen Duke Keomuka und Kojika Saito (Hiro Matsuda).

Einige Insider meinen, dass Hutton der beste NWA Champion mit Amateur-Background seit 1948 gewesen sei. Technisch war er ein Könner - das stand außer Frage. Er verwendete zuerst den Headlock von Strangler Lewis als Finisher und dann den Abdominal Stretch. Dick wurde in die Oklahoma State Athletic Hall of Fame und in die National Wrestling Hall of Fame aufgenommen. Im Mai 2000 kam wohl die größte Ehre mit der Aufnahme in die George Tragos / Lou Thesz Hall of Fame vom International Wrestling Institute in Iowa. Als Teil einer faszinierenden Epoche hat er das Business von seiner guten und schlechten Seite kennengelernt. Er hat das gegeben, was er konnte, auch wenn ihn das nicht zum großen Champion machte. Seine Ära ist seit Jahrzehnten vorbei, aber er wird für immer eine Legende bleiben. Kurz nach seinem 80. Geburtstag starb Dick Hutton am 24.11.2003 in seiner eigentlichen Heimat in Tulsa, Oklahoma.
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#15
@Crusher [lexicon]Kane[/lexicon]: Habe mir die Killer Kowalski Bio durchgelesen, hat mir super gefallen. Der Inhalt ist top, und dein Stil gefaellt mir auch sehr gut. Smile

Auch sonst natuerlich riesen Lob fuer deine Arbeit auf der Seite. Leider habe ich nicht soviel Zeit mehr um alles durchzulesen was hier auf dem Forum steht, werde aber versuchen weitere Bios hier zu lesen.
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#16
Danke fürs Lob!

Mal ne andere Frage: Kennst du eigentlich das Buch "Wrestling at the Chase - The Inside Story of Sam Muchnick and the Legends of Professional Wrestling"?

Ich lese das gerade und Larry Matysik liefert da ja echt detaillierte Infos übers St. Louis Wrestling. Das Wrestling at the Chase als TV Format so erfolgreich war, hätte ich vor 2 oder 3 Jahren nicht gedacht. Die Sendung lief vom 23.05.1959 bis 29.10.1983. Hornbaker hat in seiner Sam Muchnick Bio dazu schon einiges geschrieben, aber Matysik hat daraus gleich ein ganzes Buch gemacht. Nun ja, er war ja auch einer der etlichen Kommentatoren und Ringsprecher beim St. Louis Wrestling Club. Also wenn du dieses Buch nicht hast, dann würde ich es dir empfehlen. :winke:
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#17
[YOUTUBE]FN0YwXt4tpM[/YOUTUBE]

Eddie Graham (1930-85; Bio weiter oben im Thread) war NWA Präsident von August 1976 bis April 1978.
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#18
@Crusher [lexicon]Kane[/lexicon]. Danke fuer die Buch Empfehlung. Das Buch habe ich noch nicht gelesen, aber da ich sehr viel von Larry Matysik und seinen Buechern halte, werde ich bestimmt dieses Jahr noch das Buch mal lesen.
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#19
Zitat:Original von Crusher [lexicon]Kane[/lexicon]
Also wenn du dieses Buch nicht hast, dann würde ich es dir empfehlen. :winke:

Kann das Buch auch nur absolut empfehlen, hab es mir Ende 2009 zusammen mit Matysiks Buch über Bruiser Brody gekauft gehabt. Sehr interessant das Ganze
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#20
[YOUTUBE]YqV7bigMfEg[/YOUTUBE]

^^ Gerade über facebook erhalten von Hisa (Admin: puroresu.com & wrestling-titles.com).
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